Demo gegen Vorratsdatenspeicherung und Sicherheitswahn
BĂĽrgerrechtsgruppen rufen zu einer Kundgebung am 17. Juni in Berlin auf. Sie wollen gegen die drohende "TotalĂĽberwachung" durch den GroĂźen Bruder und seine kleinen Geschwister in der Wirtschaft protestieren.
Bürgerrechtsgruppen rufen zu einer Protestkundgebung gegen die drohende "Totalüberwachung" durch den Großen Bruder und seine kleinen Geschwister in der Wirtschaft. "Der Überwachungswahn greift um sich", heißt es auf der Homepage der Demonstration, die am 17. Juni in Berlin stattfinden soll. "Staat und Unternehmen registrieren, überwachen und kontrollieren uns immer vollständiger. Egal, was wir tun, mit wem wir sprechen oder telefonieren, wohin wir uns bewegen, mit wem wir befreundet sind, wofür wir uns interessieren, in welchen Gruppen wir engagiert sind" – "Big Brother" und seine "Little Brothers" würden es immer genauer wissen.
Den Anstoß zu der Demo gab der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, der sich vor allem gegen die verdachtsunabhängige sechs- bis 24-monatige Überwachung der elektronischen Spuren der 450 Millionen EU-Bürger wendet. Dazu hat Brüssel die Telekommunikationsanbieter in der EU im Rahmen einer umstrittenen Richtlinie verpflichtet. Der Arbeitskreis macht sich gemeinsam mit Oppositionspolitikern im Bundestag angesichts unklarer rechtlicher Befugnisse Brüssels sowie der befürchteten Aufgabe des Prinzips der Unschuldsvermutung dafür stark, dass auch die Bundesregierung neben Irland und der Slowakei gegen die Direktive klagen soll. Mit im Boot bei der Organisation der Kundgebung sind zudem Attac, der Chaos Computer Club (CCC), das Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung, das Netzwerk Neue Medien, der FoeBuD und der FFII.
Die drohende Totalüberwachung bringt den Veranstaltern zufolge "enorme Missbrauchs- und Fehlerrisiken mit sich". Die Bespitzelung von Journalisten durch den Bundesnachrichtendienst sei nur das neueste Beispiel dafür, dass die ausufernde Kontrollmentalität "unserer freiheitlichen Demokratie insgesamt schadet". Wer sich ständig überwacht und beobachtet fühle, könne sich aber nicht mehr "unbefangen und mutig für seine Rechte und eine gerechte Gesellschaft einsetzen", erinnern sie an das vom Bundesverfassungsgericht immer wieder hoch gehaltene Recht auf die informationelle Selbstbestimmung. Protestieren wollen die Aktivisten auch gegen die Entstehung einer "unkritischen Konsumgesellschaft von Menschen, die 'nichts zu verbergen' haben und vom Staat die Gewährleistung totaler Sicherheit fordern, koste es, was es wolle".
Treffpunkt für die mehrstündige Kundgebung, die unter dem Motto "Freiheit statt Sicherheitswahn" steht, ist an dem anvisierten Samstag um 14 Uhr am Alexanderplatz. Der Protestzug soll um 15 Uhr in Richtung "Unter den Linden" starten und am Bundesjustizministerium entlang zurück zum Alex führen. Die Organisatoren hoffen angesichts berührter Themen wie dem verstärkten Einzug biometrischer Merkmale in RFID-verchippten Pässe und Personalausweise, dem Streit um die Fluggastdatenübermittlung in die USA, der Kfz-Kennzeichenerfassung, der immer weiter steigenden Telekommunikationsüberwachung, der Zunahme der Videoüberwachung, dem Datenabgleich bei Leistungsempfängern, dem Scoring für die Kreditwürdigkeitsprüfung und der Arbeit am "gläsernen Konsumenten" durch Kundenkarten oder in Online-Shops auf rege Beteiligung: "Die Politiker sollen sehen, dass die Bürger für ihre Privatsphäre wieder auf die Straße gehen!" (Stefan Krempl) / (jk)