Geplante Einschränkung von Gewinnspielen in Niedersachsen gerügt

Dem IT-Branchenverband Bitkom geht der niedersächsische Entwurf zur Umsetzung des Glücksspielstaatsvertrags der Länder zu weit, da Tele-Mehrwertdienste größtenteils erlaubnispflichtig würden und der Jugendschutz zu hoch sei.

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Dem Bitkom geht der Entwurf des niedersächsischen Innenministeriums für ein Gesetz zur Umsetzung des umstrittenen Glücksspielstaatsvertrags der Länder zu weit. Anders als die Vorhaben anderer Bundesländer enthalte die jetzt für Niedersachsen vorgesehene Regelung auch Vorschriften zu "Gewinnspielen" und beschränke sich nicht auf die eigentlich ins Visier genommenen "Glücksspiele", moniert der Branchenverband in einer aktuellen Stellungnahme. So würden auch Spiele deutlich eingeschränkt, bei denen die Gewinnchance nicht von einem Entgelt abhänge. Gleichzeitig werde der Jugendschutz deutlich zu hoch angesetzt.

Glücksspiele sollen laut dem niedersächsischen Entwurf nur dann nicht erlaubnispflichtig sein, wenn die Übermittlungsgebühr für die Teilnahme etwa per Telefon, Brief oder Postkarte nicht mehr als 49 Cent beträgt. Zudem soll der Ausschluss Minderjähriger durch eine den Anforderungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages (JMStV) entsprechende "Identifizierung und Authentifizierung gesichert" sein. Dieser Vorschlag, der sich auch im nordrhein-westfälischen Ausführungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag findet, würde laut Bitkom "zu einer Erlaubnispflicht der Telefon-Mehrwertdienste zahlreicher TK-Dienstleister führen". Seit der Erhöhung der Mehrwertsteuer durch die Bundesregierung Anfang des Jahres lägen deren Basistarife für die häufig für Gewinnspiele genutzte Telefonnummer 0137 oder für Premium-SMS knapp über der angesetzten Grenze.

Auch die Jugendschutzanforderungen sind der Lobbyvereinigung zufolge "unverhältnismäßig". Die Teilnahme an Gewinnspielen dürfe nicht von einer Altersverifikation gemäß JMStV abhängig gemacht werden, die in der Praxis die Verwendung von "Post-Ident" oder ähnlicher Verfahren mit persönlicher "Face-to-Face"-Identifikation durch den Telekommunikationsanbieter erfordern würde. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass Gewinnspiele lediglich den Einsatz der Kosten für die Übermittlung der Willenserklärung erfordern, es sich also gar nicht um ein Glücksspiel handele. Televotings zum Preis von in der Regel 50 Cent dürften nicht auf eine Stufe mit harter Pornografie oder expliziten Gewaltdarstellungen gestellt werden. Dies gelte umso mehr, als das dann notwendig werdende Jugendschutzsystem von den Telcos zur Verfügung gestellt werden müsste. Die Entscheidung, ob etwa eine interaktive Beteiligung am Programm mit einem Gewinn gekoppelt sei, werde dagegen vom Sender getroffen.

Von Gewinnspielen über Telefon-Mehrwertdienste sieht der Bitkom zudem "keinen übermäßigen Spielanreiz" ausgehen. Die Spielaktionen seien vielmehr zeitlich beschränkt und die Kosten für die Gewinnspielteilnahme aufgrund des geringen festen Verbindungsentgelts nicht beträchtlich sowie "nachvollziehbar und überschaubar". In der Werbung und in einer Ansage, die den Anruf bestätigt, werde auf das Entgelt hingewiesen. Die Abwicklung von Gewinnspielen über Mehrwertdienste setze überdies den Aufbau technisch anspruchsvoller Plattformen voraus. Im Vertrauen auf die bislang geltenden Vorgaben hätten Netzbetreiber und Diensteanbieter Infrastrukturen aufgebaut und "erhebliche Investitionen" getätigt, um entsprechende Angebote einzurichten. Umsatzstarke Geschäftsmodelle der Bitkom-Mitglieder mit Telefonmehrwertdiensten wären mit der kritisierten Passage unvereinbar.

Die Bestimmungen des Ausführungsgesetzes müssen dem Verband nach außerdem "den tatsächlichen Bedürfnissen und Gegebenheiten unserer heutigen Informations- und Kommunikationsgesellschaft" Rechnung tragen. Mediennutzern sei die Möglichkeit offen zu halten, "sich komfortabel per Telefon an interaktiven Programmformaten wie Abstimmungen und Gewinnspielen zu beteiligen". Der Bitkom fordert daher, mediale Gewinnspielangebote über Tele-Mehrwertdienste weiterhin genehmigungsfrei zu halten. Niedersachsen musste gerade eine Schlappe im Online-Casino-Streit hinnehmen. Einem Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover zufolge ist die Spielbanken Niedersachsen GmbH grundsätzlich berechtigt, Glücksspiele im Internet anzubieten. (Stefan Krempl) / (jk)