Fünf Anklagen in Schnüffelaffäre bei HP

Der Bespitzelungsskandal bei Hewlett-Packard hat strafrechtliche Konsequenzen für die zurückgetretene Aufsichtsratschefin Patricia Dunn und den ehemaligen HP-Ethikbeauftragten Kevin Hunsaker.

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Der Bespitzelungsskandal bei Hewlett-Packard (HP) hat strafrechtliche Konsequenzen für die zurückgetretene Aufsichtsratschefin Patricia Dunn. Der Generalstaatsanwalt des US-Bundesstaats Kalifornien reichte am Mittwoch eine Klage gegen Dunn und vier weitere Beteiligte ein. Gegen HP-Konzernchef Mark Hurd und die ebenfalls zurückgetretene Chefanwältin des Konzerns, Ann Baskins, wurden keine Vorwürfe erhoben. Lockyer sagte zur Anklageerhebung, die Ermittlungen seien noch nicht abgeschlossen und würden weitergeführt. Parallel untersuchen die US-Justizbehörden und die Börsenaufsicht SEC den Fall.

Damit ist Kaliforniens Generalstaatsanwalt Bill Lockyer in dem ausufernden HP-Skandal wie angekündigt in die Offensive gegangen. Die Klage gegen Dunn, den bei HP für Ethikfragen zuständigen ehemaligen Manager Kevin Hunsaker sowie die Privatdetektive Ronald DeLia, Matthew DePante und Bryan Wagner wurde am Bezirksgericht in Santa Clara eingereicht. Den Angeklagten wird vorgeworfen, sie hätten sich auf betrügerische Weise Privatinformationen von einem öffentlichen Versorgungsunternehmen und Zugang zu Computerdaten beschafft, Identitätsdiebstahl betrieben und sich zur Durchführung dieser Straftaten verschworen. Im Falle eines Schuldspruchs drohen nach kalifornischem Strafrecht für jedes Delikt bis zu drei Jahren Gefängnis und 10.000 US-Dollar Geldstrafe.

Die Privatermittler hatten sich mit fragwürdigen Methoden Zugang zu den Telefonunterlagen zahlreicher Verwaltungsratsmitglieder, Betriebsangehöriger und Journalisten verschafft. US-Berichten zufolge hatte Hunsaker die HP-Sicherheitsabteilung auch angewiesen, die Instant-Messaging-Daten von Chats zwischen Pressesprecher Mike Moeller und einer Journalistin zu überwachen. Zudem versuchten die Ermittler, ein Spionageprogramm auf dem Rechner einer anderen Reporterin zu installieren und den zuvor in Italien gestohlenen Laptop eines Aufsichtsratsmitglieds zur Auswertung wiederzubeschaffen. Durch die umfangreichen Ermittlungen sollte im Auftrag von Dunn die Quelle für durchgesickerte vertrauliche Informationen aus dem Verwaltungsrat gefunden werden.

Dunns Anwalt Jim Brosnahan bezeichnete die Vorwürfe gegen seine Mandantin als falsch. Sie seien gegen die falsche Person, zur falschen Zeit und aus falschen Gründen erhoben worden. Verwaltungsratschefin Dunn war wegen der Bespitzelungsaffäre zurückgetreten. Sie hatte bei einer Kongressanhörung in der vergangenen Woche jegliche persönliche Verantwortung zurückgewiesen und erklärt, sie habe zwar die Ermittlungen beauftragt, von den möglicherweise illegalen Methoden der konzernfremden Detektive aber keine Kenntnis gehabt. Der Mitangeklagte Kevin Hunsaker hatte den Erkenntnissen zufolge die Oberaufsicht über die Ermittlungen, die von dem ehemaligen HP-Sicherheitsmanager Anthony Gentilucci koordiniert wurden. Gegen Gentilucci, der HP ebenfalls verlassen hat, wurde keine Anklage erhoben.

Alle jetzt Angeklagten außer Patricia Dunn hatten vor dem Kongressausschuss am vergangenen Donnerstag die Aussage verweigert. HP-Chef Mark Hurd hatte dagegen ausgesagt und bedauert, nicht genug Fragen gestellt zu haben. "Es gab Zeichen, die ich wünschte, gesehen zu haben", erklärte der demütige CEO vor den Kongressabgeordneten. Hurd entschuldigte sich und versprach, dass so etwas nie wieder vorkommen werde. "Wenn Bill Hewlett und David Packard heute noch leben würden, wären sie entsetzt." Hurd hatte die Untersuchung an sich als legitim verteidigt, die Methoden "in der Rückschau" aber infrage gestellt.

Unterdessen haben die Mobilfunkanbieter Verizon Wireless und Cingular Wireless Klagen gegen die von HP beauftragten Ermittler und weitere ungenannte Beteiligte eingereicht. Die Unternehmen werfen den Angeklagten vor, sich unberechtigt Zugang zu Kundendaten verschafft zu haben.

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