GDC: "Civilization ist fĂĽr Egomanen"
Auf seiner Keynote gab Sid Meier dem Designer-Nachwuchs wertvolle Tipps, wie Spielregeln die Psychologie der Spieler berĂĽcksichtigen sollten.
"Die ersten 15 Minuten eines Spiels entscheiden darüber, ob der Spieler das Spiel mag oder nicht", erklärte Designer-Legende Sid Meier auf seiner Keynote anlässlich der Game Developers Conference in San Francisco. Bereits in dieser ersten Phase müsse der Spieler Erfolgserlebnisse haben und in das Spiel hineingezogen werden. Meier selbst mag keine allzu schweren Titel. "Wenn ich bereits in der ersten viertel Stunde frustriert werde, habe ich kaum Lust, mehr Zeit in ein Spiel zu investieren."
Für Meier ist der Spieler König, der immer bei guter Laune gehalten werden muss, und den man nicht verärgern darf. "Im realen Leben gewinnen nur wenige, im Spiel gewinnt jeder. Deshalb sind Spiele so populär." Der Spieler dürfe ruhig auch mal verlieren, dann sollte ihm jedoch klar sein, welche Fehler er begangen hat und wie er sie beim nächsten Versuch abstellen kann. Civilization bediene die Egomanie, weil es dem Spieler das Gefühl gebe, mit wenigen Mausklicks ein Weltreich zu regieren. In den ersten Prototypen sei Civilization noch ein Echtzeit-Strategiespiel gewesen. Aber das habe nicht funktioniert "Die Spieler schauten dem Treiben der Truppen nur zu. Im Rundensystem stehen sie jedoch selbst im Mittelpunkt."
Doch es reiche nicht aus, ein Strategiespiel im mathematischen Sinne fair und logisch zu gestalten. "Wenn das Verhältnis der Truppenstärke in einer Schlacht 3:1 ist, sollte der Spieler normalerweise eine von vier Schlachten verlieren, das sagt die mathematische Logik", erklärte Meier. Der Spieler erwarte hingegen, dass er bei einer solchen Übermacht immer gewinne. Also hat Meier die Kampfregeln in Civilization im Laufe der Jahre immer weiter angepasst, bis die Kämpfe so ausgehen, wie es die Spieler erwarten.
Auch die KI der Computergegner sollte möglichst berechenbar sein. "Wenn sie zu geniale Strategien entwickelt, hält der Spieler sie entweder für dumm (wenn die Strategie nicht aufgeht) oder er bezichtigt sie des Betrugs." Die KI sollte keine realen Spieler ersetzen, sondern eine vorhersehbare Herausforderung darstellen. Der Spieler freue sich vielmehr über seine eigenen genialen Strategien und wenn die KI ihm anerkennendes Feedback gebe.
Ebenso dürfe man es nicht mit zufälligen Ereignissen wie Naturkatastrophen übertreiben, die das aufgebaute Reich eines Spielers in Schutt und Asche legen. "Das mag zwar dramatisch sein, aber Spieler laden dann einfach den letzten Spielstand neu." Doch solche Ladeexzesse würden den Spaß ruinieren. Civilization Revolution speicherte deshalb immer die Zufallsparameter mit ab, sodass beim neuen Laden einer Partie die folgenden Schlachten immer gleich ausgingen, egal wie häufig der Spieler sie wiederholte.
Das Erfolgsgeheimnis von Civilization sei es, dem Spieler das Gefühl zu geben, an einer epischen Geschichte teilzuhaben, die ihm genügend Entscheidungsmöglichkeiten gibt, um bei jedem Spiel neue Strategien auszuprobieren und gegen immer schwierigere Gegner zu bestehen. Man müsse nicht jede Szene mit einer bombastischen Render-Sequenz auskleiden. Wenn man nur im Text erwähnt, dass eine Delegation eine Gruppe von Tanzbären als Geschenk mitbringt, würden die Bären in der Fantasie der Spieler bereits anfangen Kunststücke zu machen. Das spart Produktionskosten und man könne sich auf die wichtigen Aspekte des Spiels konzentrieren.
Derzeit arbeitet Meier an einer Facebook-Version von Civilization. Für Civilization Network habe er die Hoffnung gehabt, dass die Spieler ihr Gold aus dem Spiel verschenken könnten, um Handel und Allianzen zu gründen und anderen einfach eine Freude zu machen. Derlei Geschenke sind bei anderen Social-Games ein probates Mittel, um neue Spieler in das Spiel hineinzuziehen. Doch diesen Ansatz hat er inzwischen wieder verworfen, weil in Testspielen niemand seiner Idee gefolgt war. Offenbar hat er Recht mit seiner Einschätzung, Civilization sei ein Spiel für Egomanen.
(hag)