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9-Euro-Ticket: Wo es gilt und wie Sie passende (Urlaubs-)Verbindungen finden

Andreas Sebayang

(Bild: avv.de)

Mit dem 9-Euro-Ticket fahren Sie günstig quer durch Deutschland. Damit das nicht im Frust endet, gilt es wichtige Einschränkungen zu beachten.

Einer großen Erkundungstour für wenig Geld steht in den Monaten Juni, Juli und August nichts im Weg. Für 9 Euro pro Monat bieten zahlreiche Verkehrsunternehmen das sogenannte 9-Euro-Ticket für den Nah- und Regionalverkehr auf der Schiene an – mitunter auch im Fernverkehr (sofern ein Abo besteht) und im grenznahen Ausland. Der Abstecher nach Frankreich, Polen oder in die Schweiz dürfte für viele noch nie so günstig gewesen sein.

Doch was einfach klingt – 9 Euro für ganz Deutschland – birgt im Detail einige Tücken. So gibt es in einigen Verkehrsverbünden Ausnahmeregelungen und unterschiedliche Auslegungen des Tickets. Und mitunter gibt es Regionen, in denen der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) gar nicht über einen Verbund organisiert ist. Hier fehlen dann im Zweifelsfall Ansprechpartner für Fragen. Die Gefahr, trotz Ticket ohne gültigen Fahrschein unterwegs zu sein, ist also durchaus vorhanden. Entsprechend nennen wir die wichtigsten Regeln und geben Tipps, wie Sie das 9-Euro-Ticket effizient nutzen können.

Rund um die Bahn

Erhältlich ist das Ticket bei zahlreichen Verkehrsverbünden und der Deutschen Bahn [7]. Zeitlichen Druck gibt es nicht, das Kontingent ist nicht limitiert ist. Beachten sollten Sie aber die zeitliche Gültigkeit. Denn das 9-Euro-Ticket wird für jeweils einen Kalendermonat ausgestellt – auf Wunsch auch im Voraus. Das bedeutet: Wollen Sie das Ticket im Juli nutzen, können Sie es auch schon im Juni kaufen. Wenn der Online-Kauf nicht direkt klappt, kann das am großen Andrang liegen. In den ersten Stunden zählte allein die Deutsche Bahn über 200.000 Käufe [8].

Verfügen Sie bereits über ein Monatskarten-Abo, gilt dies im Juni, Juli und August automatisch als 9-Euro-Ticket – ganz ohne zusätzliche Zahlung. Außerdem: Die Verkehrsverbünde haben angekündigt, Ihren Kunden die über 9 Euro hinausgehenden Kosten im Nachhinein zu erstatten oder für die drei Monate jeweils nur 9 Euro abzubuchen. Gleiches gilt für Studentinnen und Studenten, die über ein Semesterticket verfügen. Stand Ende Mai 2022 war aber unklar, auf welchem Wege die über 9 Euro hinausgehende Zahlung in diesem Fall erstattet wird.

Beachten sollten Sie aber, dass einige Regeln Ihrer Abokarte nicht automatisch auch für das 9-Euro-Ticket gelten. Wichtig ist das hauptsächlich in Hinblick auf etwaige Mitnahmeregelungen. So heißt es beim Großraum-Verkehr Hannover (GVH) [9], dass die Mitnahme von Personen nur im Bereich des GVH möglich ist – dafür aber in allen Zonen und nicht nur in den abonnierten. Restriktiver verfährt der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) [10]. Ein Gegenbeispiel ist der Verkehrsverbund Schleswig-Holstein (nah.sh) [11], der die Vorteile seiner Abokarten über das Abo-Gebiet hinaus erweitert. Auf der Aktionsseite des nah.sh heißt es, dass Mitnahmeregeln auf die gesamte Region Schleswig-Holsteins und Hamburg ausgedehnt werden [12]. Abo-Kunden des HVV können die Mitnahmeregelung nicht in Schleswig-Holstein nutzen.

Abonnenten profitieren ebenfalls vom 9-Euro-Ticket. Die Monatskarte wird automatisch erweitert, die Differenz zum üblichen Fahrkartenpreis erstatten die Verkehrsverbünde.

