US-Geheimdienstchef räumt Regelverstöße ein
Bei der Vorratsdatenspeicherung der NSA habe es "Probleme mit dem Einhalten rechtlicher Vorgaben" gegeben. Das hat der Koordinator der US-Geheimdienste zugegeben.
Der US-Geheimdienstkoordinator James Clapper hat eingeräumt, bei der Vorratsdatenspeicherung durch die National Security Agency (NSA) im Rahmen des Überwachungsprogramms PRISM seien "eine Reihe von Problemen mit dem Einhalten rechtlicher Vorgaben" aufgetreten. Es gebe aber keine Erkenntnisse, dass die Regelverstöße absichtlich oder böswillig erfolgt seien, beteuert der Director of National Intelligence (DNI) in einer Antwort (PDF-Datei) auf eine Anfrage mehrerer demokratischer und republikanischer US-Senatoren. Ursachen seien vielmehr menschliche Fehler oder "hoch komplexe technologische Fragen" im Zusammenhang mit Gerichtsauflagen. Clapper lässt so durchblicken, dass die Komplexität der Spionageaktivitäten des technischen US-Geheimdienstes in einem Rechtsstaat kaum beherrschbar ist.
Der Whistleblower Edward Snowden hatte im Juni enthüllt, dass die NSA "Meta-Informationen" über Telefonate und Internetverbindungen von Providern wie Verizon über Monate und Jahre hinweg abfragt, sammelt und auf verwertbare Informationen hin durchschürft. Abgesegnet hat das Programm ein Washingtoner Geheimgericht, das für die Anwendung des Foreign Intelligence Surveillance Act (FISA) zur Aufklärung der ausländischen Telekommunikation zuständig ist.
Zwar betont Clapper, bei der in diesem Fall behandelten Überwachung zur Terrorabwehr würden "nur" Verbindungsdaten erhoben und keine Standortinformationen aus dem Mobilfunk oder gar Kommunikationsinhalte. Den von Snowden ans Tageslicht gebrachten Dokumenten zufolge sollen aber zumindest auch ortsbezogene Daten herausgegeben werden. Clapper zufolge startete die NSA die Vorratsdatenspeicherung 2006.
Für Ron Wyden, einen der Fragesteller von den Demokraten, lässt das Schreiben viele Fragen offen. So habe der DNI den Nutzen der verdachtsunabhängigen Beschattung auch von US-Bürgern im Kampf gegen den internationalen Terrorismus nachgewiesen. In den zwei angeführten Fällen hätte es jedenfalls gereicht, mit einer gesonderten Gerichtsanordnung die gewünschten Informationen zu beziehen.
Der Senator hält weiter daran fest, dass der Patriot Act und andere Anti-Terror-Bestimmungen offensichtlich "im Geheimen uminterpretiert" worden seien, um den Sicherheitsbehörden das Sammeln etwa auch von Kreditkarteninformationen oder Gesundheitsdaten zu ermöglichen. Wyden hatte 2012 bereits herausgefunden, dass ein Anti-Terror-Programm des Geheimdienstens zumindest in einem Fall verfassungswidrig gewesen sei. Gegenüber der "Washington Post" beklagte er die "uferlosen" Kompetenzen der Überwacher. Die Gesetze müssten daher dringend reformiert und in Einklang mit der Verfassung gebracht werden.
Ein erster Vorstoß dazu war im Repräsentantenhaus gerade knapp gescheitert. Nun sollen im Senat vergleichbare Initiativen in Angriff genommen werden. Führende Demokraten und Republikaner unterstrichen aber bereits, dass das Überwachungsprogramm insgesamt gut funktioniere, unter rechtsstaatlicher Kontrolle ablaufe und keinen allgemeinen Eingriff in die Privatsphäre darstelle. Gefragt seien höchstens klarere Begrenzungen und mehr Transparenz.
Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) will derweil laut "Süddeutscher Zeitung" als Reaktion auf die PRISM-Enthüllungen einen Sonderbeauftragten für Cyber-Außenpolitik bestellen. Den hochrangigen Posten soll demnach bald der Diplomat Dirk Brengelmann übernehmen. Der 57-Jährige war bisher beigeordneter Generalsekretär für politische Angelegenheiten und Sicherheitspolitik bei der Nato. (ck)