Datenschützer kritisieren Beschlagnahme von Anonymisierungsservern
Im Zusammenhang mit der Beschlagnahme von Anoymisierungsservern zeigt sich der Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein irritiert über "mangelnde kriminalistische Professionalität".
Das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) kritisiert im Zusammenhang mit der Beschlagnahme von Anonymisierungsservern die Polizei. ULD-Leiter Thilo Weichert äußert sich in einer Mitteilung "irritiert über die mangelnde kriminalistische Professionalität der Ermittler". Es sei das gemeinsame Anliegen von Datenschützern und Strafverfolgern, Kinderpornografie im Internet dingfest zu machen. Es sei bei einem konkreten Anfangsverdacht und mit richterlichem Beschluss beim Anonymisierungsdienst AN.ON jederzeit möglich, die Verbreiter von Kinderpornografie zurück zu verfolgen.
Am 6. September wurde laut Mitteilung des ULD auf Grund eines Beschlusses des Amtsgerichtes Konstanz der Anonymisierungsserver des ULD beschlagnahmt. Die bei einem Dienstleister in Karlsruhe durchgeführte Beschlagnahme sei dem ULD erst nach "eigenen aufwändigen Recherchen am 11. September mitgeteilt" worden. Den Beschlagnahmebeschluss habe das ULD erst weitere zwei Tage später nach erneuter Nachfrage erhalten. Die Aktion stehe offenbar in Zusammenhang mit weiteren Beschlagnahmen bei Betreibern von Anonymisierungsdiensten in den vergangenen Tagen. Ziel der Polizeiaktionen sei es, Nutzer von Kinderpornografie im Internet ausfindig zu machen.
Mit der aktuellen Beschlagnahme und dem dadurch bedingten kurzfristigen Ausfall von AN.ON seien die Täter gewarnt worden, schreibt das ULD weiter. Die Staatsanwaltschaft habe nun zudem einen Rechner, der keine weiteren Erkenntnisse bringen werde, da AN.ON keine Verbindungsdaten speichere. "Jedem Internet-Kriminalisten müsste inzwischen bekannt sein, wie AN.ON funktioniert. Alle rechtlichen und technischen Informationen sind öffentlich im Internet abrufbar; das ULD steht zur Beratung der Strafverfolger bereit", erläutert Weichert
Darüber hinaus sei es mehr als fahrlässig, dass die Strafverfolger mit ihrer Beschlagnahme das Internet unsicherer machten, "indem sie vorläufig mit dem ULD-Rechner den einzigen von einer deutschen unabhängigen Behörde betriebenen Mix aus dem Verkehr zogen und dadurch den Schutz vor Netzspionage verhindern". Das ULD weist darauf hin, dass AN.ON ein vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit gefördertes Projekt sei. Es ermögliche Web-Nutzern, mit Hilfe der Software JAP kostenlos unbeobachtet zu surfen. Es diene – wie vom deutschen Telediensterecht gefordert – der Gewährleistung des Datenschutzes im weltweiten Netz und werde auch von vielen Unternehmen zum Schutz vor Wirtschaftsspionage genutzt. Das ULD hat gegen den Beschluss des Amtsgerichtes Konstanz Beschwerde eingelegt. Der Dienst AN.ON ist wieder im Netz, "bald auch wieder mit einem eigenen ULD-Rechner", versprechen die Datenschützer. (anw)