Handelt es sich um ein Abonnement für die 1. Klasse, gilt dieses nur in jenen Gebieten, für die das Abo abgeschlossen wurde. Andernorts ist es nur für die 2. Klasse gültig. Eine Möglichkeit, das 9-Euro-Ticket für wenig Geld in ein 1.-Klasse-Ticket umzuwandeln, gibt es nicht. Hier müssen Sie stattdessen eine reguläre Fahrkarte kaufen.

Ähnliches betrifft die Fahrradmitnahme: Umfasst Ihr Abo eine solche, gilt diese nur für das abonnierte Gebiet. Außerhalb dessen kommen die Regeln des jeweiligen Verkehrsverbunds zum Tragen. Die Bandbreite reicht dabei von der grundsätzlich kostenlosen Mitnahme über zusätzliche Fahrradtickets, die Sie erwerben müssen, bis hin zum grundsätzlichen Verbot. Viele Verkehrsverbünde raten aber von der Fahrradmitnahme ab. Aufgrund der erwarteten Fahrgastzahlen könne eine solche nicht immer gewährleistet sein, so etwa nah.sh. Sind Bus oder Bahn voll, hätten Kinderwagen und Rollstühle immer Vorrang.

Es gibt aber auch Abo-Einschränkungen, die im Juni, Juli und August entfallen. Ein Beispiel dafür sind Sperrzeiten. Gilt die Monatskarte üblicherweise nur zu bestimmten Uhrzeiten – etwa erst ab 9 Uhr –, ist dies in den drei genannten Monaten nicht der Fall.

Es gibt aber auch einige Ausnahmen bei der Umwandlung von Monatskarten in ein 9-Euro-Ticket. Das gilt etwa für E-Ticket-Systeme, wie die Bodo eCard des Verkehrsverbunds Bodensee-Oberschwaben. Der Preis wird zwar pro Monat auf 9 Euro im Verbund gedeckelt. Aber: Die Bodo eCard ist kein 9-Euro-Ticket und gilt nur im Bodo-Verbund. Die Bodo-Karte handhabt als System des E-Ticket-Deutschland-Standards nämlich nur Einzelfahrausweise. Ähnliches gilt für das Fairtiq-System im Verkehrsverbund Mittelthüringen. Denn sobald 9 Euro an Fahrtkosten erzeugt wurden, gibt es als Bonus das deutschlandweit gültige 9-Euro-Ticket [13].

Prüfen Sie angesichts der ganzen Sonderregelungen für Abonnenten im Vorfeld, wie Sie Ihre Monatskarte im Rahmen des 9-Euro-Tickets nutzen können. Die meisten Verkehrsverbünde haben entsprechende Informationen auf Ihrer Homepage zusammengetragen.

Wollen Sie eine Fahrt mit dem 9-Euro-Ticket planen, bieten sich die Werkzeuge der Deutschen Bahn an. So können dafür die App (DB Navigator für Android [14] und DB Navigator für iOS [15]) oder die Webseite der Deutschen Bahn [16] nutzen. Die Datenbasis ist identisch und umfasst nahezu das gesamte deutsche ÖPNV-Angebot in Form von Bus und Bahn – auch das von Mitbewerbern.

Setzen Sie auf bahn.de oder im DB Navigator den Haken bei "Nur Nahverkehr", werden viele nicht infrage kommende Verbindungen herausgefiltert. Eine Garantie, dass das 9-Euro-Ticket in den verbliebenen Treffern gültig ist, ist das aber nicht.

Zunächst sollten Sie einen Haken bei "Nur Nahverkehr" setzen. Damit berücksichtigt die Verbindungssuche keine Busse und Bahnen, die eine Fernverkehrsfahrkarte voraussetzen und somit für das 9-Euro-Ticket ausscheiden. Auf eine wichtige Ausnahme kommen wir später zu sprechen. Anschließend geben Sie einfach Start- und Zielort – beides kann eine Haltestelle oder Adresse sein – sowie den Zeitpunkt der Fahrt an. Letzterer ist wichtig, da eine Verbindung nicht zwangsläufig täglich angeboten wird. Hinzu kommt, dass am 12. Juni 2022 der sogenannte kleine Fahrplanwechsel erfolgt. Durch diesen können sich Verbindungen ändern.

