Neuer Regulierungsrahmen für Telekommunikation bleibt heftig umstritten
Das Bundeswirtschaftsministerium und Abgeordnete der Großen Koalition haben die geplanten "Regulierungsferien" für das Hochgeschwindigkeitsnetz der Telekom und die Änderungen beim Kundenschutz im Telekommunikationsgesetz verteidigt.
Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums und der Großen Koalition haben die geplante Regulierungsfreistellung für das Hochgeschwindigkeitsnetz der Deutschen Telekom und die Änderungen beim Kundenschutz im Entwurf für die erneute Überarbeitung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) verteidigt. "Das Entstehen monopolistischer Strukturen" könne trotz des vorgesehenen Verzichts einer Vorabregulierung "neuer Märkte" und der damit angeregten vorläufigen "Bestandsgarantie" für das sich im Aufbau befindliche VDSL-Netz des Rosa Riesen verhindert werden, erklärte Georg Bröhl, Unterabteilungsleiter im Bundeswirtschaftsministerium, auf dem Forum zur Kommunikations- und Medienpolitik des Branchenverbands Bitkom.
Auch der Förderung des Eintritts neuer Akteure, die in das im Rahmen der Triple-Play-Bestrebungen von Anbietern besonders umkämpfte Segment der für TV-Übertragung geeigneten Breitbandnetze investieren, steht dem Ministerialrat zufolge nichts im Wege. Letztlich müssten die Bundesnetzagentur beziehungsweise die EU-Kommission darüber entscheiden, in welchen Fällen ein neuer Telekommunikationsmarkt vorliege. Die von Brüssel angezweifelte Konformität der Klausel mit EU-Recht sei damit gewahrt.
Für die wachsende Schar der Konkurrenten, die sich die Telekom mit dem Einstieg in den Triple-Play-Markt rund um die Dienste TV, Telefonie und Breitbandnetz erworben hat, ist das VDSL-Netz kein besonders innovativer und schützenswerter Bereich. "Wir bieten heute schon einem Teil unserer Kunden eine Bandbreite von zwei Gigabit pro Sekunde für Fernsehübertragungen", stichelte Christoph Clément, Regulierungsdirektor bei Kabel Deutschland, in Richtung des Ex-Monopolisten. Sei da bei den 50 MBit/s ermöglichenden Leitungen der Telekom wirklich von einem neuen Markt zu sprechen? Seiner Befürchtung nach wolle der Bonner Konzern die von geforderten "Regulierungsferien" nur nutzen wollen, um sich mit seiner gewaltigen Umsatzmacht "den Markt zu erkaufen". Besonders kritisch sieht Clément daher die Bestrebungen der Telekom, sich mit Premiere oder möglichen anderen Senderpartnern bei Bundesliga-Übertragungen zu verbandeln.
Nicht weniger umstritten ist die im Entwurf für die TKG-Änderung enthaltene Neufassung der Bestimmungen zum Schutz der Kunden vor Telefon-Abzocke. Zum Teil seien Regelungen hier wirtschaftsfreundlicher ausgestaltet worden, erläuterte Bröhl. So müssten die Betreiber Warnhinweise bei Premium- und Auskunftsdiensten etwa erst ab einem Preis von 3 Euro pro Minute schalten, während zur rot-grünen Regierungszeit die Pflicht schon bei einem Euro greifen sollte. Preisansagen bei "Call by Call"-Anrufen sind generell nicht mehr vorgesehen. Auch eine Pflicht zum Führen von Einzelverbindungsnachweisen oder zur Einrichtung von Sperren für bestimmte Nummern im Mobilfunk enthält der Entwurf nicht, was Verbraucherschützer zu heftiger Kritik an dem überarbeiteten Papier veranlasst hat. Sie vermissen die Transparenz bei Preis- und Kosteninformationen.
Martina Krogmann, Parlamentarische Geschäftsführerin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, hält den Entwurf trotzdem jetzt für "gelungen". Er schaffe einen guten Ausgleich "zwischen Markt und Kundenschutz". Ihrer Ansicht handelt es sich bei Auskunfts- und Mehrwertdiensten um einen "großen Wachstumsbereich". Es wäre daher falsch, "mit überzogenen Regelungen eine Bremse reinzuhauen". Auch dürfe man keinen Widerspruch zwischen den Interessen der Wirtschaft und der mündigen Verbraucher konstruieren, da es beiden wichtig sei, das Vertrauen in den Markt zu stärken. Neuen Begehrlichkeiten, die Preisansagepflicht bei "Call by Call" doch wieder einzuführen, erteilte die CDU-Politikerin eine klare Absage, da es "um Mini-Beträge" gehe. Diskussionsbedarf sieht sie dagegen noch etwa bei den Mobilfunkregelungen oder beim sofortigen Kündigungsrecht für Abonnements, das ihrer Ansicht nach zu weit geht.
Trotz der weiter tobenden Auseinandersetzung um das TKG und der bereits eingetretenen Verzögerung aufgrund des Konflikts mit Brüssel baut Bröhl darauf, dass der Entwurf im Juni in den Bundesrat und nach der Sommerpause ins Parlament geht. In Kraft treten könnten die neuen Regelungen dann voraussichtlich 2007. (Stefan Krempl) / (jk)