Bundesregierung will Sexualstrafrecht verschärfen
Das Bundeskabinett hat einen Gesetzentwurf beschlossen, mit dem das Verbreiten unbefugter Nacktbilder oder sonstiger "schädlicher" Aufnahmen insbesondere von Kindern und Jugendlichen etwa übers Internet strafbar werden soll.
Die Bundesregierung will mit einem neuen Gesetzentwurf den Austausch und das Beziehen von Aufnahmen sexuellen Kindesmissbrauchs unterbinden. Dabei soll auch gleich dem Verbreiten anderer rufschädigender Fotos übers Netz einen Riegel vorgeschoben werden. Zugleich sollen die Strafvorschriften gegen sexuelle Online-Belästigung per "Cybergrooming" sowie "Posing"-Darstellungen verschärft werden. Dazu hat das Bundeskabinett am Mittwoch einen Gesetzentwurf zur Änderung des Strafgesetzbuches verabschiedet, mit dem es auch EU-Vorgaben zum Sexualstrafrecht umsetzen will.
Kriminalisiert werden soll damit allgemein das unbefugte Herstellen, Weitergeben und Verbreiten von Bildaufnahmen, die geeignet sind, "dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden". Derlei demütigende Bilder, die etwa auch bei einer privaten Party oder einer öffentlichen Demonstration entstanden sein könnten, "befinden sich oft jahrelang im Netz und können daher eine große Belastung für die Betroffenen sein", erläuterte der federführende Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) den Vorstoß. Das von ihm geleitete Ressort hatte zunächst sogar auf eine "bloßstellende" Wirkung der Fotos abstellen wollen.
Vor allem zielt die Klausel dem Justizministerium zufolge auf Aufnahmen "unbekleideter Personen" und dabei wiederum insbesondere von Kindern. Ob die Fotos oder Videos innerhalb geschützter Wohnbereiche oder außerhalb entstehen, soll sich nicht auf die mögliche Strafbarkeit auswirken. Bei der bildlichen "Wiedergabe von ganz oder teilweise unbekleideten" Kindern und Jugendlichen "in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung" in Form des sogenannten Posing möchte die Regierung klarstellen, dass eine solche auch dann schon verboten ist, wenn die aufreizende Pose nicht "aktiv" eingenommen wird. So sollen etwa auch Fotos von schlafenden Kindern erfasst werden.
Bei der Strafbarkeit von Cybergrooming und unerwünschter Online-Anmache möchte das Kabinett zudem den alten Begriff der "pornographischen Schriften" erweitern. Grundsätzlich sollen darunter künftig neben Speichermedien "alle Formen der modernen Kommunikation" fallen, also etwa auch Vorgänge, in denen die Informationsübertragung ausschließlich per Datenleitungen ohne Zwischenspeicherung auf dem Rechner eines Betroffenen erfolgt.
Familienfotos kriminalisiert?
Maas hatte bereits Anfang des Jahres angekündigt, im Lichte der Edathy-Affäre klären zu wollen, wie das gewerbsmäßige Handeln mit Nacktbildern von Kindern oder Jugendlichen bestraft werden kann. "Wir werden Opfer von Sexualstraftaten künftig besser schützen", versicherte der Sozialdemokrat nun. "Sozial übliches Verhalten" müsse aber straffrei bleiben: "Wir werden nichts kriminalisieren, was zum Alltag vieler Eltern gehört, wie zum Beispiel das Fotografieren ihrer Kinder am Strand."
Anderer Ansicht über die Auswirkungen der "Lex Edathy" ist Wolfgang Ewer, Präsident des deutschen Anwaltvereins. "Nach unserer Auffassung handelt es sich um eine unverhältnismäßige Vorverlagerung der Strafbarkeit, wenn schon das Fotografieren im privaten Raum ohne strafbare Absicht unter Strafandrohung gestellt werden soll", warnt der Jurist. Schon der mögliche "Einstieg in ein strafwürdiges Verhalten" werde so kriminalisiert. Bereits beim Fotografieren in der Familie drohe der Staatsanwalt. Als Beispiel bringt Ewer Aufnahmen bei einem Kindergeburtstag, wenn "sich die kleinen Kinder unter einem Rasensprenger abkühlen".
Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) warb parallel für den Einsatz von mehr Ermittlern zum Verfolgen von Kinderpornographie. Bei der Kriminalpolizei auf Bund- und Länderebene gebe es in der Verfolgung solcher Straffälle ein "Vollzugsproblem", konstatierte die SPD-Politikerin im Tagesspiegel. (axk)