Intels Atom-Geschäft bricht um ein Drittel ein
Im Jahresvergleich hat Intel mit Atom-Prozessoren und -Chipsätzen 32 Prozent weniger Umsatz gemacht.
Vor ziemlich genau vier Jahren hatte Intel-CEO Paul Otellini die Vorstellung des Atom als eine der "wichtigsten Produkteinführungen" seines Unternehmens bezeichnet. Der besonders sparsame, kompakte und billige x86-Prozessor sollte ab 2008 Smartphones und "Mobile Internet Devices" erobern, also ARM-SoCs verdrängen. So wollte Intel den PC-Markt mit seinen zurzeit rund 400 Millionen verkauften Einheiten überwinden: Jährlich werden weit über eine Milliarde Handys verkauft und obendrein noch Unterhaltungselektronik und Embedded Systems. Ausdrücklich war bei der Atom-Vorstellung 2008 deshalb auch von Mobile Internet Devices die Rede, damals gab es ja noch keine iOS- oder Android-Tablets. Der Nachfolger Moorestown war dann explizit für Smartphones gedacht. Doch stattdessen konnte der Atom bisher nur in Netbooks sowie bei Industrie-PCs punkten.
Der Netbook-Markt befindet sich derweil auf Schrumpfkurs: Bloß noch 269 Millionen US-Dollar Umsatz konnte Intel mit Atoms und passenden Chipsätzen im ansonsten extrem erfolgreichen dritten Quartal 2011 erzielen. Das Atom-Segment schrumpfte also im Jahresvergleich um 32 Prozent und sequenziell um 24 Prozent. 2010 hatte Intel insgesamt rund 1,6 Milliarden US-Dollar mit Atom-Technik verdient. Trotz vieler Versprechungen sind bisher nur sehr wenige Atom-Tablets auf dem Markt und noch immer kein Smartphone, Manager Anand Chandrasekher musste gehen. Kürzlich gab Intel auch noch die Anstrengungen auf, Flachbildfernseher mit Atom-Antrieb zu versehen.
Bei der Telefonkonferenz zur Vorstellung der jüngsten Quartalszahlen mussten Paul Otellini und Intel-CFO Stacy Smith wieder eine Reihe von Fragen zum Thema Atom beantworten. Otellini gab zu, dass der Umsatzrückgang direkt mit den Netbooks zusammenhängt. Laut Smith habe Intel mit dem Atom aber einen "30-Dollar-Prozessor, mit dem wir eine sehr gute Gewinnspanne erzielen". Und Intel gewinne "den Löwenanteil dieses Marktsegmentes", obwohl AMD mit einem "20-Dollar-Produkt" deutlich unter dem Atom-Preis bleibe. Smith schließt daraus, dass Intel trotz höherer Preise konkurrenzfähig sei – auch gegen potenzielle ARM-Konkurrenten, die auf Windows-8-Mobilrechner zielten. Der Atom könne mit guter Performance und großem Funktionsumfang punkten, gleichzeitig sei Intel ein zuverlässiger Lieferant mit hohem Qualitätsniveau. Damit spielt Smith wohl auf die zwischenzeitlichen Lieferengpässe von AMD mit den von TSMC gefertigten C-50 und E-350 an.
Otellini glaubt, dass der Atom langfristig gegen ARM- oder MIPS-SoCs eine Chance hat. Im Unterschied zu früheren Äußerungen (PDF-Datei) sagte er nun, bisher habe man den Atom ja nur für Billig-PCs ausgelegt, nun erst folge die Version für Tablets – gemeint ist wohl die 32-nm-SoC-Version Medfield, die Anfang 2012 starten soll. Noch kämpft Intel zwar unter anderem mit dem vom PowerVR-Entwickler Imagination Technologies zugelieferten Windows-Grafiktreiber für die 32-nm-Atoms, doch vor allem will man mit Google zusammen rasch Android-tauglich werden. Unter Android ist ein Atom angeblich schneller als manches SoC mit zwei Cortex-A9-Kernen. Unter Windows 8 wiederum soll der Atom seinen x86-Vorteil ausspielen: Darauf laufen auch alte Programme und Treiber. Insgesamt erwartet Otellin von Windows 8 mehr Chancen als Risiken für den Atom.
Und Otellini setzt vor allem auf Intels Stärke bei der Fertigungstechnik. Dass Intel schon 22-Nanometer-Produkte fertige – die 2012 kommende CPU-Generation Ivy Bridge wird bereits produziert – und eine Roadmap bis hin zu 14-Nanometer-Atoms habe, sei ein Vorteil bei Verhandlungen mit großen Kunden. Die ARM-Konkurrenz steigt zurzeit erst auf 28- oder 32-nm-Fertigung um. Zudem habe man tatsächlich schon viele "Design Wins" mit Atom-SoCs verzeichnet, aber im Markt der Embedded Systems dauere es anschließend noch geraume Zeit, bis Massenstückzahlen abgerufen würden. Erneut versprach Otellini, dass 2012 Atom-Smartphones "mehrerer Hersteller" erscheinen würden, aber darüber werde er erst mehr verraten, wenn sie tatsächlich erschienen seien. (ciw)