Französisches oberstes Gericht stärkt DVD-Kopierschutz
Nach einem Urteil des Kassationshofs in Paris müssen Filmproduktionsfirmen Kopierschutzmechanismen auf DVD nicht entfernen, um Nutzern private Kopien zu ermöglichen.
Nach einem Urteil des französischen Kassationshofs müssen Filmproduktionsfirmen Kopierschutzmechanismen auf DVD nicht entfernen, um Nutzern private Kopien zu ermöglichen. Das Gericht, dass in etwa vergleichbar ist mit dem deutschen Bundesgerichtshof, kassierte mit der Entscheidung vom gestrigen Dienstag einen Richtspruch eines Pariser Berufungsgerichts vom Frühjahr 2004. Die Vorinstanz hatte die Produktionsgesellschaften Les Films Alain Sarde und Studio Canal entgegen dem Urteil eines Pariser Landgerichts angewiesen, alle DVDs mit dem Titel "Mulholland Drive" (in Deutschland teilweise auch "Straße der Finsternis" genannt) vom Kopierschutz zu befreien, und Schadensersatz zu zahlen.
Ursprünglich geklagt hatte ein Käufer einer Original-DVD. Er wollte eine Privatkopie anfertigen, um den Film bei seiner Mutter anschauen zu können, die lediglich mit einem VHS-Gerät ausgerüstet war. Unterstützt wurde der Kläger von der Verbraucherschutzorganisation UFC-Que-Choisir. Gegen das Urteil der ersten Berufungsinstanz legten die betroffenen Unternehmen mit Unterstützung des Verleihers Universal Pictures Video und des französischen Video-Distributoren-Verbands (SEV) Widerspruch ein. Die Richter am Kassationshof hoben nun die Entscheidung der ersten Berufungsinstanz "in allen Vorschriften" komplett auf. Den Kläger im ursprünglichen Fall verweisen sie zurück an das Pariser Berufungsgericht, das "in neuer Zusammenstellung" noch einmal über die Streitfrage verhandeln könnte.
Erfolgsaussichten machen die Kassationsrichter dem Verbraucher allerdings nicht. In ihrer Begründung legen sie dar, dass die Möglichkeit zur Privatkopie auch in Frankreich kein "absolutes Nutzerrecht" darstellt. Vielmehr handle es sich um "eine legale Ausnahme vom Urheberrecht". Bei einer DVD könne ein Anspruch auf Privatkopien nun "angesichts der Risiken der neuen digitalen Umgebung hinsichtlich des Urheberrechtsschutzes und der ökonomischen Bedeutung", welche die Verwertung eines auf die Silberscheibe gebrannten Werkes für die Wiedereinspielung der Produktionskosten habe, nicht im Sinne des Urteils der Vorinstanz gewährt werden. Die Kassationsrichter berufen sich dabei ausdrücklich auf den so genannten Dreistufentest aus der Berner Urheberrechtsübereinkunft sowie die EU-Urheberrechtsrichtlinie. Beide besagen, dass Privatkopien nicht die Norm sein dürfen, der normalen Werkverwertung nicht im Wege stehen und nicht übermäßig in die legitimen Interessen der Rechtehalter eingreifen dürfen.
Vertreter der Filmindustrie haben das Urteil rasch begrüßt: "Die Schlüsselprinzipien der relevanten Urheberrechtsgesetzgebung sind bestätigt worden", erklärte etwa Charlotte Lund Thomsen, Generaldirektorin der International Video Federation in Brüssel. Ihre Kollegin von der International Federation of Film Producers Associations (FIAPF), Valérie Lépine-Karnik, sieht von der Entscheidung ebenfalls die "Anerkennung der speziellen Natur des Filmsektors ausgehen." Ihrer Ansicht nach wird mit dem Richtspruch der Einsatz von Kopierschutzsystemen nicht nur auf der DVD, "sondern auch im Hinblick auf Filme auf anderen Formaten und in anderen Distributionsformen" gerichtlich bestätigt. Beide Vereinigungen erhoffen sich von dem Urteil eine Signalwirkung weit über Frankreich hinaus. Ganz anders sehen noch die bisherigen Gerichtsbeschlüsse zu Privatkopien in Tauschbörsen und zu Kopierschutz auf "Un-CDs" aus, die aber noch nicht bis zum Kassationshof vorgedrungen sind.
Die Entscheidung platzt inmitten die wieder auflebende Debatte über die Novelle des französischen Urheberrechts, über welche die Nationalversammlung in Paris in der kommenden Woche weiter befinden soll. Ein aktueller Gesetzesvorschlag aus dem Kultusministerium sieht dabei vor, DVDs vom Anspruch auf Privatkopien gezielt auszunehmen. Die Abgeordneten wollten zuvor die Möglichkeit zum privaten Kopieren allgemein stärken. Überdies haben sie sich für die Einführung einer Art "Kulturflatrate" in Form einer pauschalen "Global-Lizenz" für die rechtmäßige Nutzung von Tauschbörsen ausgesprochen. Hierzulande stemmt sich das federführende Bundesjustizministerium gegen eine solche Legalisierung des Filesharing unter anderem mit der Begründung, dass auch damit internationale Abkommen wie die Berner Übereinkunft verletzt würden.
Zu den Diskussionen und juristischen Streitigkeiten um das Urheberrecht und zur Novellierung des deutschen Urheberrechtsgesetzes siehe den Artikel auf c't aktuell (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online und zu den Gesetzesentwürfen und -texten):
(Stefan Krempl) / (jk)