Der DB Navigator ist allerdings nur zum Suchen einer einzelnen Verbindung geeignet. Wollen Sie das 9-Euro-Ticket jedoch für zahlreiche Fahrten nutzen, lohnt sich unter Umständen eine Historie-Funktion. Eine solche bietet die Interrail-App (Eurail/Interrail Rail Planner für Android [17] und Eurail/Interrail Rail Planner für iOS [18]). Hier können Sie Fahrten dauerhaft bestimmten Trips zuordnen. Zusätzlich gibt es eine aufbereitete Karte der befahrenen Strecken sowie passende Statistiken.

Der Clou ist aber, dass die Interrail-App dank Offline-Fahrplandaten auch ohne Netzverbindung funktioniert. In Regionen mit löchrigem Mobilfunknetz ist das ein großer Vorteil gegenüber zahlreichen anderen Fahrplan-Apps. Achten Sie aber darauf, dass die Auskünfte im Offline-Betrieb auch aktuell sind. Zudem sollten Sie sicherstellen, dass die gesuchte Verbindung sich für das 9-Euro-Ticket eignet. Denn die App behandelt Fernverkehrsverbindungen bevorzugt und bietet keine Option, die Treffer auf Nahverkehrsverbindungen zu beschränken.

Wollen Sie das Ziel lieber mit dem Finger auf der Landkarte suchen, bieten sich dafür Apple Maps und Google Maps an. Diese Kartendienste bieten neben der üblichen Karten- auch eine Satellitenansicht, mit der sich sehenswerte Altstädte, Parks und andere touristische Ziele entdecken lassen. Die passende Verbindung dorthin finden Sie auf Knopfdruck über die Routenfunktion.

Den Ausflug nach Sylt können Sie mit Google Maps und anderen Kartendiensten planen. Der Vorteil: Sie können sich von Tür zu Tür navigieren lassen. Der Nachteil: Fernverkehrszüge werden bei der Verbindungssuche bevorzugt.

Der wichtigste Vorteil gegenüber dem DB Navigator ist die Navigationsfunktion. Apple Maps und Google Maps bringen Sie auch in Ihnen unbekannten Regionen schnell und sicher zur Haltestelle oder zum Bahnhof. Allerdings fehlt beiden Kartendiensten eine wichtige Funktion: Sie können die Verbindungssuche nicht auf den Nahverkehr beschränken. Achten Sie deshalb penibelst darauf, dass nur solche Verkehrsmittel enthalten sind, in denen die günstige Fahrkarte anerkannt wird. Außerdem sollten Sie sich im Zweifelsfall vergewissern, dass die Fahrplandaten aktuell sind.

Möchten Sie in erster Linie herausfinden, welche Orte überhaupt per Schiene zu erreichen sind, bietet sich Openrailwaymap [19] an. Der Dienst unterscheidet Strecken anhand verschiedener Kriterien, nennt Bahnhöfe und Haltepunkte, Strecken- und Liniennummern. Der größte Vorteil: Interessieren Sie sich vorwiegend für sehenswerte Eisenbahnstrecken, werden Sie hier schnell fündig. Allerdings enthält Openrailwaymap weder Routenplanung noch Fahrplandaten.

Auch Streckennetzpläne – auch als Netzspinnen bezeichnet – helfen bei der Planung. Derartige Streckenpläne für die Eisenbahn bietet die Deutsche Bahn [20] getrennt nach Bundesländern. Sie enthalten auch Strecken, die Mitbewerber bedienen. Pläne, die Busse und Straßenbahnen – oder Stadt- und U-Bahn – berücksichtigen, bieten die entsprechenden Verkehrsverbünde an.

