FDP-Bundestagsfraktion will 2010 noch keine Nacktscanner
Die Liberalen stellen sich gegen Pläne aus der Union, noch in diesem Jahr eine stärkere körperliche Durchleuchtung an Flughäfen einzuführen. Sie drängen auf eine einheitliche Lösung für die gesamte EU, die Brüssel aber nicht mehr für nötig hält.
Der nach einem gescheiterten Terrorangriff auf ein Flugzeug in den USA neu erwogene Einsatz von Nacktscannern an Flughäfen entzweit die schwarz-gelbe Koalition. Ein führender Innenpolitiker der FDP-Bundestagsfraktion hat sich gegen die Pläne der von CDU und CSU gestellt, möglichst bereits in der ersten Hälfte des Jahre 2010 Ganzkörper-Scanner hierzulande zu installieren. Dieses Vorhaben sei nichts weiter als "Wunschdenken" des Koalitionspartners, sagte der Leiter des FDP-Arbeitskreises Recht und Innen, Hartfrid Wolff, der Neuen Osnabrücker Zeitung.
Die Geräte werfen Wolff zufolge nach wie vor eine Fülle technischer, rechtlicher und gesundheitlicher Probleme auf, die nicht ansatzweise ausgeräumt seien. Selbst wenn sich alle Bedenken ausräumen ließen, werde es mit der FDP keinen "nationalen Alleingang" beim Scanner-Einsatz geben. Er persönlich bezweifle, ob Nacktscanner eine geeignete technische Lösung bei der Sprengstoffsuche seien und ob die Intimsphäre der Fluggäste bei ihrer Verwendung gewahrt bleibe.
Vertreter der EU-Kommission widersprachen laut dpa derweil der Ansicht der Bundesregierung, dass für den regulären Einsatz der umstrittenen Geräte in den Mitgliedsstaaten zunächst eine einschlägige Verordnung geändert werden müsse. Jedes EU-Land könne sich frei entscheiden. 2008 hatte die Kommission aber selbst einen Stein zur Änderung der Verordnung für Luftverkehrssicherheit ins Rollen gebracht, war dabei auf heftigen Widerstand gestoßen und hatte letztlich alles beim Alten belassen.
Die Situation in Europa sieht derzeit sehr unterschiedlich aus. Großbritannien wolle noch im Januar Nacktscanner auf dem Londoner Flughafen Heathrow einführen, erklärte der britische Innenminister Alan Johnson am gestrigen Dienstag. In den Niederlanden hat der Amsterdamer Flughafen Schiphol Agenturmeldungen zufolge zur Ergänzung der bereits vorhandenen 15 Körperscanner weitere 60 bestellt. Die spanische Regierung will die Technik dagegen vorerst nicht einführen. Auch sie drängt auf eine einvernehmliche Lösung für die EU. Am morgigen Donnerstag wollen sich in Brüssel Innenexperten von Kommission und Rat über das weitere Vorgehen absprechen. Dabei soll unter anderem hinterfragt werden, ob die neuartigen Durchleuchtungsmethoden gesundheitsschädlich sein könnten und ob die Intimsphäre der Betroffenen gewährleistet werde.
Das EU-Parlament will zumindest für das eigene Haus keine Nacktscanner mehr einsetzen. Für sechs der Geräte, die seit mehr als acht Jahren ungenutzt in den Kellern der Abgeordnetenkammer lagern, soll laut AFP am 15. Januar die Ausschreibung beginnen. Dies gehe aus einem Schreiben der Parlamentsverwaltung an den CSU-Abgeordneten Markus Ferber hervor. Interessenten könnten das Angebot im Amtsblatt der EU einsehen. Eigene Offerten könnten bis zum 6. Februar eingesandt werden. Die Parlamentsverwaltung hatte die Geräte unter dem Eindruck der Terroranschläge vom 11. September 2001 in den USA im Folgejahr für insgesamt 720.000 Euro gekauft. Die Volksvertreter wollten aber nicht als Testpersonen für die Technik fungieren. Auch hierzulande gab es bereits 2008 Vorschläge aus Kreisen von Sicherheitsexperten, Nacktscanner zunächst im Bundestag zu installieren. Sie wurden bislang aber nicht weiter verfolgt.
Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) hält die Verbreitung der Technik indes nicht für vordringlich. Ihr Chef, Rainer Wendt, sprach sich gegen eine "Fixierung" auf die Suche nach Sprengstoff oder Waffen aus. Effektiver wäre es seiner Ansicht nach, "gezielt auffällige Personen aus dem Strom der Fluggäste herauszufiltern". Wendt sprach sich dafür aus, "auf jedem deutschen Flughafen einen Profiler pro 1000 Fluggäste einzusetzen". Die Analytiker könnten Passagiere nach Kriterien wie Nationalität, Religion, ethnischer Herkunft, Flugziel oder Verhalten herauspicken und näher unter die Lupe nehmen. Vielfliegern und Geschäftsreisen sollten die Kontrollen durch eine einmalige Registrierung und Überprüfung erleichtert werden.
Die deutschen Flughäfen selbst warnten vor einer übereilten Einführung von Nacktscannern. Ralph Beisel, Hauptgeschäftsführer des Flughafenverbands ADV, sagte der Rheinischen Post, die derzeit in der Entwicklung befindlichen Geräte erfüllten noch nicht alle Vorgaben. Über kurz oder lang würden die Nacktscanner aber wohl zum Einsatz kommen. Die deutsche Bevölkerung steht der Durchleuchtung offenbar abwartend positiv gegenüber. Laut einer Forsa-Umfrage für das Magazin Stern sprachen sich 63 Prozent der Befragten dafür aus, dass Reisende vor allen Flügen mit den Scannern kontrolliert werden. 31 Prozent waren dagegen, 6 Prozent zeigten sich unentschieden. (anw)