Bedenken gegen Revision der Providerhaftung auf EU-Ebene

Vertreter von Providern und Politikberater sprachen sich auf der Konferenz "Zehn Jahre Multimediagesetze in Deutschland" ĂĽberwiegend gegen eine Novelle der EU-Vorgaben zur Haftung von Internetanbietern aus.

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Vertreter von Providern und Politikberater sprachen sich auf der Konferenz "Zehn Jahre Multimediagesetze in Deutschland" am heutigen Donnerstag in Berlin überwiegend gegen eine Novelle der EU-Vorgaben zur Haftung von Internetanbietern aus. Die entscheidende E-Commerce-Richtlinie (PDF-Datei) aus dem Jahr 2000 habe zwar einige Schwächen, erklärte Tilmann Kupfer, der bei BT für Regulierungsfragen zuständig ist, auf der Veranstaltung des Verbands der deutschen Internetwirtschaft eco. So lasse das Kriterium der "Kenntnis" illegaler Inhalte, ab der etwa Hostprovider reagieren und die beanstandeten Dateien aus ihren Angeboten entfernen müssen, Klarheit vermissen über den Zeitpunkt, ab dem die Regelung greift. Zudem wäre es wünschenswert, die Haftungsprivilegien konkret auf die Anbieter von Suchmaschinen und auf den Hyperlink-Bereich auszudehnen. Andererseits hätten aber insbesondere die Rechteinhaber großes Interesse, die Einschränkungen der Verantwortlichkeit der Provider zu reduzieren. Es wäre daher gefährlich, "das Fass auf europäischer Ebene neu aufzumachen".

Die E-Commerce-Richtlinie war aus der Sicht Kupfers insgesamt "ein Erfolg". Wenn es sie nicht gäbe, "hätten wohl viele Provider Pleite gemacht", glaubt der Praktiker. Entscheidend sei etwa, dass es mit der Direktive keine allgemeine Überwachungspflicht von Inhalten für die Anbieter gibt. Zudem schreibt die Richtlinie das so genannte Herkunftslandprinzip fest. Danach unterliegen Dienste nur dem nationalen Recht des Staates, in dem sie ihre Niederlassung haben. Ihre Angebote dürfen in anderen Mitgliedsstaaten nur in begründeten Ausnahmefällen etwa zum Schutz der öffentlichen Ordnung, der Sicherheit oder der Verbraucher blockiert werden.

Gemäß dem Tenor der gerade novellierten EU-Fernsehrichtlinie, die nun audiovisuelle Mediendienste allgemein umfasst, könnte das Herkunftslandprinzip Kupfer zufolge aber auch bei einer Überarbeitung der E-Commerce-Richtlinie in "erheblichem" Ausmaß Federn lassen. Die Direktive für Dienste mit Bewegtbildern sieht unter anderem Prüfungsverfahren von Seiten der Kommission gegen traditionelle TV-Anbieter vor, wenn es Beschwerden etwa wegen nicht eingehaltener nationaler Quotenregelungen oder anstößiger Inhalte gibt. Das schafft laut Kupfer Rechtsunsicherheit. Sein Appell an die Politik lautet daher, Streitigkeiten über die Providerhaftung im Bereich Urheberrecht besser auf nationaler Ebene zu regeln. Brüssel sollte dagegen die bestehenden Regelungen auf EU-Ebene auf ihr Zusammenspiel prüfen und bestehende Behinderungen für grenzüberschreitende Anbieter abbauen.

Auch Siegmar Mosdorf, Partner der Communications & Network Consulting AG CNC und als ehemaliger parlamentarischer SPD-Staatssekretär mit am Beschluss der Multimediagesetzgebung in Deutschland beteiligt, plädierte für mehr Selbstregulierung im Haftungsbereich: "Ich wäre hier sehr sparsam mit Gesetzen." Gebraucht würden eher größere Bewegungsspielräume, "da wir uns sonst mit Nebenkriegsschauplätzen beschäftigen und uns nicht auf unser technisches Know-how konzentrieren". Im Bereich Urheberrecht etwa sollten die Beteiligten "aufeinander zugehen", um "wahnsinnig aufwendige Auseinandersetzungen" und eine drohende weitere gesetzliche Regulierung zu vermeiden.

Das vor einem Jahrzehnt vom Bundestag verabschiedete Informations- und Kommunikationsdienstegesetz (IuKDG), das gemeinsam mit einem entsprechenden Staatsvertrag der Länder die Multimediagesetzgebung in Deutschland nebst den ersten Haftungsgrundlagen für Provider begründete, ist laut Mosdorf "damals ein richtiger Schritt gewesen". Nun gelte es aber gerade auch in Richtung Brüssel aufzupassen, "dass hier nicht überreguliert wird". Die EU-Kommission erwägt im kommenden Jahr eine Überarbeitung der E-Commerce-Richtlinie und prüft momentan einen eventuellen Handlungsbedarf. In Deutschland sind die Haftungsregeln für Online-Anbieter momentan im umstrittenen Telemediendienstegesetz (TMG) festgeschrieben. Trotz heftiger Kritik von Industrie und Nutzern hatte es der Gesetzgeber hierzulande im Rahmen der Reform der Multimediagesetzgebung nicht für nötig befunden, durch eine Änderung der umstrittenen Formulierungen für größere Rechtssicherheit bei den Anbietern zu sorgen. (Stefan Krempl) / (vbr)