Für welche Verbindungen das 9-Euro-Ticket gültig ist, bewerben die teilnehmenden Verkehrsunternehmen sehr deutlich. So heißt es beim GVH beispielsweise "Günstig unterwegs im Nahverkehr", bei der Deutschen Bahn "Für 9 Euro fahren Sie einen Monat lang im Juni, Juli oder August im Nahverkehr durch ganz Deutschland". Der Begriff Nahverkehr ist dabei der entscheidende. Denn er stimmt nicht – zumindest nicht uneingeschränkt.

Wie kompliziert es werden kann, zeigt die IC-Linie 56, die unter anderem Hannover mit Bremen und Norddeich verbindet. Auf dem Abschnitt Bremen Hauptbahnhof und Norddeich Mole akzeptiert die Deutsche Bahn neben Fernverkehrs- auch Nahverkehrsfahrkarten. Auf dem entsprechenden Streckenplan [21] ist dieser Abschnitt als "InterCity (Anerkennung Nahverkehrsfahrkarten)" gekennzeichnet. Steigen Sie aber mit Ihrem 9-Euro-Ticket in Bremen ein, sind Sie Stand 23. Mai 2022 ohne gültige Fahrkarte unterwegs. Denn in den Tiefen der Verbindungsdetails versteckt die Deutsche Bahn den Hinweis, dass das 9-Euro-Ticket auf dieser Verbindung nicht gültig ist. Im gleichen Absatz folgt dann: "Alle Nahverkehrsfahrkarten werden anerkannt". Was nun gilt, konnte die Deutsche Bahn auf Nachfrage nicht erklären.

Zur Gültigkeit des 9-Euro-Tickets gibt es widersprüchliche Aussagen seitens der Deutschen Bahn. Und die versteckt das Unternehmen auch noch in den Tiefen der Verbindungsdetails.

Eine ähnliche Konstellation gibt es auf der Gäubahn – eine Strecke zwischen Stuttgart und Konstanz. Das zuständige Verkehrsministerium Baden-Württemberg war sich unmittelbar vor dem Start unsicher bezüglich der Gültigkeit. Auf Nachfrage hieß es von Verkehrsminister Winfried Herrmann: "Mein Ziel ist eine fahrgastfreundliche Lösung. Wir führen deshalb Gespräche mit der Deutschen Bahn. Zu gegebener Zeit werden wir die Ergebnisse kommunizieren." Am Mittwochabend hieß es in einer Mitteilung des baden-württembergischen Verkehrsministeriums schließlich: "Verkehrsminister Winfried Hermann und Thorsten Krenz, Konzernbevollmächtigter der Deutschen Bahn für das Land Baden-Württemberg, haben sich am Mittwochnachmittag darauf verständig, dass das Neun-Euro-Ticket auch auf der Gäubahnstrecke zum Bodensee gilt.”

Update

Wir haben im oben stehenden Absatz die Stellungnahme des baden-württembergischen Verkehrsministeriums zur Regelung auf der Gäubahn zwischen Stuttgart und dem Bodensee ergänzt.

Update

Auf einigen Linien verkehren Regionalzüge mit Intercity-Garnituren, aber ohne Intercity-Zugnummer. Diese von DB Fernverkehr betriebenen Verbindungen werden auf bahn.de und im DB Navigator als Nahverkehrszüge ausgewiesen. Stand 31. Mai gilt das 9-Euro-Ticket hier aber nicht. Zu den entsprechenden Linien gehören unter anderem der RE24 und RE32 in Bayern. Auf Nachfrage verwies die Deutsche Bahn auf laufende Verhandlungen zu Intercity-Zügen mit Nahverkehrsanerkennung.

Anders sieht es wiederum aus, wenn es sich um eine abonnierte Monats- oder Jahreskarte handelt, deren Geltungsbereich Fernverkehrszüge einschließt. So gibt es im Bereich des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg einzelne Fernverkehrsabschnitte, die VBB-Abonnenten nutzen dürfen. In den Monaten Juni, Juli und August dürfen sie das auch weiterhin, allerdings nur im Umfang des Abos und nicht im Sinne der Umwandlung in ein 9-Euro-Ticket.

