EU-Kommissarin fordert Interoperabilität bei Content, Playern und DRM
Eine Konsultation hat laut Medienkommissarin Viviane Reding ergeben, dass technisch hochgezogene Grenzen zwischen Abspielgeräten für digitale Inhalte schnell fallen und Online-Lizenzmodelle verbessert werden müssen.
Eine Konsultation rund um die entstehende "Content Online"-Strategie der EU-Kommission hat laut Medienkommissarin Viviane Reding ergeben, dass technisch hochgezogene Grenzen zwischen Abspielgeräten für digitale Inhalte schnell fallen und Online-Lizenzmodelle verbessert werden müssen. "Es ist von größer Bedeutung, dass wir das Problem der Interoperabilität zwischen Geräten angehen", betonte Reding auf dem von Premier Cercle organisierten "IP Summit" in Brüssel. Der Kongress beschäftigt sich mit dem künftigen regulatorischen und ökonomischen Umfeld für geistiges Eigentum (Intellectual Property, IP). Die Zeit zum Handeln sei da, nach jahrelangen Diskussionen über Inkompatibilitäten zwischen iPod und anderen Playern.
Konkrete politische Schritte zur Stärkung der Interoperabilität, wie sie etwa in Frankreich im Rahmen der dortigen Urheberrechtsreform sowie in skandinavischen Ländern mit klaren Verpflichtungen für die Anbieter vorangetrieben worden sind, will die Kommissarin EU-weit allerdings nicht vorschlagen. Sie wolle es "der Industrie und dem Markt überlassen, die besten Lösungen herauszufinden", erklärte Reding. Als Aufgabe der Politik sieht sie es allein an, vor allem im internationalen Bereich miteinander konkurrierende und für technische Komplikationen sorgende Standards zu verhindern. Brüssel könne aber nicht von sich aus Regeln für interoperable Systeme vorschreiben.
Eine weitere Herausforderung ist es laut der Kommissarin, die "Unsicherheiten rund um die Lizenzierung von Online-Inhalten zu beseitigen". Auch dort müssten die Firmen selbst untereinander zwar die Verträge aushandeln. Noch sei es aber häufig zu schwierig, die einzelnen Rechtehalter ausfindig zu machen. Sie kritisierte weiter eine "exzessive Bündelung von Rechten", der die Kommission momentan im Musikmarkt mit einer Empfehlung für eine einfachere EU-weite Lizenzierung von Inhalten entgegenzuwirken sucht. Im Bereich bewegter Bilder sei es für Netzwerkbetreiber aber immer noch zu schwierig, Lizenzen für die Online-Verbreitung zu bekommen. Hier sei eine zeitnahe Verfügbarkeit von "Premium-Content" wie Kinofilmen und Sportübertragungen gefragt. Diese Inhalte würden so oder so irgendwo herkommen. Reding würde es daher bevorzugen, wenn diese Inhalte von Europa aus legal zur Verfügung gestellt würden. Es sei daher wichtig, das "Eis" zwischen Content- und Infrastrukturprovidern weiter im Rahmen der "Film Online"-Initiative aufzubrechen und einen "New Deal" zwischen beiden Geschäftsbereichen voranzutreiben.
Generell betonte Reding, dass "das geistige Eigentum hoch auf der EU-Agenda steht", auch wenn das Feld "sehr umstritten" sei. Die "Web-2.0-Generation" sehe Inhalte generell als kostenlos an und der "Verbrauch" kreativer Inhalte steige mit Breitbandnetzen und Mobiltelefonen. Die Wirtschaft müsse aber auch die Chancen der neuen Technologien sehen, neue Märkte erschließen und dabei den lokalen Medienmärkten einen "europäischen Touch" verleihen. Nach Ansicht von Analysten werde der Online-Bereich 2010 bis zu 20 Prozent der Umsätze für Musik und 33 Prozent für Videospiele ausmachen. Das neue Forschungsprogramm der EU halte jährlich zwei Millionen Euro für Informations- und Kommunikationstechnologien bereit, wobei es auch um die Entwicklung sicherer Applikationen für die Online-Übertragung von Inhalten gehe.
Weiter brach die Kommissarin eine Lanze für die Aufrechterhaltung des Herkunftslandprinzips im Rahmen der Novelle der EU-Fernsehrichtlinie, die vom EU-Parlament in der kommenden Woche in 1. Lesung beraten wird. Es sei unerlässlich für die Entwicklung von Online-Geschäften in Europa, dass die Unternehmer sich nicht um die unterschiedlichen Rechtssysteme in den anderen Mitgliedsstaaten kümmern müssten, sondern nur um das ihres eigenen Landes. Als eine ihrer Herzensangelegenheiten bezeichnete Reding nicht zuletzt auch ihr Projekt "digitale Bibliothek", um die Zugänglichkeit "verwaister" und beispielsweise nicht mehr im Druck verfügbarer Werke zu sichern. Für diese Inhalte müssten alsbald eigene Datenbanken von Verwaltungen, Kreativen, der Wirtschaft und den Bibliotheken eingerichtet werden. (Stefan Krempl) / (jk)