Handy-Überwachung: Bundesbehörden verschickten 2012 über 300.000 "stille SMS"
Verfassungsschutz, BKA, Zoll und Bundespolizei nutzten voriges Jahr 328.572 Mal die Ortungsimpulse. Für dieses Jahr deutet sich eine Zunahme an.
Der Verfassungsschutz, das BKA, der Zoll und die Bundespolizei haben 2012 zusammengerechnet 328.572 "stille SMS" verschickt, um den Standort von Personen zu ermitteln oder ein Bewegungsprofil zu erstellen. In der ersten Hälfte dieses Jahres sind laut einer Antwort auf eine Anfrage des Linken-Bundestagsabgeordneten Andrej Hunko bisher 264.648 solcher Ortungsimpulse verschickt worden. Damit deutet sich an, dass dieses Jahr die Zahl der "stillen SMS" von Bundesbehörden gegenüber dem Vorjahr ansteigen kann.
138.779 "stille SMS" verschickte allein der Zoll, 65.449 entfielen auf die Bundespolizei, 31.948 auf das BKA und 28.472 auf das Bundesamt für Verfassungsschutz. Der MAD, der Nachrichtendienst der Bundeswehr, benutzte laut der Antwort aus dem Bundesinnenministerium das Fahndungsinstrument lediglich einmal im vergangenen Jahr. Die Statistik des Bundesnachrichtendienstes wird als "geheim" eingestuft und nicht veröffentlicht.
Aus der Antwort geht auch die Zahl der Einsätze von IMSI-Catchern hervor, die ebenfalls zur Überwachung von Handys eingesetzt werden. Die Bundespolizei nutzte diese voriges Jahr 56-mal, in der ersten Hälfte dieses Jahres 32-mal. Das BKA kommt auf 53 (2013: 29) Einsätze, der Zoll auf 73 (36) und der Verfassungsschutz auf 16 (18). Der BND hat 2012 in einem Fall IMSI-Catcher verwendet, in diesem Jahr noch nicht; der MAD weder 2012 noch 2013.
IMSI-Catcher dienen dazu, die auf Mobilfunk-Karten gespeicherte IMSI-Nummer zu erfassen. Dafür simuliert das Gerät eine Funkzelle – sämtliche Handys in einem gewissen Umkreis buchen sich dann beim IMSI-Catcher ein. Außerdem helfen die teuren Geräte, den Standort eines Mobiltelefons innerhalb einer Funkzelle einzugrenzen. Ausfuhrgenehmigungen für diese Geräte erhielten laut Antwort die Unternehmen Rohde & Schwarz und Syborg Informationssysteme sei Anfang 2011 für die Länder Argentinien, Brasilien, Indonesien, Kosovo, Malaysia, Norwegen und Taiwan.
Diese Ausfuhrgenehmigungen kritisiert Hunko, da die exportierte Technik in Bürgerrechte eingreife. Auch mit Bezug auf Werbematerial für Überwachungssoftware in autoritären Staaten, das nun von Wikileaks veröffentlicht wurde, sieht Hunko Widerstand gegen "die ausufernden Kontrolltechnologien von Polizeien und Geheimdiensten" als notwendig an. Auch die Linksfraktion beteilige sich an der Demonstration "Freiheit statt Angst" am morgigen Samstag in Berlin. (anw)