FDP will bei der Vorratsdatenspeicherung nicht klein beigeben
Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Christian Ahrendt, hat deutlich gemacht, dass die Liberalen die EU-Vorgaben zur Protokollierung von Nutzerspuren nicht umsetzen wollen. Die Union spricht von drohender Strafvereitelung.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Christian Ahrendt, hat deutlich gemacht, dass die Liberalen die heftig umkämpften EU-Vorgaben zur Vorratsdatenspeicherung weiter nicht detailgetreu umsetzen wollen. Die EU-Kommission habe in ihrem Prüfbericht "schwere Mängel" in der entsprechenden Richtlinie entdeckt, erklärte der Rechtsexperte. Die Schwachstellen müssten nun rasch beseitigt und "der Datenschutz in den Mittelpunkt gerückt werden". Ansonsten könne man die Maßgaben nicht übernehmen, stellte Ahrendt klar. Die FDP-Fraktion sei nicht bereit, "das hohe deutsche Datenschutzniveau zu senken, nur weil der EU dies ein Dorn im Auge ist".
EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström sieht die Sache anders. Die ebenfalls den Liberalen angehörende Schwedin hat Missstände bei der Implementierung der Direktive zur verdachtsunabhängigen Protokollierung von Nutzerspuren zwar eingeräumt und Änderungen in Aussicht gestellt. Da das Gesetzgebungsverfahren aber Jahre in Anspruch nehme, muss ihrer Ansicht nach zunächst das geltende EU-Recht und somit die von ihr selbst kritisierte Richtlinie in allen Mitgliedsstaaten umgesetzt und angewandt werden. Verfassungsgerichte etwa in Deutschland hätten nicht die Vorratsdatenspeicherung an sich, sondern nur nationale Umsetzungsgesetze für nichtig erklärt. Malmström hat Deutschland daher ein Vertragsverletzungsverfahren und die Durchsetzung von Strafgeldern angedroht, wie sie diese bereits gegen ihr eigenes Heimatland beim Europäischen Gerichtshof beantragt hat.
Mit der FDP wird es laut Ahrendt aber hierzulande "keine anlasslose Vorratsdatenspeicherung" geben. Sollte Brüssel Deutschland wegen der fehlenden Umsetzung der Direktive verklagen, "dann ist dem eben so", zuckt der Abgeordnete mit den Schultern. Ein solches Vorgehen wäre ihm zufolge aber "absurd, da die Richtlinie ohnehin überarbeitet werden soll". Die in dem Evaluierungsreport genannten Gründe für die vermeintliche Notwendigkeit der Vorratsdaten hält Ahrendt nicht für überzeugend. Tatsache sei, dass die Masse der abgefragten Informationen in keinem Verhältnis zur tatsächlich erzielten Erfolgsrate stehe. Eine Untersuchung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags zeige, dass die Vorratsdatenspeicherung nirgendwo in Europa zu einer höheren Aufklärungsquote der Strafverfolgungsbehörden geführt habe. So hätten die Bürger "nur mehr Eingriffe in ihre Freiheitsrechte erfahren, dafür aber nicht mehr Sicherheitsgewinn".
Der Fraktionsgeschäftsführer erinnerte zugleich daran, dass Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) mit dem "Quick Freeze"-Verfahren zum Einfrieren von Verbindungs- und Standortdaten im Verdachtsfall einen Vorschlag gemacht habe, "der dem hohen Datenschutzniveau gerecht wird". Der Kommissionsbericht sieht darin aber keine tragfähige Alternative zu einer anlasslosen Protokollierung von Nutzerspuren. Die Liberalen wollen Ahrendt zufolge trotzdem in der Regierungskoalition ihr Angebot und die Verlängerung des Terrorismusbekämpfungsgesetzes (TBEG) zusammen verhandeln. Sie lehnten dabei die von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gewünschte Verschärfung der Anti-Terror-Bestimmungen ab. Es müsse vielmehr überprüft werden, ob nicht einige Maßnahmen auslaufen können, "da sie die Sicherheit nicht erhöhen und keinerlei praktische Bedeutung haben und hatten".
Zuvor hatte auch Leutheusser-Schnarrenberger verdeutlicht, dass die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung auch nach Ermessen der Kommission auf den Prüfstand gehöre. In dieser Situation wäre es nach Ansicht der FDP-Ministerin "aberwitzig", jetzt auf die Durchsetzung der Vorgaben zu drängen. Die betroffenen Unternehmen dürften jetzt nicht mit Investitionen in erheblichem Umfang belastet werden aufgrund einer Rechtslage, für die bereits eine Anpassung angekündigt worden sei.
Der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Wolfgang Bosbach, hat den Druck auf Leutheusser-Schnarrenberger dagegen erhöht. Seiner Meinung nach hat die schwarz-gelbe Koalition bei einer weiteren Weigerung der Ministerin zur Umsetzung der Richtlinie nicht nur "ein Problem, sondern einen ernsthaften Konflikt". Tausende Delikte könnten hierzulande ohne Verfügbarkeit der TK-Daten nicht aufgeklärt werden, meint der CDU-Politiker. Er sieht das Justizministerium aufgrund Untätigkeit "am Rande der Strafvereitelung". (jk)