Festplattenpreise weiter auf Konsolidierungskurs

Aktuell sinken sowohl die HEKs als auch VKs – zum Teil drastisch. Es spricht jedoch einiges für eine Trendwende im neuen Jahr. Der Rat an den Fachhandel lautet daher: jetzt kaufen. Für Unmut sorgen zudem die geforderte Urheberrechtsabgabe der ZPÜ sowie die Garantiekürzungen von Seagate und WD.

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Von
  • Matthias Parbel

Das Hochpreisgefüge bröckelt zwar, im neuen Jahr sollten Händler aber von steigenden HEKs ausgehen.

Aktuell tendieren fast alle HEKs wieder zum Teil sehr deutlich nach unten. Im 4-Wochen-Rückblick werden beispielsweise 2,5-Zoll-Laufwerke mit 500 GByte um bis zu 15 Prozent billiger. Mussten Reseller dafür in der KW 47 noch mindestens 90 Euro veranschlagen, sind nun wieder Drives ab 80 Euro erhältlich. Im 3,5-Zoll-Segment pendeln sich 1-TByte-Platten aktuell bei rund 90 Euro ein. Ende November mussten Fachhändler dafür noch mit zirka 107 Euro kalkulieren, die Spitze belief sich in der KW 44 auf knapp 120 Euro.

Ein anhaltender Trend sei dies jedoch nicht. "Da die Allokation wider mancher Stimmen noch bis Mitte nächsten Jahres anhalten wird, werden sich die Preise nicht nach unten bewegen", sagt Markus Harbach, Leiter Einkauf bei Wave Computersysteme. "Die momentane Situation sinkender Preise resultiert allein durch das nahende Weihnachtsfest, ab der KW 52 erwarten wir wieder steigende Preise."

"Die Preise werden sich aus unserer Sicht einpendeln", meint Bernd Breinbauer, Regional Sales Director Zentraleuropa bei Seagate Technology. "Wir gehen davon aus, dass sich im Retail die Preisspitzen abflachen, aber durchaus höhere Preise als noch im Sommer bezahlt werden. Die Endanwender waren es gewohnt, eine externe 1-TByte-Platte weit unter der 100-Euro-Marke zu kaufen. Das ist zunächst vorbei. Die Kundschaft ist zudem verunsichert, da keine einheitlichen Preisaussagen im Markt vorhanden sind. Das hat etwas mit den Lagerbeständen zu tun. Manche Händler hatten noch Bestände zu den Preispunkten wie sie vor der Flut üblich waren."

Speziell im Consumer-Geschäft zeigt sich aber, dass die Kundschaft nicht bereit ist, jeden Preis mitzugehen. Auch im heise resale Preisradar sinkt der durchschnittliche Verkaufspreis im Wochenvergleich um 8,8 Prozent auf 126,29 Euro (brutto). Der Preis der beiden meistgesuchten Festplatten (jeweils 2 TByte) fällt gegenüber der KW 47 sehr deutlich: Samsungs F4 HD204UI verbilligt sich von knapp 130 auf nun 108,50 Euro und WDs Caviar Green WD20EARS sinkt von zirka 150 auf 117,90 Euro.

Hier zeigt sich einmal mehr, die Nachfrage regelt den Preis. "Der Kaskadierungseffekt vom Hersteller über die verschiedensten Kanäle (OEM, Distributor, VAR, Online-Vermarkter, Value-Add-Integrator) nimmt manchmal bizarre Formen an", konstatiert Seagate-Manager Breinbauer. "Zu beobachten ist, dass die Preisstrategien das Kaufverhalten der Kunden reflektieren. Bei strategisch ausgerichteten Kunden ist der Preis nur eines von vielen Elementen für die Beziehung zu einem Lieferanten. Diese Kunden werden auch einen strategischen Preis einfordern und erhalten. Opportunistische Einkäufer, werden jetzt auch mit opportunen Preisen bedient." Am Ende spiele immer die Beziehung der handelnden Parteien eine große Rolle. Doch auch darauf konnte sich der Handel nicht verlassen. Mehr als ein Reseller klagte gegenüber heise resale über unzuverlässige Lieferanten.

Für weiteren Unmut sorgen die Forderung der ZPÜ nach höheren Urheberrechtsabgaben auf externe Festplatten. Je nach Plattentyp will die Verwertungsgesellschaft zwischen 5 und 34 Euro pro Gerät. Ein Unding schimpft die Branche, zumal die Abgabe rückwirkend zum 1. Januar 2008 erhoben wird. Zur endgültigen Klärung werden nun die Gerichte bemüht.

Und weil dem nicht genug ist, senken Seagate und Western Digital bei einigen Produkten auch noch die Garantielaufzeiten. Betroffen sind Seagates Desktop-Drives der Barracuda- und Barracuda-Green-Serie sowie alle 2,5-Zoll-Disks der Momentus-Familie, die ab dem 31. Dezember 2011 nur noch eine einjährige Garantie aufweisen. Auf die Barracuda-XT- und Momentus-XT-Platten gibt der Hersteller nicht mehr länger fünf, sondern nur noch drei Jahre Garantie.

WD streicht bei den Serien Caviar Blue, Caviar Green und Scorpion Blue die Garantie von drei auf zwei Jahre. Diese Regelung gilt ab dem 2. Januar 2012. Im Gespräch ist zudem künftig eine optionale, kostenpflichte Garantiezeitverlängerung anzubieten.

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Der Zeitpunkt dieser Maßnahme ist denkbar ungünstig gewählt. Ein möglicherweise zu geringer Wettbewerb war einer der Vorbehalte der prüfenden Kommissionen gegenüber den Übernahmen von Hitachi GST durch WD und Samsung durch Seagate. Nachdem die Deals nun unter Dach und Fach sind, ist es nicht unbedingt eine vertrauensbildende Maßnahme, als erste Amtshandlung die Garantiezeiten zu verkürzen. Selbstverständlich ist es auch nur ein Zufall, dass beide Hersteller dies nahezu zeitgleich verkünden. Wobei verkünden relativ zu sehen ist, denn es wurde nicht die Öffentlichkeit informiert, sondern lediglich einige OEM-Kunden.

Wie genau es mit der "Festplattenkrise" im neuen Jahr weitergeht, kann natürlich nur spekuliert werden. Die Lage bleibt sicherlich angespannt. "Unserer Meinung nach ist es nicht wichtig was kurzzeitig passiert", sagt Seagate-Manager Breinbauer. "Historisch gesehen, war der Bedarf (TAM = Total Available Market) im vierten und im ersten Quartal eines jeden Jahres fast identisch. Gehen wir von der Historie aus und den vorliegenden Forecasts, besteht auch im kommenden Quartal eine Unterversorgung. Ein zusätzliches Problem ist, dass 2012 das Chinesische Neujahr sehr früh stattfindet." Dadurch sei im Januar mit einem niedrigen Produktionsausstoß zu rechnen. Der Handel sollte daher nicht vor Sommer mit einer Entspannung rechnen.

Wave-Manager Harbach rät Resellern noch in diesem Jahr aktiv zu werden: "Die Preise sinken kurzfristig und steigen danach wieder, wer Bedarf an Festplatten hat, sollte jetzt kaufen!" (map)
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