Google und Deutsche Bahn kooperieren

Nach zwei Jahren Vorbereitung haben die beiden Unternehmen ihre Kooperation offiziell verkĂĽndet. Dabei liefert die Bahn die Rohdaten fĂĽr Googles Landkartendienst.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 62 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.

Die Deutsche Bahn (DB) und Google haben am Montag in Berlin eine Kooperation gestartet, um die Informationsmöglichkeiten für Reisende zu verbessern. Der Suchmaschinenriese integriert ab sofort Zugverbindungen des Bahnkonzerns in seinen Kartendienst und nimmt damit hierzulande den auf den öffentlichen Nah- und Fernverkehr ausgelegten Service "Google Transit" auf. Mit einem direkten Link gelangt der Interessierte zudem zum Auskunftssystem des Kooperationspartners und zum Ticketkauf, ohne die Reisedaten erneut eingeben zu müssen.

Stefan Tweraser (Google), Birgit Bohle (DB), Ulrich Homburg (DB) und Raphael Leiteritz (Google) (v.l.n.r.)

(Bild: Stefan Krempl)

"Wir liefern die Rohdaten des Sollfahrplans, Google rechnet und dann kommen die Kunden hoffentlich am Ende des Tages zu uns", erläuterte Birgit Bohle von DB Vertrieb die Zusammenarbeit. Dabei soll die bereits seit einigen Jahren bestehende Kooperationsstrategie der Bahn ausgebaut werden, die sich bereits auf Plattformen wie Opodo, Dienste für Mitfahrgelegenheiten oder L'tur erstrecke. Das Projekt mit Google sei zwei Jahre lang von 15 Personen in beiden Unternehmen vorbereitet worden: "Wir haben gemeinsam festgestellt, dass es nicht so einfach ist, aus Rohdaten eine ordentliche Auskunft zu basteln." Der Google-Algorithmus habe angepasst werden müssen.

Der Nutzer könne – ähnlich wie beim DB-System Hafas – verschiedene Abfahrt- oder Ankunftszeiten eingeben oder bestimmte Verkehrsmittel auswählen. Die Funktion sei in wesentlichen Teilen auch über die Mobilseite m.google.de oder die Google Maps App ausführbar, wegen der erhöhten Komplexität im mobilen Netz aber ohne Direktlink zur Bahn.

Insgesamt seien in Google Transit mittlerweile mehr als eine Million "Stopps" wie Bahnhöfe oder Bushaltestellen in 500 Regionen weltweit eingebaut, führte Leiteritz aus. Es handle sich dabei um das "größte öffentliche Nah- und Fernverkehrauskunftssystem der Welt" mit einer Milliarde Nutzer jeden Monat. Als Manko räumte der Google-Manager ein, dass außer der S-Bahn noch keine Informationen aus dem ÖPNV zur Verfügung stünden, es werde arbeite aber "intensiv mit Partnern in den Verbünden" zusammengearbeitet.

Keiner zahle etwas für die Integration, sie sei kostenfrei, ergänzte Leiteritz. "Wir sind ein Werbeunternehmen und fangen an, uns über eine Monetarisierung von Maps Gedanken zu machen." Zunächst stehe die Innovation im Vordergrund, um mehr Nutzer zu erreichen. Stefan Tweraser, Chef von Google Deutschland, sprach in diesem Sinne von einem "wichtigen Schritt, um Google Maps für Kunden angenehmer zu machen".

Kritiker von Netzpolitik.org beklagten rasch, dass die Bahn nur Googles Kartendienst auf die offiziellen Fahrpläne zugreifen lasse und nicht freie Alternativen wie OpenStreetMap. Sie appellieren an die Bahn, die Informationen gleich als offene Daten jedermann zur Verfügung zu stellen. Nur so könnten alle Interessierten und nicht nur der Beinahe-Monopolist Google tolle Anwendungen mit den Daten des Beinahe-Monopolisten Deutsche Bahn machen. Das Projekt openPlanB hatte Anfang des Monats bereits in Eigenregie Fahrplandaten unter der Open Database License (ODbL) veröffentlicht, die umfangreicher sind als die nun verkündete Kooperation. Daran beteiligen sich neben dem deutschen Fernverkehr der Bahn Teile benachbarter Länder und des deutschen Nahverkehrs sowie der gesamte ÖPNV in Berlin und Brandenburg.

Die Bahn sei "sehr wohl bereit", Daten auch anderen Suchanbietern und Kartendiensten zur Verfügung zu stellen, erklärte Ulrich Homburg von der Bahn. Solche Projekte müssten aber "für uns kontrollierbar sein". Entscheidend sei, dass die herauskommenden Kundeninformationen "valide und stabil sind". Bei "Open Data" wisse die Bahn nicht, welche wie alten Bestände konkret genutzt würden und was wo ankomme. Homburgs Sorge: "Den Ärger lädt der Kunde dann nicht beim Betreiber der Plattform ab, sondern bei uns." (anw)