US-Kongress will Besteuerung von Online-Händlern erlauben
Rechtlich sind Waren und Dienstleistungen im Fernabsatz nicht steuerfrei. Aber in einem Staat, in dem der Anbieter keine Niederlassung hat, muss der Kunde selbst Buch führen und jährlich seine lokale Steuer abliefern. Das wollen US-Politiker nun ändern.
US-Versandhändler müssen nur dort Steuern auf ihre Umsätze ("Sales Tax") einheben und abliefern, wo sie auch physisch präsent sind. Dies hat der US Supreme Court schon 1967 und 1992 festgestellt, gleichzeitig es aber dem Bundesparlament überlassen, die Rechtslage zu ändern. Vor zwei Jahren ist ein Anlauf dazu noch gescheitert, nun kommt erneut Bewegung in die Sache. Der Antrag für einen "Marketplace Fairness Act" fand in beiden Parteien Unterstützer und Gegner. Präsident Barack Obama steht auf der Seite der Befürworter.
Rechtlich sind Waren und Dienstleistungen im Fernabsatz keineswegs generell steuerfrei. Ein Kunde in einem Staat, in dem der Anbieter keine Niederlassung hat, muss aber selbst Buch führen und jährlich seine lokale Steuer abliefern ("Use Tax"). Dies "vergessen" jedoch viele US-Amerikaner. Durch das Gesetz soll es den Bundesstaaten erlaubt werden, die Steuerschuld zum Anbieter zu verschieben. Ausländische Firmen wären zwar nicht erfasst, trotzdem würde das Gesetz Milliarden in die Kassen der Bundesstaaten, Bezirke und Kommunen spülen.
Für Ladengeschäfte ist die gegenwärtige Situation ein Nachteil. Daher unterstützen sie den Gesetzesvorschlag. eBay und andere Online-Anbieter sind nicht erfreut und verlangen deutliche Vereinfachungen und höhere Freigrenzen. In dem Gesetzentwurf werden alle Händler in die Pflicht genommen, die im jeweiligen Vorjahr mehr als eine Million US-Dollar (766.000 Euro) in Distanzgeschäften umgesetzt haben. Amazon schert aus und ist für die Steuer. Als größter Online-Händler könnte Amazon die Kosten für den Verwaltungsaufwand auf viel mehr Kunden aufteilen, hätte also einen zusätzlichen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Online-Konkurrenz.
US-Steuern auf Waren und Dienstleistungen sind ein Lehrbuchbeispiel für Auswüchse des Föderalismus: Es soll mehr als 9600 unterschiedliche Sales-Tax-Regime geben. Auf Bundesebene werden in den USA nur bestimmte Waren und Leistungen besteuert. In 45 der 50 Staaten, dem District of Columbia sowie auf Guam werden grundsätzlich Sales und/oder Use Tax erhoben. Hinzu kommen etwaige Steuern der Bezirke und noch etwaige Steuern der Kommunen. Nicht übersehen werden dürfen Sonderbestimmungen für Reservate oder Militäreinrichtungen beziehungsweise der dort Ansässigen.
Es unterscheiden sich aber nicht nur die Steuersätze von Ort zu Ort. Auch die Definitionen von Verkaufspreis, erfassten Waren(gruppen) und Steuerbefreiungen ist ausgesprochen kasuistisch. Außerdem gibt es in manchen Gebieten bestimmte Zeiträume, an denen keine Steuer anfällt. Dies können einmalige oder regelmäßige "Tax Holidays" sein, die nur bestimmte Produkte wie Kleidung, Waffen oder Hurrikan-Vorkehrungen umfassen.
Der mit diesem Tohuwabohu verbundene Aufwand war auch einer der Gründe, warum die Höchstrichter die Steuerpflicht für Versandhändler auf deren Niederlassungen beschränkt haben. Auch wenn sich heute viel mit Software abwickeln lässt, droht Unternehmern hoher Aufwand. In der aktuellen Fassung würde das neue Gesetz 46 Steuererklärungen über Sales Taxes erfordern. Zudem könnte jeder der 46 Steuerbehörden jedes Unternehmen mit Fernabsatz einer Steuerprüfung unterziehen.
Die Initiative TruST (True Simplification of Taxes) fordert für den Fernabsatz unter anderem die Reduktion auf einen Steuersatz pro US-Staat, ein zentrale Steuererklärung und nur eine Behörde für Steuerprüfungen. Solch "Zentralismus" ist in den USA aber schwer realisierbar. Die Drohung, in Zukunft nicht mehr für den Jugendsport zu spenden, hat das Image der Gegner nicht gerade gefördert.
Die Befürworter verweisen auf die gegebene Benachteiligung von Ladengeschäften, außerdem würden 24 Staaten bereits Software für die Steuerberechnung bereitstellen. Gleichwohl, die Integration der Programme in bestehende Systeme müssen die Händler selbst bezahlen.
Zumindest im US-Senat haben die Unterstützer eine deutliche Mehrheit. Sie haben den Vorschlag kürzlich neu eingebracht, um Beratungen im zuständigen Ausschuss zum umgehen. Am Montag wurde mit 74 zu 20 Stimmen das Ende der Debatte beschlossen. Das Plenum soll möglichst bald abstimmen. (anw)