Also-Actebis Merger: Ein "guter" Schritt zur Konsolidierung der Distribution

Actebis, Also und deren Eigner sehen sich mit der angekündigten Fusion auf dem richtigen Weg. Im Channel gehen die Einschätzungen dazu jedoch auseinander. Während der Handel zumindest keine negativen Folgen erwartet, gewinnen Hersteller wie IBM und Fujitsu der Fusion auch Positives ab.

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Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Matthias Parbel
Inhaltsverzeichnis

Während die Verantwortlichen bei Actebis, Also und deren Investoren den geplanten Zusammenschluss der beiden Distributoren als Meilenstein auf dem Weg an die Spitze des europäischen IT-Großhandels feiern, zeichnet sich im Channel ein vielschichtiges Echo zur Megafusion ab, das von Zweifeln über gleichgültiges Abwarten bis zu genereller Zustimmung reicht. Die Schweizer Schindler Holding, als derzeit noch Mehrheitseigner der Also Holding AG, eröffnet dem Distributor mit diesem Schritt ganz neue Zukunftsperspektiven und Actebis-Gesellschafter Droege hat offensichtlich einen willkommenen und eleganten Weg gefunden, den Soester Distributor an die Börse zu bringen.

Begrüßt die Konsolidierung: Gerhard Hundt, Geschäftsführer, Avnet TS

(Bild: Avnet)

Nach dem sich erst kürzlich Avnet den Konkurrenten Bell Microproducts einverleibt hat, setzt sich die Konsolidierung in der Distributionslandschaft weiter fort. Für Gerhard Hundt, Geschäftsführer von Avnet Technology Solutions in Nettetal, ist das durchaus "eine gute Nachricht für die Branche", wie er im Gespräch mit heise resale betont. Denn damit werde die notwendige Konsolidierung der Distribution fortgeführt – und die sollte seiner Ansicht nach auch nicht vor den Großen unter den Grossisten halt machen. "Wir haben derzeit vier Broadliner in Deutschland, wenn ich Also als Fokusdistributor in die Gruppe einreihe. Das sind – auch wenn Deutschland den größten Binnenmarkt in Europa repräsentiert – im Grunde zu viele Broadliner". Darum ist für Hundt ein solcher Zusammenschluss positiv zu betrachten, "zumal die Schindler Holding schon seit rund eineinhalb Jahren versucht Also zu verkaufen".

Aber auch unter dem Aspekt, dass sich hier – quasi als Gegenpol zu den aus den USA bestimmten Konzernen Ingram Micro und Tech Data – ein europäischer Großdistributor entwickeln soll. "Vor allem dann, wenn Also/Actebis noch einen weiteren Distributor ins Boot holt", fügt er hinzu und begründet dies damit, "dass es Gerüchte gibt, wonach der italienische Distributor Esprinet ein Kandidat sein könnte". Im Rahmen der Fusionsankündigung hatten sowohl Also-Chef Thomas C. Weissmann als auch Actebis-Vorstand Klaus Hellmich eine weitere Expansion nicht ausgeschlossen. Immerhin würde der neue Großdistributor damit in zwei weiteren wirtschaftlich interessanten Regionen Fuß fassen können, in denen weder Also noch Actebis bisher vertreten sind: Italien und Spanien. Im Heimatland Italien dominiert die Esprinet Group mit einem Gesamtumsatz von rund 2,1 Milliarden Euro als Nummer eins, in Spanien rangiert der Grossist immerhin auf Platz drei.

Sieht eine echte Win-Win-Situation: Doris Albiez, Channel-Chefin, IBM

(Bild: IBM)

Ob allerdings der neue Distributionskonzern in der Value Add Distribution eine wesentliche Rolle spielt, kann sich ATS-Chef Hundt nicht vorstellen. "Also kann ich nicht als VAD sehen. Deren Schwerpunkt liegt eher im Retail. Actebis wiederum investiert zwar enorm viel in Value Add, aber bislang ohne großen Erfolg. Wir spüren jedenfalls nichts davon". Als echte Win-Win-Situation stuft hingegen IBM-Channel-Chefin Doris Albiez den Zusammenschluss von Also und Actebis ein: "Wenn die richtigen Partner zusammenarbeiten und so Synergien für das Lösungsportfolio schaffen, ist das aus unserer Sicht immer positiv – für die Partner und für IBM", erklärte sie gegenüber heise resale. Etwaige Einsparungsmaßnahmen, die sich durch eine geringere Zahl zu betreuender Distributoren ergeben, seien dabei sogar nebensächlich, ergänzte Albiez.

