EU-Copyright-Reform: Oettinger weist Kritik der Demonstranten zurück

Der EU-Haushälter sieht die massive Lobbyarbeit von Google & Co. hinter den massiven Protesten gegen die Urheberrechtsnovelle.

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Günther Oettinger

(Bild: dpa, Thierry Monasse)

Lesezeit: 3 Min.
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EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger (CDU) hat die auf den Demonstrationen am Wochenende artikulierten Bedenken gegen die EU-Urheberrechtsreform zurückgewiesen. "Die Kritik ist nicht berechtigt", sagte Oettinger der Bild. Am Samstag waren über 100.000 Bürger allein in Deutschland gegen die geplante EU-Urheberrechtsrichtlinie auf die Straße gegangen, um gegen Upload-Filter und Leistungsschutzrecht zu protestieren.

EU-Urheberrechtsreform und Artikel 13/17

Als Kommissar für die digitale Gesellschaft und Wirtschaft hatte Oettinger die Reform im Herbst 2016 selbst auf den Weg gebracht. "In unserem Vorschlag geht es darum, dass die Kreativwirtschaft, die Kulturschaffenden und die Medien eine Rechtsgrundlage haben, um eine faire Vergütung des geistigen Eigentums verhandeln zu können", verteidigte der Vater der Initiative die Pläne.

Hinter den Protestkundgebungen, die etwa in Berlin, Köln und München Massen mobilisierten, wittert der Christdemokrat auch Versuche von großen US-Internetfirmen wie Google, die Reform zu kippen. "Die Online-Plattformen haben viel Geld für die Lobbyarbeit gegen unseren Vorschlag ausgegeben." Vertreter von Verwertungsgesellschaften, Verlagen oder der Musik- und Filmindustrie allerdings auch.

Zuvor hatte Daniel Caspary, Vorsitzender der CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament, ebenfalls gegenüber der Bild den Verdacht geäußert, dass US-Netzkonzerne "auch mit gekauften Demonstranten die Verabschiedung des Urheberrechts zu verhindern" suchten. Bis zu 450 Euro seien von einer "sogenannten NGO" für die Teilnahme an Umzügen geboten worden. Das Geld scheine zumindest teilweise "von großen amerikanischen Internetkonzernen zu stammen".

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Der CDU-Politiker bezog sich dabei auf eine Aktion von European Digital Rights (EDRi). Die Bürgerrechtsorganisation hatte Mitgliedern und Freiwilligen, die für Treffen mit EU-Abgeordneten nach Brüssel gereist sind, die Fahrtkosten erstattet. Für die Piratin Julia Reda, die sich im EU-Parlament der Fraktion der Grünen angeschlossen hat, ist das eine Selbstverständlichkeit. Wenn etwa die Musikverwertungsgesellschaft GEMA Mitglieder nach Brüssel einlade für Lobbygespräche, müssten diese ihr Reisegeld auch nicht selbst zahlen.

Über 200 Wissenschaftler der führenden europäischen Forschungszentrum für Immaterialgüter- und Informationsrecht haben die Parlamentarier derweil am Sonntag noch einmal aufgerufen, gegen die kritisierten Artikel zu stimmen. Das neue Recht würde insgesamt "mehr Schaden als Gutes" anrichten.

Ausführlich beleuchtet auch der netzpolitische Verein Digitale Gesellschaft die negativen Auswirkungen des inzwischen als Artikel 17 geführten Artikel 13 zur Plattformhaftung. Upload-Filter sind demnach unvermeidlich, was die Meinungsfreiheit genauso bedrohe wie den Datenschutz. Hilfreicher sei es, Lizenzierungsmechanismen zu vereinfachen und eine Vergütungspauschale einzuführen.

Der Initiator der Petition zur "Rettung des Internets", Dominic Kis, wollte am Montagnachmittag zudem die mittlerweile gesammelten über fünf Millionen Unterschriften im Parlamentsgebäude in Straßburg an Abgeordnete übergeben. Zugesagt hatten Politiker der SPD, der Linken und der Grünen.

Das EU-Parlament stimmt am frühen Dienstagnachmittag über das Vorhaben ab. Berichterstatter Axel Voss (CDU) geht von einer Mehrheit im Plenum aus, doch diese könnte zumindest knapp ausfallen und gilt noch nicht als ganz sicher. (vbr)