Forscher prognostizieren Beschäftigungsverluste durch Fachkräftemangel
Da Technologieunternehmen, Forschungseinrichtungen oder innovative Dienstleister nicht nur Jobs für Hochqualifizierte schaffen, sondern auch für weniger qualifizierte Erwerbstätige, könnte der sich abzeichnende Fachkräftemangel zu massiven Arbeitsplatzeinbußen führen, prognostiziert das Beratungsunternehmen PwC.
Der demografische Wandel und ein sich abzeichnender Fachkräftemangel werden bis 2020 in fast vier von zehn deutschen Landkreisen zu Beschäftigungsverlusten führen. Das geht aus einer Studie hervor, die das Beratungsunternehmen PwC zusammen mit dem Hamburger Weltwirtschaftsinstitut erstellt hat. Vor allem in Ostdeutschland sowie in strukturschwachen westdeutschen Regionen drohen demnach massive Einbußen, wenn die Investitionen in Bildung und Qualifizierung dort nicht deutlich gesteigert würden.
"Technologieunternehmen, Forschungseinrichtungen oder innovative Dienstleister schaffen nicht nur Jobs für Hochqualifizierte, sondern auch für durchschnittlich und gering qualifizierte Erwerbstätige", kommentierte PwC-Vorstand Wolfgang Wagner laut einer Mitteilung. Unternehmen wissensorientierter Branchen siedelten sich aber nur in Regionen an, in denen es entweder ausreichend hochqualifizierte Arbeitskräfte oder zumindest attraktive Lebens- und Arbeitsbedingungen gibt, sodass Hochqualifizierte aus anderen Regionen zuwandern.
In der Studie wird die Beschäftigungsentwicklung für 413 deutsche Kreise und Städte abhängig von den regional verfügbaren hochqualifizierten Arbeitskräften sowie der verbundenen Bruttowertschöpfung und Produktivitätsentwicklung in drei Szenarien prognostiziert. Laut Basisszenario dürfte insbesondere in den westdeutschen Metropolregionen die Zahl der Erwerbstätigen deutlich steigen. In strukturschwachen Regionen drohen aber laut Studie "dramatische Beschäftigungsverluste". Insgesamt erlitten in diesem Szenario 158 der 413 Kreise und kreisfreien Städte in Deutschland Beschäftigungsverluste. Diese Entwicklung betreffe 63 von 87 ostdeutschen Kreisen und 95 von 326 westdeutschen Kreisen.
Wenn durch gezielte Bildungsinvestitionen die Zahl der Hochqualifizierten in allen Regionen gleichmäßig um 1,9 Prozent jährlich erhöht würde, könnte die Beschäftigungsbilanz deutlich positiver ausfallen, heißt es in der Studie. Die Zahl der Kreise mit rückläufiger Erwerbstätigenzahl würde in dieser Modellrechnung von 158 auf 143 sinken. Zudem würde der Rückgang in vielen Regionen deutlich abgeschwächt. Es sei aber nicht auszuschließen, dass sich der Anteil Hochqualifizierter in den kommenden Jahren durch Abwanderung weiter zu Lasten strukturschwacher Regionen verändert.
Für andere Forscher ist allerdings fraglich, ob es überhaupt einen Fachkräftemangel gibt. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) beispielsweise hat im November eine Studie zur Entwicklung des Fachkräftebedarfs vorgestellt. Demnach ließen sich für ein generell knappes Fachkräfteangebot "keine Belege finden". Im Gegenteil bildeten etwa die kaum gestiegenen Löhne ein Indiz dagegen, dass so etwas wie ein Wettbewerb um Fachkräfte bei den Unternehmen eingesetzt habe. Auch sei die Zahl von qualifizierten Arbeitslosen höher als die Zahl der offenen Stellen. (anw)