Genau in diesem Punkt sieht hingegen Jörg Brünig, Senior Director Channel Germany bei Fujitsu Technology Solutions, durchaus positive Effekte für den Hersteller: "Die Aufwände für die Lagerbewirtschaftung werden geringer – die kritischen Mengen gehen nach oben und damit reduzieren sich die Risiken", unterstreicht er im Gespräch mit heise resale. Grundsätzlich stehe Fujitsu derartigen Fusionen jedoch neutral gegenüber, so lange kein Distributor sich eine marktbeherrschende Position verschaffen könne. Entscheidend sei letztendlich auch nicht die Zahl der Distributoren – für IBM spiele neben einer "guten Channel-Coverage" vor allem die "Qualität in der Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Partnern" die entscheidende Rolle, betont Albiez. So lange der Großhändler das "Verständnis für die Landesorganisation und die landestypischen Verkaufsmuster" mitbringe, sei auch unerheblich, ob der Distributor rein europäische oder US-amerikanische Wurzeln habe, ergänzt die IBM-Channel-Chefin.

Hofft auf geringere Risiken bei der Lagerbewirtschaftung: Jörg Brünig, Senior Director Channel, Fujitsu TS

(Bild: Fujitsu)

Während sich Spezial-Distributoren wie Avnet offensichtlich noch keine großen Sorgen um den neuen Multi machen müssen, sieht es bei Grossisten aus der zweiten Reihe, also mit Umsätzen zwischen 200 und 350 Millionen Euro, schon anders aus. Für Distributoren wie beispielsweise Api, B.Com, Devil, Wave oder auch andere, könnte "die Luft dünner werden", glaubt Avnet-Chef Hundt. Denn die drei Konzerne, Also/Actebis, Ingram Micro und Tech Data, sind theoretisch in der Lage, alle Kundenwünsche zu erfüllen. Außerdem stellen sie aufgrund ihrer Größe und ihrem europaweiten Wirkungsgrad gegenüber den Herstellern eine nicht zu unterschätzende Einkaufsmacht dar. Da fließt sicherlich viel Herstellergeld in die Kassen der drei Multis, von dem die anderen Distributoren gern etwa abhaben wollen. "Der Positionsbedarf aber auch der Konsolidierungsbedarf wird gerade bei diesen Distributoren in Zukunft sichtbarer werden", führt Hundt weiter aus.

Bleibt skeptisch: Andreas Wenninger, COO, Synaxon AG

(Bild: Synaxon)

Auf Seiten der Retailkunden, wie beispielsweise bei den Fachhandelskooperationen und Verbundgruppen, lautet im Hinblick auf die möglichen Auswirkungen der Fusion derzeit die Parole "abwarten". Andreas Wenninger beispielsweise hatte bis zum Zeitpunkt des Gesprächs mit heise resale "noch nichts Neues gehört, das uns mehr Informationen geliefert hätte, als die Medien wie Heise schon gemeldet hatten". Und das, obwohl der Vorstand und COO der Synaxon AG in Bielefeld auf Einladung von Also noch am Freitag bei der Eröffnung des zweitgrößten bayerischen Volksfestes, dem Gäubodenfest, am Also-Standort Straubing war. "Wir haben für unsere Gesellschaften Akzent, iTeam, ITK-Group, Microtrend und PC-Spezialist feste Verträge mit Actebis und mit Also." Wenninger ist überzeugt, dass außer formaljuristischen Anpassungen kaum mit Veränderungen zu rechnen ist.

Grundsätzlich sei aber ein Zusammenschluss wie bei den beiden Broadlinern nicht unbedingt im Sinne einer Kooperation. "Aus einer solchen Machtkumulation können sich in einigen Bereichen neben denkbaren Vorteilen möglicherweise auch Nachteile ergeben." Und ob es in Zukunft bessere Händlerpreise gibt, daran glaubt der Synaxon-Manager nicht. "Selbst wenn ein Distributor günstigere Einkaufsbedingungen erlangen kann, ist das nicht gleichbedeutend mit besseren Einkaufspreisen für den Fachhandel."

"No Comment" lautet derzeit bei den unmittelbaren Mitbewerbern von Also/Actebis die Parole. Weder Ingram Micro noch Tech Data wollen sich zu dem Zusammenschluss und möglichen Folgen äußern. Ähnlich verhalten sich auch die mittelgroßen Distributoren. Sie beobachten das Geschehen und beschäftigen sich "ansonsten mit dem Tagesgeschäft, das wichtiger ist", wie ein Grossist gegenüber heise resale sagte. Die sollen, so der Distributor weiter, erst einmal zusammenwachsen. Das sei viel schwieriger, als es den Anschein hat.

Siehe hierzu auch den Kommentar:

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