Skype lässt den traditionellen Auslandsgespräche-Markt kriseln

"Die Nachfrage nach internationaler Kommunikation bleibt stark", meinen Analytiker des Netz- und Internet-Statistikers TeleGeography. "Aber immer mehr Leute finden heraus, dass sie dafür keinen (klassischen) Telekommunikationsanbieter brauchen."

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Der VoIP- und Messaging-Anbieter Skype verzeichnet starkes Wachstum der grenzüberschreitenden Verbindungsminuten (Skype zu Skype). Wie aus Daten von TeleGeography hervorgeht, wurde 2008 33 Milliarden Minuten international "geskyped". 2009 schnellte das auf 57 Milliarden, 2010 dann gar auf 102 Milliarden Minuten. Dies bedeutet eine Verdreifachung in zwei Jahren. SkypeOut, also Anrufe von Skype zu herkömmlichen Telefonnummern, ist darin nicht enthalten. Skype gibt für 2010 insgesamt 190 Milliarden Verbindungsminuten von Skype zu Skype an, was auch Inlandsverbindungen einschließt. Davon sind 40 Prozent Videotelefonie.

Dem Weltmarkt für traditionelle internationale Telefonate droht indes ein Umsatzrückgang. Denn das Wachstum der Gesprächsminuten ist eingebrochen. Über 20 Jahre lang wuchs der Verkehr stark, im Schnitt fast 15 Prozent pro Jahr. Die Marktliberalisierungen in zahlreichen Ländern zeitigten mehr Angebot, sinkende Preise und damit stärkere Nutzung. Der Umsatz stieg Jahr für Jahr (außer 2001 und 2002).

Doch 2009 gab es nach Angaben von TeleGeography erstmals weniger als zehn Prozent zusätzliche Minuten, 2010 nur noch 4 Prozent. Dies entspricht einem Zuwachs von 16 Milliarden Minuten auf 413 Milliarden Minuten. (Darin ist auch SkypeOut enthalten.) Wenn das Wachstum nicht wieder angekurbelt oder die Preise stabilisiert werden können, drohe ein Umsatzrückgang, warnen die Netz- und Internet-Statistiker von TeleGeography. Rechnet man aber das Wachstum der grenzüberschreitenden Skype-zu-Skype Verbindungen hinzu, landet man wieder bei einem Wachstum von annähernd 15 Prozent. "Die Nachfrage nach internationaler Kommunikation bleibt stark", sagt TeleGeography-Analyst Stephan Beckert. "Aber immer mehr Leute finden heraus, dass sie dafür keinen (klassischen) Telekommunikationsanbieter brauchen."

Allerdings bringen Skype-zu-Skype-Verbindungen keinen Umsatz. Und das ist auch die große Frage rund um den bevorstehenden Börsengang: Wie will Skype Geld verdienen? Der Dienst kann zwar ein starkes Nutzer- und Nutzungswachstum aufweisen: Mitte 2010 gab es 560 Millionen User, von denen sich 124 Millionen in den drei Monaten davor zumindest einmal eingeloggt hatten. Aber maximal 8,1 Millionen hatten in einem Monat einen kostenpflichtigen Skype-Dienst genutzt. Und diese Kunden zahlten im Schnitt nur acht Dollar pro Monat. Damit ist bei einem Schuldenberg von über einer Milliarde Dollar kein Staat zu machen.

Skype wird also weitere Einnahmequellen erschließen müssen. Bislang kommen die Umsätze fast ausschließlich von SkypeOut. Und je mehr Nutzer Skype hat, desto geringer wird deren Bedarf an SkypeOut. Die 100 Millionen Dollar, die durch den Börsegang hereinkommen sollen, entsprechen dem kolportierten Preis der jüngsten Übernahme von Qik. Sie werden den Schuldenstand also nicht reduzieren.

Die mit herkömmlichen Telefonverbindungen meistgerufene Auslandsdestination der Welt ist Mexiko. Die fleißigsten Ferntelefonierer sind die Bürger Bermudas, die 2009 pro Kopf 1.860 Minuten in die Fremde telefonierten. (Für Zwergstaaten wie Vatikan und Monaco sind keine separaten Daten verfügbar.) Am anderen Ende der Skala liegen Afghanistan mit weniger als einer Minute und China mit 3,1 Minuten Auslandstelefonie pro Person und Jahr. Deutschland kommt mit 244 Minuten pro Einwohner auf Platz 22, wichtigste Destination ist dabei die Türkei. Österreich schafft es in der TeleGeography-Rangliste mit 283 Verbindungsminuten pro Person auf Platz 16, mehr als ein Drittel davon geht nach Deutschland. (jk)