Einen Anhaltspunkt, auf welchen Strecken Sie im Vorfeld verbindliche Informationen bei der Deutschen Bahn einholen sollten, bietet die Übersicht "Anerkennung von Nahverkehrstickets in Intercity-Zügen [22]". Hier sind einige der fraglichen Abschnitte optisch hervorgehoben.

Mancher Verkehrsverbund reicht auch ins Ausland. Insbesondere der VBB hat attraktive Routen, die etwa nach Polen führen. Szczecin (Stettin), Kostrzyn (Küstrin), Wrocław (Breslau), Słubice und die Altstadt von Zielona Góra (Grünberg in Schlesien) sind etwa direkt mit VBB-Nahverkehrs-Fahrscheinen aus Berlin erreichbar. Drei der Städte haben sogar VBB-Tarifzonen. Im Falle von Szczecin und Grünberg in Schlesien gelten VBB-Fahrscheine sogar im Stadtverkehr.

Allerdings gilt für diese Routen die gleiche Ausnahme wie für die Nutzung von ICs und ICEs: Im Rahmen einer Abo-Karte, die die polnischen Regionen abdeckt, können Sie entsprechende Verkehrsmittel nutzen. Im Rahmen des 9-Euro-Tickets aber nicht. In letzterem Fall benötigen Sie Anschlussfahrkarten ab dem letzten deutschen Bahnhof. Die Kosten liegen hier bei 2 bis 3 Euro.

Update

Eine Ausnahme für Polen ist die Fahrt mit der Usedomer Bäderbahn. Hier können sie das 9-Euro-Ticket auch zwischen Seebad und Świnoujście (Swinemünde) nutzen. Die Deutsche Bahn warnt im Navigator aber vor hoher Auslastung.

Dass es auch kundenfreundlich – oder besser gesagt unbürokratisch geht –, zeigt das Saarland. Der Verkehrsverbund SaarVV verweist darauf, dass der grenzüberschreitende Verkehr mit dem 9-Euro-Ticket zumindest auf bestimmten Strecken möglich ist [23]. So können Sie beispielsweise ohne Aufpreis mit der S1 nach Sarregueminesin (Saargemünd) in Frankreich fahren.

Für Fahrten ins angrenzende Luxemburg ist hingegen ein Umweg nötig – über den Verkehrsverbund Region Trier (VRT). Dort heißt es: "In Bussen der grenzüberschreitenden VRT-Buslinien (410, 455, 460) gilt das 9-Euro-Ticket, ebenso im Zug nach Luxemburg [24]." Hinzu kommen die zwischen Trier und Luxemburg verkehrenden Nahverkehrszüge der luxemburgischen Gesellschaft CFL. Und da der Nahverkehr im Großherzogtum grundsätzlich kostenlos ist, kommen Sie nicht nur kostenlos dorthin, sondern können die Region auch gleich per ÖPNV erkunden.

Ein ähnliches Beispiel: Vom Gebiet des Verkehrsverbunds Lörrach (RVL, Regio Verkehrsverbund Lörrach), das an die Schweiz grenzt, können Sie mit der S6 bis Basel SBB fahren [25]. Wichtig ist dabei nur, dass Sie zwischen den Stationen Baseler Badischer Bahnhof und Basel SBB tatsächlich diese Linie und nicht die Straßenbahn nutzen. Denn letztere ist für das 9-Euro-Ticket nicht freigegeben.

Von Lörrach aus können Sie mit dem 9-Euro-Ticket bis Basel fahren. In anderen Verkehrsverbünden ist ein derartiger grenzüberschreitender Verkehr nicht vorgesehen.

Fahrten nach Österreich sind ebenfalls möglich. Das 9-Euro-Ticket ist aber auf den Strecken Freilassing - Salzburg und Kiefersfelden - Kufstein gültig. Zur Strecke Pfronten - Griesen, die teilweise durch Österreich verläuft, heißt es: Zulässig ist lediglich der Verkehr von und nach Deutschland, nicht aber der innerösterreichische Binnenverkehr.

