EU-Kommission erwägt einheitliche europäische Telefonnummern
Unternehmen soll mit Hilfe der einheitlichen Rufnummern die grenzüberschreitende Kommunikation erleichtert werden. Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt läuft dazu seit Dezember eine Konsultation.
Die Europäische Kommission überlegt erneut, zusätzlich zu den in den Mitgliedsstaaten bestehenden nationalen Telefonnummern EU-weit einheitliche Rufnummern einzuführen. Damit soll Unternehmen die grenzüberschreitende Kommunikation mit Kunden in der gesamten EU erleichtert werden. Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt läuft dazu seit Dezember eine Konsultation.
Kommissarin Neelie Kroes bemängelte, dass Unternehmen eine separate Telefonnummer in jedem Mitgliedsstaat brauchen, in dem sie Kunden haben, für die sie erreichbar sein müssen. Das erschwere den Aufbau EU-weiter Dienste. Noch bis zum Ende dieses Monats können Interessierte zu den Plänen Stellung nehmen und 19 dazu gestellte Fragen beantworten.
Die Kommission bietet zwei Optionen an: Jeweils nationale Kurzrufnummern, die mit 115 beginnen, aber immer zum gleichen Unternehmen führen, oder eine Wiedereinführung des European Telephony Numbering Space (ETNS) unter der internationalen Vorwahl +3883. Der im Jahr 2000 eingeführte ETNS stellte einen einheitlichen Rufnummernplan für die damals 15 EU-Mitglieder und neun weitere Staaten dar. Vorteile sollten internationale Portabilität der Nummern und Tariftransparenz sein. Was an einem Tag einen Festnetzanschluss in Belgien bezeichnete, sollte am nächsten Tag schon zu einem kroatischen Handy geroutet werden können, der Anrufer aus der EU sollte nie mehr zahlen müssen, als ihn ein nationales Ferngespräch kostet. Alle Netzbetreiber in der EU waren rechtlich verpflichtet, Verbindungen zu +3883 herzustellen. Doch praktisch niemand scherte sich darum, die zuständigen Behörden ignorierten dies.
Im Ergebnis waren ETNS-Nummern nicht oder nur extrem teuer zu erreichen, weshalb sie praktisch ungenutzt blieben. Auf anderen Kontinenten wurden die +388x-Vorwahlen gar nicht erst in Betrieb genommen, so dass die International Telecommunication Union (ITU) den Bereich wieder abschaffte. Ende 2009 musste der Betrieb von +3883 eingestellt werden, Ende 2010 fiel der Vorwahlbereich zurück an die ITU.
Nun überlegt die EU-Kommission einen Neustart, diesmal jedoch nur für Unternehmen und mit einem zentralen ETNS-Management. Anrufern aus der EU dürfte maximal der Preis für einen Anruf in ein anderes EU-Land verrechnet werden, was im Schnitt immer noch das Doppelte eines nationalen Gesprächs ist. Dafür wären viele Unternehmen erstmals aus anderen EU-Staaten erreichbar. Denn die derzeit weit verbreiteten nicht-geographischen Rufnummern wie etwa 0800 oder 0180x sind aus dem Ausland selten verfügbar. Dies behindert nicht zuletzt den grenzüberschreitenden Wettbewerb im EU-Binnenmarkt, den die EU-Kommission fördern möchte.
Die Kurzrufnummern-Variante mit 115 xxx würde maximal 1000 Unternehmen zur Verfügung stehen. Diese Anschlüsse wären womöglich günstiger erreichbar, aber für den Nummerninhaber mühsam vorzubereiten: Zunächst müsste er eine Nummer auf EU-Ebene reservieren und dann in jedem Mitgliedsstaat einzeln einrichten lassen. Die Kommission stellt sich dabei vor, dass unter der selben Rufnummer die jeweils nationale Niederlassung einer EU-weit agierenden Firma erreichbar wäre. Wie man aber etwa aus Österreich gezielt die maltesische Zweigstelle erreichen sollte, bleibt offen. (anw)