Registries überlegen Maßnahmen gegen IPv4-Adressmangel
Keine Panik, sagen Vertreter regionaler Registries angesichts des schwindenden Vorrats an IP-Adressen. Die Organisationen überlegen Änderungen am Vergabeverfahren, um bei der Vergabe des Restbestands mehr Fairness walten zu lassen.
Panikmache ist im Hinblick auf die bevorstehende Knappheit von IP-Adressen nicht nötig. Das meinen Ray Plzak, Präsident der American Registry for Internet Numbers (ARIN), und Axel Pawlik, Geschäftsführer des Reseaux IP Europeen (RIPE NCC), der Regional Internet Registry (RIR) für Europa und den Nahen und Mittleren Osten. Noch seien 25 Prozent oder 1,5 Milliarden IP-Adressen frei, sagte Plzak gegenüber heise online. "An einem bestimmten Punkt wird der letzte freie IPv4-Adressblock von IANA an ein RIR vergeben werden, aber soweit sind wir noch nicht."
Experten der Registry für den asiatisch-pazifischen Raum (APNIC) hatten vergangene Woche gewarnt, die IPv4-Adressen könnten schon zwischen 2009 und 2013 knapp werden. Die Internet Assigned Numbers Authority (IANA), die ganze Adressbereiche an die regionalen Registries (RIR) vergibt, sitze schon ein Jahr vor den regionalen Organisationen auf dem Trockenen. Bisherige Hochrechnungen waren noch davon ausgegangen, dass der Vorrat erst um 2022 (beziehungsweise 2021 für IANA) zur Neige gehe.
Plzak wollte diese Zahlen nicht im Detail kommentieren. Sein europäischer Kollege Axel Pawlik räumte allerdings ein, das Ende der Reserven werde "vielleicht etwas schneller" erreicht, als man in den vergangenen Jahren angenommen habe. Bei RIPE NCC bereitet man sich daher vor: "Bei uns wird gerade ein Vorschlag diskutiert, die Adresszuteilungen jeweils entsprechend des jährlichen Bedarfs der Local Internet Registries (also der ISP, Anm. d. Red) zu machen", so Pawlik. Die Idee sei eine Harmonisierung der Adressvergabe an die regionalen Registraturen. So sollten zum Beispiel die Mitglieder von RIPE NCC nicht mit einem Adressvorrat für 24 Monate bedient werden, wenn kurz danach die Organisation in Lateinamerika (LACNIC) ihren Mitgliedern keine Adressen mehr zuteilen könne.
Solche Fairness-Überlegungen waren auch beim turnusmäßigen Treffen des APNIC in der vergangenen Woche angestellt worden, bei dem die drohende Knappheit von IPv4-Adressen auf der Agenda stand. Plzak bestätigte: "Die RIR-Gemeinde bereitet sich vor, indem sie die aktuelle Zuteilungspolitik für IPv4 noch einmal ansieht und überlegt, ob Veränderungen notwendig sind, um einer Art 'Landrush' auf den verbleibenden Ipv4-Adressraum zu begegnen." ARIN habe diese Diskussion im vergangenen Winter gestartet.
"Am Ende des Tages wird man gemeinschaftlich beschließen, welche Zuteilungspolitik ARIN verfolgen wird, um seiner Verantwortung bei der Vergabe von IPv4-Adressraum gerecht zu werden", erklärte Plzak. Zentrale Punkte seien die effektive Nutzung, geschickte Aggregierung (aus Gründen des Routing) und vor allem die Wahrung der Eindeutigkeit innerhalb des Systems. Für einen Eingriff staatlicher Regulierer im Falle spekulativer Geschäfte mit den knapper werdenden Adressen sieht er keinen Bedarf. "IP-Adressen sind Nummern, sie sind kein Eigentum. Sie können nicht gekauft, verkauft, gehandelt, übertragen, gebündelt oder sonst irgendwie nach anderen als den von der Netzgemeinde definierten Regeln vergeben werden. Es gibt keinen Markt für IPv4-Adressen und den sollte es auch nicht geben."
Experten meinen dagegen, gerade für die USA, wo große und bis heute ungenutzte Blöcke an einzelne Unternehmen oder Institutionen vergeben wurden, könnte sich so ein Handel entwickeln. Plzak sagte mit Blick auf diese stillen Reserven: "Einige große IPv4-Blöcke werden nicht für die Vergabe durch eine der regionalen Registries, einschließlich ARIN, zur Verfügung stehen. Es ist zwar richtig, dass eine Menge des ungenutzten oder nicht effektiv genutzten Adressraums im Bereich von ARIN liegt, allerdings gibt es ähnlich große Mengen in anderen Regionen". Diese Adressen könnten nicht als Reserven betrachtet werden.
Die Provider könnten sich auf die künftige Erschöpfung des Adressvorrates vorbereiten, indem sie jetzt die Migration zu IPv6 angingen. ARIN fördere die Zuteilung von IPv6-Adressen seit 2000 und vergebe als erste regionale Registry auch Adressen direkt an Endnutzer, erläuterte Plzak. Bei der IPv6-Vergabe lag ARIN bislang im Vergleich mit APNIC und RIPE zurück. (Monika Ermert) / (vbr)