Online-Sportwetten: Private sollen zahlen, Netzsperren gegen illegale Angebote
Die Ministerpräsidenten wollen sieben Konzessionen für Online-Wetten vergeben, 16,66 Prozent Steuern kassieren und illegale Angebote sperren. CCC und der AK Zensur warnen vor dem "Einschleppen von Netzsperren durch neuen Glücksspielstaatsvertrag."
Auf einer Sonder-Ministerpräsidentenkonferenz haben sich die 16 Länderchefs auf einen Kompromiss bei den Online-Sportwetten geeinigt. Bis zum Sommer soll ein unterschriftsreifer Entwurf für einen neuen Glücksspielstaatsvertrag fertig sein, der unter anderem sieben bundesweite Konzessionen für private Anbieter vorsieht. Diese sollen 16,66 Prozent der Wetteinsätze als Konzessionsabgabe zahlen und sich verpflichten, keine in Deutschland illegalen Glücksspielangebote zu vertreiben. Der bislang einzige in Deutschland zugelassene Online-Wettspiel-Anbieter Oddset, eine Tochter der staatlichen Lotterieverwaltung, wird dann in Zukunft mit den Privaten konkurrieren.
Die Verhandlungen über den neuen Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) sind schwierig, weil viele widerstrebende Interessen unter einen Hut gebracht werden müssen. Schon im Grundsatz geht es einerseits darum, die Spielsucht zu kanalisieren und andererseits einen Teil der Gewinne sinnvoll zu verwenden, etwa in der Föderung des Breitensports. Doch auch die einzelnen Bundesländer haben sehr unterschiedliche Auffassungen über die Vertragsgestaltung. So macht sich etwa die CDU/FDP-Koalition in der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt Kiel besonders für die privaten Anbieter stark, während andere das lukrative Monopol erhalten wollen. Schließlich muss die neue deutsche Glücksspiel-Regelung auch vor dem Europäischen Gerichtshof bestehen können.
Das meiste Geld, das von Deutschen für Online-Sportwetten ausgegeben wird, fließt zurzeit an den Länderkassen vorbei, nämlich an ausländische Anbieter. Diese zahlen an ihren Firmensitzen – bwin.com etwa ist in Gibraltar ansässig – nur geringe Abgaben. Die in Deutschland illegalen Online-Sportwetten sollen künftig mit Netzsperren blockiert werden, auch den Zahlungsverkehr will die EU unterbinden. Staatsminister Rainer Robra (CDU), Chef der Staatskanzlei von Sachsen-Anhalt, koordiniert den neuen Glücksspielstaatsvertragsentwurf. Er äußerte sich gegenüber der Süddeutschen Zeitung zuversichtlich, dass sich 90 Prozent des illegalen Sportwettengeschäfts im Internet unterbinden ließen.
Bei den deutschen Sportverbänden stößt der Entwurf für einen neuen Glücksspielstaatsvertrag auf Kritik, auch wenn etwa der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) sowie der Hauptverband für Traberzucht (HVT) die Neuregelung grundsätzlich begrüßen. Dem DOSB fehlen aber beispielsweise Angaben zur Verteilung der zu erwartenenden Fördermittel. Auch der HVT fürchtet Einbußen bei der Förderung, weil die Verschiebungen der Wetten via Internet ins Ausland zu erheblichem Rückgang der zugehörigen Steuerzahlungen und somit bereits zu einem "signifikanten Rückgang der Pferdezucht in Deutschland" geführt haben. HVT-Präsident Heinz Tell will Auslandsschlupflöcher schließen lassen und fordert auch die Galopprennsportler im DVR dazu auf, diese Haltung zu unterstützen. Der DVR fürchtet jedoch um "mehr als 3000 Arbeitsplätze", falls durch den neuen Glücksspielstaatsvertrag das alte Rennwett- und Lotteriegesetz unter den Tisch fällt.
[Update]:
Mittleweile warnen auch der Arbeitskreis gegen Internetsperren und Zensur (AK Zensur) und der Chaos Computer Club (CCC) vor dem "Einschleppen von Netzsperren durch neuen Glücksspielstaatsvertrag". Laut dem Entwurf des Vetrags, der dem CCC zugespielt wurde, können "Diensteanbieter im Sinne des Telemediengesetzes nach vorheriger Bekanntgabe unerlaubter Glücksspielangebote die verantwortliche Mitwirkung am Zugang zu den unerlaubten Glücksspielangeboten untersagen." Dies mache deutlich, dass "die Ministerpräsidenten der Bundesländer erneut über die Einführung von Internetsperren nachdenken", erklärten die beiden Organisationen in einer gemeinsamen Stellungnahme.
(ciw)