Bundestag außen vor: Aufruhr über Junckers Plan für Ceta

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker will die nationalen Parlamente nicht über das umstrittene Handelsabkommen mit Kanada abstimmen lassen. Ein Sturm der Entrüstung brach los.

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Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker beim Ratstreffen am Dienstag in Brüssel.

Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker beim Ratstreffen am Dienstag in Brüssel.

(Bild: EU-Kommission)

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Für einen Eklat hat EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am Dienstagabend beim Treffen der Staats- und Regierungschefs der Gemeinschaft in Brüssel gesorgt. Hinter verschlossenen Türen erläuterte der Kommissions-Chef, das fertige Handelsabkommen Ceta zwischen der EU und Kanada sei kein sogenannter gemischter Vertrag. Nationale Parlamente wie der Bundestag müssten daher nicht darüber abstimmen. Es reiche aus, wenn das EU-Parlament entscheide.

Die Ansage des Konservativen löste ein mittelschweres politisches Erdbeben aus. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) empörte sich gegenüber dem Tagesspiegel, dass dieses Vorhaben "unglaublich töricht" sei. Sollte Ceta "dumm durchgedrückt" werden, ließe dies Verschwörungstheorien rund um das abgekartete Spiel auch mit anderen Handelsabkommen wie TTIP explodieren. Der geplante Vertrag mit den USA wäre damit tot.

Schon 2014 war der Bielefelder Jurist Franz Mayer in einem Gutachten für das Wirtschaftsressort zu dem Ergebnis gekommen, dass Ceta als gemischtes Abkommen zu schließen sei, da die EU allein nicht über hinreichende Kompetenzen für sämtliche darin behandelten Themen habe.

Österreichs neuer Bundeskanzler Christian Kern stellte sich ebenfalls gegen ein Hauruck-Verfahren: Juncker vertrete allein eine juristische Position, meinte der SPÖ-Chef. Die Frage, welche Parlamente eingebunden würden, sei jedoch "hochgradig politisch". Im Hinblick auf den Brexit betonte der grüne EU-Abgeordnete Sven Giegold: "Egotrips der EU-Kommission sind Futter für die EU-Skeptiker." Die Plattform Campact warnte, dass eine "Entmachtung der Volksvertreter" einen "Wort-, Rechts- und Dammbruch" darstelle und nichts Gutes heiße für die Ceta-Schwester TTIP oder ähnliche Entwürfe wie TiSA.

Juncker versuchte daraufhin, die Gemüter zu beruhigen. Die Kommission sei aufgrund einer eigenen juristischen Analyse der Sachlage zur Auffassung gelangt, dass für Ceta allein die EU zuständig sei, erklärte er am Mittwoch. Inhaltlich hätten die Staats- und Regierungschefs an dem Vertragstext nichts auszusetzen gehabt, einige aber "Bedenken wegen der nationalen politischen, parlamentarischen Ratifizierungsprozedur" erhoben. Er wolle "nicht auf dem Altar juristischer Fragen sterben", aber hätte "gerne durch eindeutige Rechtsmittel belegt, dass dies kein EU-only Abkommen ist". So oder so gebe es eine "demokratische Kontrolle", da auch das EU-Parlament und die Ratsvertreter entsprechend legitimiert seien. Eine "formale Entscheidung" über das weitere Vorgehen sei noch nicht gefallen. (vbr)