Grundsätzlich gilt besondere Vorsicht bei Fahrten ins Ausland. Informieren Sie sich gründlich, im besten Fall beim betroffenen deutschen und ausländischen Verkehrsverbund. Wollen Sie das 9-Euro-Ticket nur für die Fahrt bis an die Grenze nutzen und ab dort eine reguläre Fahrkarte verwenden, sollten Sie einen hohen Aufwand einplanen. Denn Bahnhöfe in Grenznähe werden oftmals nur von Nahverkehrs- oder Regionalzügen bedient, entsprechend können Sie die Fahrt in Richtung Ausland auch nur mit entsprechenden Zügen fortsetzen.

Wollen Sie stattdessen auf deutscher Seite in den Fernverkehr wechseln, können Sparpreise der Deutschen Bahn günstiger als die Tarife im Ausland sein. Das gilt hauptsächlich für Fahrten nach Frankreich (SNCF) und in die Schweiz (SBB). In einem solchen Fall buchen Sie die Fahrkarte einfach ab Ihrem Heimatbahnhof. Ein Preisvergleich lohnt sich.

Gänzlich unumstritten ist das 9-Euro-Ticket nicht. Denn während Experten mit deutlich mehr Fahrgästen als üblich rechnen, steigt die Kapazität im ÖPNV nicht oder nur in einem (zu) geringen Umfang. Schließlich soll der reduzierte Preis nicht Autopendler in Bus und Bahn locken. Auch die Zahl touristischer Fahrten wird mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit spürbar steigen – die Diskussion rund um Sylt steht exemplarisch für die Befürchtungen [26].

Um überfüllte Züge zu meiden, sollten Sie ein paar grundsätzliche Punkte beherzigen. Während typische Pendlerverbindungen wochentags eher morgens und nachmittags gut ausgelastet sein dürften und sich hier deshalb eher Fahrten am Wochenende anbieten, sieht es bei eher touristisch geprägten Routen anders aus. Am Dienstagmorgen wird der Zug vermutlich leerer als am Samstag sein. Ebenso sollte Sie versuchen, so früh wie möglich aufzubrechen. Nicht jeder möchte vor dem Morgengrauen in den Zug steigen. Und im Zweifelsfall haben Sie einen Puffer, falls Sie aufgrund von Überfüllung auf den nächsten Zug warten müssen.

Google Maps bietet in den Apps eine Auslastungsprognose für den ÖPNV. Die Aussagekraft ist aber eher vage.

Eine Echtzeitauslastung, die zuverlässig vor überfüllten Verbindungen schützen würde, gibt es nicht. Zwar informiert die Deutsche Bahn auf ihrer Webseite und im DB Navigator über die erwartete Auslastung der angezeigten Verbindungen, schränkt dies aber auf Fernverkehrszüge ein.

Google Maps bietet eine derartige Prognose, die aber auf die App-Versionen des Dienstes beschränkt und gut versteckt ist. Denn die Anzeige ist nicht in der Verbindungsansicht zu finden. Stattdessen müssen Sie den Startbahnhof oder die Starthaltestelle anklicken. Damit rufen Sie die Übersicht der nächsten Abfahrten mitsamt der erwarteten Auslastung auf. Wie aktuell diese Daten sind, ist nicht bekannt. Die Erfahrung zeigt aber, dass es eine sehr grobe Schätzung ist, die vor allem auf typischen Pendlerstrecken nicht viel mit der Realität gemeinsam hat.

Das 9-Euro-Ticket lohnt sich aber nicht nur, um per Zug durch Deutschland zu fahren. Denn es deckt auch zahlreiche Busverbindungen ab. Die werden spätestens dann interessant, wenn der Zielort nicht an die Schiene angeschlossen ist. Dabei muss es sich nicht unbedingt um kleine Dörfer handeln, wie die Stadt Herten zeigt. Die zählt fast 63.000 Einwohner und ist nur per Bus zu erreichen.

Grundsätzlich können Sie davon ausgehen, dass Linienbusse – ebenso wie übrigens Straßen-, Stadt- und U-Bahnen – vom 9-Euro-Ticket abgedeckt werden. Sonderlinien, wie Rufbusse oder Anrufsammeltaxis (AST) können aber mit Zuschlägen verbunden sein. Gleiches gilt für einige Flughafenbusse wie die Linie 127 zum Flughafen Rostock, die BER-Linien zum Berliner Flughafen oder den Airliner von Darmstadt zum Flughafen Frankfurt am Main.

