Das lange Warten auf die Krise

Zwei aktuelle Umfragen geben die Stimmung von Wirtschaft und Verbrauchern wieder. Ergebnis: Es geht allen noch einigermaßen gut, schlechte Laune haben die Unternehmer trotzdem.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Der Ifo-Geschäftsklimaindex ist der wichtigste Indikator für die Wirtschafts-Stimmung in Deutschland und um die ist es derzeit nicht besonders gut bestellt. So ist der Ifo-Index im August zum vierten Mal in Folge gefallen. Insbesondere im Einzel- und Großhandel fällt die Beurteilung der aktuellen Geschäftslage und der Geschäftsaussichten erheblich ungünstiger aus als noch im Vormonat. Nur im verarbeitenden Gewerbe ist die Einschätzung wieder etwas besser, sie hatte schon im Juli einen starken Einbruch erlitten. Ähnliche Ergebnisse zeigen auch andere Stimmungsumfragen.

Dabei ist es um die aktuelle Lage in der deutschen Wirtschaft derzeit gar nicht so schlecht bestellt. Es ist vor allem die Angst vor der Zukunft, die den Unternehmern zu schaffen macht. So zeigen sich die meisten Gewerbetreibenden vor allem in Bezug auf ihre Geschäftsentwicklung pessimistisch. Der große Einbruch mag noch nicht da sein, aber er wird kommen, davon scheinen alle überzeugt. Investitionen werden deshalb verschoben, was die deutsche Konjunktur dann tatsächlich schwächt – ein klassischer Fall von selbsterfüllender Prophezeiung.

Nur die Verbraucher lassen sich von Debatten um Euro- und Schuldenkrisen weiterhin nicht verunsichern. Sie beurteilen ihre aktuellen wirtschaftlichen Möglichkeiten sogar deutlich besser als noch im letzten Quartal. Das ist jedenfalls das Ergebnis des aktuellen "Schuldner-Klima-Index" der Creditreform. Der Index liegt derzeit auf 110 Punkten, alles über 100 bedeutet eine entspannte Überschuldungslage. Die Verbraucher haben ihre Finanzen wieder im Griff.

Tatsächlich gaben 33 Prozent der Befragten an, ihre wirtschaftliche Lage sei gut oder sogar sehr gut. 35 Prozent sind zuversichtlich, dass die Entwicklung auch in Zukunft positiv sein wird. Damit hat die Zahl der Optimisten unter den Verbrauchern im Vergleich zur Frühjahrsumfrage sogar um 6,1 Prozent zugenommen.

36 Prozent der Befragten gaben an, dass es ihnen gelingt, regelmäßig Geld für Anschaffungen sparen zu können. Wann sie die zu tätigen gedenken, ist allerdings eine andere Frage. Denn wie der Indikator zeigt, sind die Verbraucher vor allem deshalb so entspannt, weil sie sich an die veränderten Rahmenbedingungen angepasst haben. Sie halten sich in Bezug auf ihre Ausgaben deutlich zurück. Nur noch 59 Prozent haben nach eigenen Angaben noch Kredite, offene Rechnungen oder andere finanzielle Verpflichtungen zu begleichen (Frühjahr 2012: 61,3 Prozent). Nur noch 24 Prozent planen, Kredite für weitere Anschaffungen aufzunehmen. Mit einer drastischen Verschlechterung der Überschuldungslage der Verbraucher ist also in den nächsten Monaten nicht zu rechnen. Mit einem Stimmungsaufschwung der Unternehmer allerdings auch nicht. (gs)
(masi)