10 Gigabit pro Sekunde über Kupfer

Seite 5: Messlatte

Inhaltsverzeichnis

Bei 10GBASE-T kommt zu den üblichen Kabelparametern

  • (Einfüge)Dämpfung (Attenuation, Insertion Loss)
  • Nahnebensprechen (Near End Cross Talk, NEXT)
  • ACR (Attenuation to Crosstalk Ratio)
  • Fernnebensprechen (Far End Cross Talk, FEXT)
  • ELFEXT (Equal Level Far End Cross Talk) und
  • Rückflussdämpfung (Return Loss)

das Alien Crosstalk (AXTLK, Fremdnebensprechen) hinzu, denn bei den für 10GBASE-T nötigen hohen Frequenzen beginnen sich auch Kopplungseffekte zwischen Twisted-Pair-Kabeln auszuwirken, die in einem Bündel benachbart liegen. Außerdem wird das System empfindlich gegen Emissionen anderer Geräte (EMI, Electromagnetic Interference).

Durch die deutlich erhöhte Bandbreite von 500 MHz beginnen sich bei 10GBASE-T Einflüsse aus anderen Kabeln (Alien Crosstalk) und Systemen (EMI) auszuwirken.

Alle Parameter hängen sehr stark von der Signalfrequenz ab, generell steigen sie mit der Frequenz. Die Dämpfung bewirkt, dass das Signal entlang des Kabels stetig schwächer wird; sie ist einer der begrenzenden Faktoren für die Reichweite. Da zwischen benachbarten Aderpaaren unweigerlich kapazitive und induktive Kopplung auftritt, stören sie sich gegenseitig (Neben- respektive Übersprechen). Der Parameter Nahnebensprechen gibt an, wie stark das Sendesignal auf einem Aderpaar die Signale auf den anderen drei Paaren am selben Kabelende beeinträchtigt. ACR ist das Verhältnis aus Dämpfung und Nebensprechdämpfung, es drückt die wichtigsten Leitungsparameter in einer Zahl aus.

Als Variante des Nahnebensprechens gibt das Fernnebensprechen an, wie stark ein Sendesignal auf Aderpaar 1 die Eingangssignale der Paare 2 bis 4 am fernen Ende beeinflusst. ELFEXT ist eine relative Größe, die das Verhältnis des Fernnebensprechens zum gedämpften Nutzsignal beschreibt. Schließlich bietet die Rückflussdämpfung eine Aussage über das reflektorische Verhalten eines Datenkabels: Weil die Übertragungsstrecke nicht perfekt ist, kommt stets ein kleiner Teil des Sendesignals als Echo zurück. Neben den Einzelparametern werden einige Parameter noch als Summenangabe (Power Sum) beschrieben, die die Beeinflussung zwischen allen Aderpaaren einer Kabelstrecke beschreiben (PSFEXT, PSNEXT und PSELFEXT).

Zum Beispiel für die gestiegenen Anforderungen ist die FEXT-Dämpfung für CAT7 bei 100 MHz mit 72 dB spezifiziert: Die am fernen Kabelende eingestreute Störleistung darf höchstens ein 15,8-Millionstel des Nutzsignals betragen. Für CAT5e liegt der Wert lediglich bei 35 dB (ein 3160-stel). Am oberen Ende des Spektrums (500 MHz) muss CAT7 noch 62 dB (1,58-Millionstel) bringen, CAT5e ist dort nicht definiert.

Zusätzliche Echo- sowie weitgehende NEXT- und FEXT-Löschung erledigt der 10GBASE-T-PHY mittels adaptiver Filterfunktionen onchip. Doch Alien Crosstalk lässt sich – anders als Echo, NEXT und FEXT – nicht vorausberechnen und entzieht sich deshalb der Kompensation. Deshalb muss man AXTLK durch Verkabelungsdesign und Qualität der Infrastruktur vorbeugen. Auch hier unterscheidet 10GBASE-T zwischen dem nahen und fernen Kabelende (Alien NEXT, ANEXT und Alien FEXT, AFEXT).

Die Immunisierung gegen AXTLK setzt an zwei Stellen an: Schirmung und Abstand. Die Schirmung leitet eingestreute Energie größtenteils nach Erde ab, bevor sie die Aderpaare erreicht und begrenzt so die Störung der Signalleitungen. Je höher die Schirmdämpfung, desto besser. Gänzlich ungeschirmte Kabel (UTP) sollte man meiden. Darüber lassen sich, wenn überhaupt, nur kurze 10-GBit/s-Links realisieren.

Durch höhere Abstände zwischen einzelnen Kabeln sinkt die gegenseitige Kopplung und das Störsignal nimmt ab. AXTLK manifestiert sich auch an Patchpanels, bei denen die RJ45-Buchsen zu nah beieinander liegen und unzureichend geschirmt sind. Bei nach Herstellervorschrift installierten, geschirmten CAT6a-Leitungen und einzeln geschirmten Panel-Buchsen ist AXTLK meist vernachlässigbar.

Wer bei der Installation vorausgedacht und den Aufpreis für eine fachmännische CAT7-Verkabelung mit 600 MHz Grenzfrequenz aufgebracht hat, kann dagegen sofort loslegen, weil das 10GBASE-T-Spektrum auf 500 MHz begrenzt ist.