Grüne wollen Datenschutz bei RFID-Chips verbessern

Die Fraktion der Grünen im Bundestag hat einen Antrag eingebracht, wonach die Wirtschaft den Einsatz der Funketiketten deutlich kennzeichnen, eine Deaktivierung an der Kasse vornehmen sowie Profile nur mit Zustimmung der Kunden anlegen soll.

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Die Fraktion der Grünen im Bundestag hat einen Antrag (PDF-Datei) eingebracht, mit dem sie den Datenschutz bei der Verwendung von RFID-Chips sicherstellen will. Kernforderungen sind die deutlich sichtbare Kennzeichnung der Funketiketten und zugehöriger Lesegeräte sowie eine Informationspflicht über Einsatz, Verwendungszweck und Inhalt der Tags. Zudem soll die Wirtschaft im Rahmen einer Selbstverpflichtung bis zum Frühjahr 2008 eine endgültige Deaktivierung von RFID-Chips an den Kassen von Geschäften vorsehen. Funktionsfähig sollen die kontaktlos auslesbaren Etiketten nur bleiben, wenn der Kunde dies ausdrücklich wünscht. Auch Konsumprofile dürfen die Händler nach dem Plan der Grünen nur anlegen, wenn die Verbraucher dies durch ihre gesonderte Einwilligung abgesegnet haben.

Zugleich soll jegliche Benachteiligung von Kunden verboten werden, die RFID-Tags deaktivieren lassen. Es dürfe etwa nicht zur Behinderung der Inanspruchnahme von Garantieleistungen kommen. Die Funkchips dürften auch nicht als "technische Schutzmaßnahme" gegen legale Handlungen der Verbraucher missbraucht werden. Generell sei auch künftig die Möglichkeit zu erhalten, anonym einzukaufen. Die RFID-Anwender sollen ferner sicherstellen, dass die mit den Funkchips arbeitenden Geräte "technisch bestmöglich vor unbefugten Zugriffen geschützt sind". Die Bundesregierung wird angehalten, in Verhandlungen mit der Wirtschaft umgehend auf entsprechende Vereinbarungen zu pochen. Auf hessischer Landesebene hatten die Grünen vergleichbare Vorschläge bereits im Frühjahr vorgetragen.

Für den Fall, dass die geforderten Maßnahmen zur Selbstkontrolle bis zum angegebenen Zeitpunkt nicht zustande kommen, fordert die Oppositionspartei von der Regierung einen "Gesetzesentwurf mit dem entsprechenden Inhalt". Zugleich soll sich Berlin auf europäischer Ebene für harmonisierende Regelungen einsetzen, die einen grenzüberschreitenden Einsatz von RFID-Chips ermöglichen. Dabei soll das Recht auf informationelle Selbstbestimmung durch Sanktionsandrohungen gewährleistet werden. Auch hierzulande müssten Verstöße gegen den Datenschutz im Rahmen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) besser zu ahnden sein. Verbraucherschutzorganisationen sollten so Sanktionen im Rahmen einer Verbandsklage gerichtlich geltend machen können.

Von Brüssel erwartet die "Ökopartei" weiter die Entwicklung von Konzepten für einen umweltverträglichen Einsatz der RFID-Technologie. Aber auch die Bundesregierung soll zügig entsprechende Pläne vorlegen. Die Funkchips würden schließlich aus Kupfer, Blei und Silberleitbahnen bestehen. Sollten sie "massenhaft global eingesetzt werden", könnte durch ihre Entsorgung die Umwelt wesentlich stärker belastet werden als dies derzeit etwa durch Batterien geschieht.

Zur Begründung schreiben die Grünen, dass man Gefahren bei der Anwendung der RFID-Technologie im Endkundenbereich sehe. So ermögliche die flächendeckende Einführung der Funkchips etwa die Erstellung von detaillierten individuellen Verhaltens- und Konsumprofilen. Dagegen müsse das Selbstbestimmungsrecht der Verbraucher gestärkt werden. Für den Unternehmer, der einen RFID-Tag ursprünglich verwendet, bestehe zudem derzeit keine Löschungspflicht bei Abgabe der Ware an den Kunden. Auf die gespeicherten Daten finde das BDSG keine Anwendung. Durch die eindeutige Seriennummer des Chips könne aber jeder Gegenstand eindeutig identifiziert werden. Es sei möglich, diese Information beim erneuten Betreten eines Kaufhauses unbemerkt auszulesen und Rückschlüsse auf das Konsumverhalten der Person zu ziehen. Durch die Verknüpfung mit weiteren Datenbanken könnte der Kunde sogar über den Gegenstand identifiziert werden. Auch eine Klassifizierung und "Diskriminierung" von Verbrauchern sei möglich.

Die Regulierung der Funkerkennungstechnologie ist seit Langem ein heftig umkämpftes Terrain. Wirtschaftsverbände haben diverse Vorstöße zur Selbstregulierung gemacht, die Daten- und Verbraucherschützer aber als unzureichend einstufen. Die Bundesregierung sieht trotzdem bislang keine Notwendigkeit zum Eingreifen. Auch die große Koalition ist dieser Ansicht. Die Kommission in Brüssel setzte zunächst zu einem großen Sprung an und machte sich für weltweite Schutzbestimmungen beim Einsatz der RFID-Etiketten stark. Zunächst baut auch sie aber trotz eines gegenteiligen Votums der Mehrheit der Teilnehmer an einer EU-Konsultation auf einen Ausbau der Selbstkontrolle der Wirtschaft. (Stefan Krempl) / (jk)