Viele Verkehrsverbünde schließen Rufbusse und Anrufsammeltaxis vom 9-Euro-Ticket aus. Über die Ausnahmen, wie im Fall des Sprinti in der Region Hannover, informieren lediglich die jeweiligen Verbünde.

(Bild: GVH)

Kompliziert wird es, wenn es innerhalb eines Verbunds vergleichbare Angebote verschiedener Anbieter gibt. So verkehren im Bereich des GVH in Hannover zwei unterschiedliche On-Demand-Flotten im Stil von Rufbussen. Während die VW-Tochter Moia sich dabei im Wesentlichen auf das Stadtgebiet Hannover konzentriert und das 9-Euro-Ticket nicht akzeptiert, ist die Sprinti-Flotte nur in Außenbereichen des Verkehrsverbunds unterwegs. Hier gilt die günstige Fahrkarte wiederum.

Wollen Sie volle Züge meiden und deshalb nicht nach Sylt, sondern auf eine andere deutsche Insel fahren, müssen Sie zumindest auf dem letzten Teilstück der Reise mit Mehrkosten rechnen. Denn nur auf wenigen Fährverbindungen gilt das 9-Euro-Ticket. Dazu gehören Strecken, die fester Bestandteil eines Verkehrsverbunds sind, wie die F-Linien in Berlin oder die Hafen-Linien der HADAG in Hamburg [27].

In Mecklenburg-Vorpommern akzeptieren einige Fähren das Ticket, ausgerechnet die nach Hiddensee aber nicht. Die Begründung des zuständigen Ministeriums: Die Fähre erfüllt keine Beförderungsfunktion, die mit dem ÖPNV vergleichbar sei [28]. Makaber daran: Ausgerechnet die Bevölkerung der autofreien Insel Hiddensee wird durch das Entlastungspaket deswegen nicht entlastet.

Ist der Weg das Ziel, kann das 9-Euro-Ticket eine günstige Möglichkeit zum Entdecken interessanter Nebenbahnen sein. Vor allem dann, wenn es sich um Strecken handelt, die vor dem Aus stehen oder deren Aus bereits beschlossen ist.

Dazu gehört im Raum Berlin-Brandenburg etwa die Regionalbahnlinie RB63 zwischen Eberswalde und Templin via Joachimsthal. Der Nordabschnitt wird zum Dezember 2022 eingestellt. Dieses Jahr dürfte somit die letzte Chance sein, die Schorfheidebahn in seiner vollen Länge zu erleben. Ein weiteres Beispiel ist die Erreichbarkeit durch Saisonbahnen. Plau am See wird etwa nur noch von Mecklenburg-Vorpommern per Schiene angebunden (Südbahn). Die RB19 und RB15 fahren während des Sommers, obwohl Saisonverkehr, als ÖPNV, sind also vom 9-Euro-Ticket abgedeckt. Beachten sollten Sie jedoch, dass der Linienverkehr nur am Wochenende und an Feiertagen stattfindet [29]. Selbst an Freitagen gibt es nur einige wenige Fahrten.

Bedroht ist auch der Betrieb der Krebstalbachbahn. Auf der 17 Kilometer lange Strecken zwischen Neckarbischofsheim und Hüffenhardt verkehren alte Schienenbusse. Da der Betrieb zum Verkehrsverbund Rhein-Neckar gehört, gilt das 9-Euro-Ticket auch hier. Gesichert ist hingegen der Fortbestand der Gräfenbergbahn. Die Nürnberg und Gräfenberg verbindende Strecke wurde bereits 1903 in Betrieb genommen und führt durch sehenswerte Landschaften.

Auch wenn viele Regeln zunächst abschreckend wirken: Das 9-Euro-Ticket lohnt sich. Nicht nur als Entlastung, sondern auch als großes Experiment und Zeichen, dass der Nahverkehr angenommen wird. ÖPNV-Pendler profitieren von rabattierten Fahrten, alle anderen kommen für wenig Geld endlich (wieder) in Kontakt mit Bus und Bahn.

