Deutsche Telekom sieht DVB-T2 skeptisch
Auf der Medienwoche Berlin-Brandenburg setzten einzelne Mobilfunkbetreiber und Bezahlfernsehsender wenig Hoffnung in das Folgemodell des "Überall-Fernsehens", da ein flächendeckender Ausbau nicht zur Debatte stehe.
Auf der der Medienwoche Berlin-Brandenburg setzten einzelne Mobilfunkbetreiber und Bezahlfernsehsender am Dienstag wenig Hoffnung in DVB-T2, die geplante zweite Generation des digitalen terrestrischen Fernsehens. "Ein leistungsfähiges Broadcast-System klingt schön, aber der DVB-T-Ausbau ist nicht flächendeckend", erklärte Karl-Heinz Laudan, bei der Deutschen Telekom für die Spektrumspolitik zuständig. Die Technik tauge auch nicht dazu, Kapazitätsengpässe im Mobilfunk auszugleichen, da die Kunden von dem Bonner Konzern ein landesweit verfügbares Angebot erwarteten.
Ängste davor, Mobil- und Rundfunk zusammenzubringen, habe die Telekom nicht, führte Laudan aus: "Wir hatten bei DVB-H alles entwickelt und auch ein Geschäftsmodell." Das Betreiberkonsortium gab die Sendelizenzen aber 2008 wegen mangelnder Nachfrage zurück. GSM und die darauf aufbauende neue Mobilfunkgeneration LTE seien dagegen "überall", meinte Laudan. Mit LTE-Ausbau werde flächendeckend ein breitbandiges Angebot geschaffen. Für 2015 stehe die Standardisierung der nächsten Entwicklungsstufe LTE Advanced an. Mit ihr könnten verschiedene Frequenzen logisch zu einem zusammenhängenden Spektrum vereint werden, so werde "mehr Geschwindigkeit" geboten.
"Bei den Verkehrsmengen stoßen wir 2015 an Grenzen", vermutete Laudan. Schon heute "borge" sich sein Unternehmen in Spitzenverbrauchszeiten wie etwa einem Rennen am Nürburgring oder einen Papstbesuch temporär Frequenzen. Es müsse aber über die Umwidmung weiterer Bestandteile der "digitalen Dividende" aus den Rundfunkbereich oder über Hybridsysteme auf technischer Ebene nachgedacht werden. Den so genannten White Space zu nutzen, also bislang ungenutzte Kanäle im Funkspektrum, sowie das Verfahren "Spectrum on Demand" bezeichnete Laudan als "Zukunftsmusik". Vor 2020 wären in diesem Bereich keine größeren Anwendungen möglich.
Auch Julia Meise, Produktentwicklungschefin bei Sky Deutschland, glaubt nicht an viele Nutzungsszenarien für DVB-T2 bei dem Bezahlsender. "Für uns ist Broadband spannender wegen der kürzeren Entwicklungszeiten", meinte sie. Das Internet- oder Mobilfunk-gestützte Breitband erlaube es den Kunden auch, viele Dinge wie einen Live-Stream anzuschauen oder Ergebnisse im Datencenter nachzuschlagen gleichzeitig zu tun. Generell sei die Nachfrage für Apps auf Smartphones viel größer als nach netzgestützten Anwendungen im langsam aufkommenden "Smart-TV".
Henrik Rinnert, Chef der TV-Abteilung bei Media Broadcast, setzt dagegen darauf, dass DVB-T2 viele Innovationen ermöglicht und Leistungssteigerungen mit sich bringt. Generell verspreche der Standard eine 30 bis 50 Prozent bessere Frequenzausnutzung, er zeige sich auch besser für HDTV gerüstet als sein Vorgänger, mit dem er nicht abwärtskompatibel ist. Rinnert verwies auf mehrere laufende Pilotprojekte in Deutschland und zeigte sich sicher, dass diese "in einen Regelbetrieb münden". Bertram Hock aus dem Unterhaltungsbereich der BMW Group lobte an DVB-T2, dass damit "Handover-Daten" klar ausgewiesen würden. Damit werde etwa die nächste Sendeanstalt angezeigt und wo es nötig sei, auf andere Netze auszuweichen. Bevor die Technik ins Auto einziehen kann, würden wohl aber noch zwei oder drei Jahre Entwicklungszeit nötig sein. (anw)