Gegenwehr

Ein Brief von einer unbekannten Anwaltskanzlei bedeutet nur selten Gutes. Oft sitzt der Schock über die Abmahnung erst einmal tief. Mit besonnenem Handeln können negative Folgen oft abgemildert oder sogar vermieden werden.

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Lesezeit: 12 Min.
Von
  • Matthias Parbel
Inhaltsverzeichnis

Die praktische Erfahrung lehrt, dass die weitaus größte Zahl der verschickten Abmahnungen berechtigt und formal korrekt ist. Dennoch erstaunt, welche groben Patzer sich vor allem solche Anwälte leisten, denen man die mangelnde Übung im Umgang mit Abmahnungen schon im Schriftsatz deutlich anmerken kann. Aber auch derartige Abmahnungen sollte man angesichts der drohenden rechtlichen und finanziellen Folgen niemals auf die leichte Schulter nehmen. Entgegen einer weitverbreiteten Meinung führen formale Fehler in einer Abmahnung nur selten dazu, dass diese unwirksam wird. Grundsätzlich ist eine Abmahnung nicht einmal formgebunden. Sie kann auch telefonisch, per Mail oder gar mündlich "Auge in Auge" erfolgen. Da der Absender aber zumindest nachweisen muss, dass er die Erklärung ordnungsgemäß versendet hat, wählt er in aller Regel die schriftliche Abmahnung per Fax und Brief. Dabei ist nach der herrschenden Meinung unter Juristen nicht einmal ein Nachweis des Zugangs an den Empfänger erforderlich. Zu Lasten des Abgemahnten geht es daher, wenn er etwa im Urlaub weilt, das Fax unausgedruckt im Faxspeicher schlummert oder er ein Einschreiben nicht abholt. Kommt ein Fax beispielsweise nur verstümmelt an, so tut der Empfänger im eigenen Interesse gut daran, den Absender darüber zu unterrichten.

Ein typisches anwaltliches Abmahnschreiben weist zunächst auf den eigentlichen Abmahner hin, in dessen Auftrag der Anwalt handelt. Dieser Mandant sollte vollständig und unter Angabe einer ladungsfähigen Anschrift genannt sein. Nicht für die Wirksamkeit einer Abmahnung erforderlich ist nach Ansicht der meisten Gerichte die Übersendung einer unterzeichneten Anwaltsvollmacht. Die übliche Formulierung: "Eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung wird anwaltlich versichert" gilt als ausreichend. Abmahnberechtigt ist derjenige, den die gemahnte Rechtsverletzung konkret betrifft. Dies kann ein Mitbewerber sein, aber beispielsweise auch der Inhaber von Urheberrechten an rechtswidrig auf die eigene Website übernommenen Bildern oder der Adressat einer Beleidigung in einem Blog. Ebenfalls abmahnen dürfen rechtsfähige Verbände zur Förderung gewerblicher Interessen wie etwa Vereine zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs sowie Industrie-, Handwerks- und Handelskammern. Gleiches gilt unter bestimmten Voraussetzungen auch für Verbraucherverbände wie die Verbraucherzentralen. Inhaltlich muss das Schreiben zunächst die Handlung, die rechtlich angegriffen wird, möglichst detailliert und verständlich darlegen. Daran anschließen sollten sich Ausführungen dazu, warum es sich in dieser Handlung um eine Rechtsverletzung handelt und wonach sich diese juristisch beurteilt. Auf einem eigenen Blatt findet sich meist ein Vorschlag für eine Unterlassungserklärung, die in der Regel folgenden Inhalt hat: Der Abgemahnte X verpflichtet sich gegenüber dem Abmahner Y, es bei Meidung einer für jeden Fall der Wiederholung zu zahlenden Vertragsstrafe zu unterlassen, eine gewisse Handlung zu wiederholen oder zu unternehmen. Die Vertragsstrafe ist in ihrer Höhe meist so empfindlich, dass sie dem Verletzten hinreichende Sicherheit vor einem neuerlichen Verstoß bietet. Vertragsstrafen in Höhe von 5100 Euro sind in aller Regel angemessen. Alternativ zu einer fest bezifferten Summe ist auch eine Festlegung nach dem "Hamburger Brauch" zulässig: Danach darf der Abmahner die zu zahlende Strafe bei einem Verstoß selbst festlegen. Stimmt der Abgemahnte dieser Höhe nicht zu, so entscheidet ein Gericht. Oft setzen Abmahner sehr kurze Reaktionsfristen. 48 Stunden sind nicht unüblich und rechtlich meist zulässig. Der Betroffene muss aber die Möglichkeit haben, Rechtsrat einzuholen. Ist dies innerhalb der vorgegebenen Zeit nicht möglich, sollte er bei dem Abmahnenden schriftlich um eine Fristverlängerung bitten. Die Chancen, dass sich aus der formalen oder inhaltlichen Gestaltung die Unwirksamkeit einer Abmahnung ergibt, sind gering. Denkbar wäre etwa der Fall, dass ein völlig unbeteiligter Dritter abmahnt, der weder Konkurrent noch sonst irgendwie von dem Sachverhalt betroffen ist. Gleiches gilt für Verwechslungen oder eine grob falsche Darstellung des Sachverhalts, der tatsächlich den Abgemahnten gar nicht betrifft.