Überfüllte Züge werden sich nicht vermeiden lassen. Doch wenn Sie unsere Tipps berücksichtigen, lässt sich das Risiko minimieren. Für touristische Fahrten können Sie Tagesrandzeiten unter der Woche wählen, Pendler kennen in der Regel Ausweichstrecken, die weniger stark frequentiert sind.

Für den Staat kann sich das 9-Euro-Ticket als eine wichtige Mahnung entpuppen. Wird es gut angenommen – und davon ist auszugehen –, kann das ein weiterer Impuls für einen schnelleren und stärkeren Ausbau sein. Auf jeden Fall zeigt es aber schon jetzt, dass die Bürokratie im öffentlichen Personennahverkehr überbordend ist. Das belegen widersprüchliche Aussagen zur Gültigkeit sowie das Klein-Klein rund um den grenzüberschreitenden Verkehr.

(pbe [30])


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[1] https://www.heise.de/hintergrund/LTE-Ausbau-Wie-die-GSM-R-Haertung-das-Surfen-im-Zug-verbessert-7242700.html
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[4] https://www.heise.de/hintergrund/Einfach-einsteigen-6337841.html
[5] https://www.heise.de/hintergrund/Bahn-Die-Nebenstrecke-kehrt-zurueck-4993099.html
[6] https://www.heise.de/tests/Alternativen-zum-DB-Navigator-Sechs-Mobilitaets-Apps-im-Vergleich-4572514.html
[7] https://www.bahn.de/angebot/regio/9-euro-ticket
[8] https://www.heise.de/news/Neun-Euro-Ticket-Deutsche-Bahn-verkaufte-bisher-200-000-Flatrate-Tickets-7103228.html
[9] https://www.gvh.de/der-gvh/aktuelles/aktuelle-meldungen/9-euro-ticket-auch-im-gvh/
[10] https://www.vbb.de/tickets/sondertickets/9-euro-ticket/regelungen-fuer-abonnements/
[11] https://www.nah.sh/
[12] https://www.nah.sh/de/fahrkarten/aktionsangebote/9-euro-ticket/
[13] https://www.vmt-thueringen.de/tickets/tickets-und-tarife/naehere-informationen-zu-unseren-angeboten/9-euro-ticket/#a3784
[14] https://play.google.com/store/apps/details?id=de.hafas.android.db&hl=de&gl=de
[15] https://apps.apple.com/de/app/db-navigator/id343555245
[16] https://www.bahn.de/
[17] https://play.google.com/store/apps/details?id=org.eurail.railplanner&hl=de&gl=de
[18] https://apps.apple.com/de/app/eurail-interrail-rail-planner/id579547877
[19] https://www.openrailwaymap.org
[20] https://www.bahn.de/service/fahrplaene/streckennetz
[21] https://assets.static-bahn.de/dam/jcr:9e72c359-92ca-4349-a1d1-b81a0a113dc9/230919-308944.pdf
[22] https://www.bahn.de/service/individuelle-reise/bahn_und_fahrrad/nahverkehrsfreigabe
[23] https://saarvv.de/ticket/9-euro-ticket/#1652185096494-00a3e21d-0c8a
[24] https://www.vrt-info.de/news/energie-entlastungspaket-infos-zum-9-fuer-90-oepnv-ticket-2022
[25] https://rvl-online.de/9-euro-ticket/#1652342141969-d4710246-7f56
[26] https://www.heise.de/news/9-Euro-Ticket-Verbraucherschuetzer-warnen-vor-falschem-Zeitpunkt-7090136.html
[27] https://hadag.de/de/linien/
[28] https://www.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/Neun-Euro-Ticket-Einige-Faehren-in-MV-ausgeschlossen,nahverkehr376.html
[29] https://www.odeg.de/fileadmin/user_upload/Unternehmensseite/linien-fahrplaene/liniennetz-fahrplaene/WEB_RB15_RB19_MAR2022_296x240_x76498.pdf
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