Medienforum: Lizenzierung von Inhalten fürs Netz soll einfacher werden
Die EU-Kommission will mit ihrer Strategie für den Schutz von Rechten an immateriellen Gütern Online-Leitungen mit mehr legalen Werken füllen. Verwertungsgesellschaften planen demgemäß ein Portal zum EU-weiten Rechteerwerb für den Filmbereich.
Die EU-Kommission will mit ihrer neuen Strategie für den Schutz von Rechten an immateriellen Gütern das Internet mit mehr legalen Werken füllen. Auf dem Medienforum NRW in Köln präsentierte Gerhard Pfennig, Chef der Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst, einen ersten Ansatz zur Lösung des Problems der dafür nötigen, oft nur schwer zu erhaltenden Online-Lizenzen. Europäische Verwertungsgesellschaften hätten auf ihrem jüngsten Treffen in Paris vereinbart, eine Plattform für die Lizenzierung von Rechten im Filmbereich in Angriff zu nehmen, die mit einem bereits bestehenden Content-Portal für die Bildende Kunst vergleichbar ist. Darüber solle man "aus einer Hand" Lizenzen erwerben können, vorausgesetzt, Produzenten dürfen künftig ihre audiovisuellen Werke ohne die Einwilligung der Urheber weiterverbreiten. Die Urheber müssten dafür aber über eine Verwertungsgesellschaft entschädigt werden.
Pfennig bedauerte, dass die EU-Kommission 2005 noch einen vergleichbaren "One-Stop-Shop" der musikalischen Vereinigungen zur Rechtewahrnehmung "zerschlagen" habe. Dies habe nicht nur dazu geführt, dass die großen US-Verleger ihre Werke so meistbietend verkaufen könnten. Vielmehr benachteilige die alte Linie der Kommission auch die kulturelle Vielfalt. Die Verwerter suchten sich derzeit nämlich die Verwertungsgesellschaften, die am effizientesten arbeiten und die größten Pakete bieten.
Kerstin Jorna, stellvertretende Kabinettschefin bei EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier, bedauerte, dass es derzeit viel einfacher sei, US-amerikanisches Material für die Online-Verwertung zu erstehen als europäische. Prinzipiell bräuchten Sender etwa für On-Demand-Dienste neue Lizenzen, um den öffentlichen Zugang zu den Inhalten abzudecken. Die Kommission wolle daher im Juli ein Grünbuch für den audiovisuellen Bereich vorlegen, um Besonderheiten von Fernsehen, Video on Demand und der Weiterverwertung von Rundfunkinhalten im Internet anzugehen. Diesem solle voraussichtlich Anfang 2012 ein Vorschlag für die kollektive Rechteverwertung folgen. Für Verwertungsgesellschaften müssten Grundregeln für Transparenz und Kontrolle gelten; es sollten Anreize geschaffen werden, Repertoires zusammenzulegen und auf unterschiedliche Nutzer zuzuschneiden. Brüssel schwebten so mehrere spezialisierte Plattformen für die Rechtelizenzierung vor.
"Das heutige Urheberrecht stößt mit der Digitalisierung und dem Internet an seine Grenzen", sagte die nordrhein-westfälische Medienministerin Angelica Schwall-Düren (SPD). Mit der aktuellen Rechtslage sei "wohl niemand mehr zufrieden", weder die Kreativen noch die Nutzer. Jorna gab zu bedenken: "Der Verbraucher will alles, immer und überall." Er werde aber etwa enttäuscht, wenn er seine lokalen TV-Nachrichten im Urlaub im Ausland nicht schauen könne. Dies führe zu vielen illegalen Downloads und der weit verbreiteten Ansicht, dass das Urheberrecht ein Hindernis sei für das Internet und die Meinungsfreiheit. Die Kommissionsvertreterin verglich die Situation mit einem "Badesee, der gerade umkippt". Viele Algen hätten sich schon ausgebreitet, klares Wasser sei nur noch selten zu sehen. Daher sei es wichtig, den Rahmen so zu gestalten, dass es für viele Fische etwas zum Fressen gebe.
Für die Allianz Deutscher Produzenten monierte Mathias Schwarz, dass es vor allem noch schwierig sei, kleine in einem Film enthaltene Werke wie Musik oder Bilder im Hintergrund für den Online-Vertrieb rechtlich abzusichern. Eine generelle EU-Lizenz dürfe aber nicht verbindlich vorgegeben, sondern müsse optional sein, forderte Schwarz. Andernfalls sonst reiße die Verwertungskette vom Kino über das Fernsehen bis hin zu DVD oder Internet ab. So fände ein Produzent sicher keinen nationalen Verleiher fürs Kino in einem anderen Land mehr, wenn es den Streifen schon im Netz auf Abruf zu sehen gäbe.
Schwarz äußerte sich besorgt über das Vorhaben der Kommission, auch die Verwendung geschützter Werke in nutzergenerierten Inhalten wie etwa Remix-Videos zu regeln. Jorna suchte ihn mit dem Hinweis zu beruhigen, dass dafür nicht zwingend eine Ausnahmeregelung geschaffen werden müsse. Vorstellbar sei auch eine "Mikro-Lizenzierung". Die hätte den Vorteil, dass sie viele, die das Urheberrecht heute skeptisch beäugten, selbst zu Urhebern mache. (anw)