So funktioniert "gesundes" Wachstum

Schnelles Wachstum beeindruckt die Bank, Wettbewerber und Lieferanten, ist aber trotzdem nicht immer erstrebenswert. Wer seine Expansionsträume in die Tat umsetzen will, sollte zunächst das Fundament prüfen, auf dem seine Firma steht.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Ein schnelles Wachstum ist ein riskantes Ziel für ein Unternehmen, denn dabei besteht auch immer die Gefahr, dass das Fundament noch nicht stark genug ist, um den Höhenflug zu verkraften. Trotzdem machen viele Unternehmer immer wieder den gleichen Fehler und setzen auf Wachstum um jeden Preis. Da wird das Produkt zu Schleuderpreisen in den Markt gedrückt, nur um Marktanteile zu gewinnen. Es werden neue Filialen aus dem Boden gestampft, obwohl noch nicht mal die bestehenden Gewinne abwerfen. Und es wird wie wild fusioniert und eingekauft, als ob dies die Messlatte für den eigentlichen Erfolg wäre.

Natürlich spielt die Größe eines Unternehmens oft eine wichtige Rolle, vor allem, wenn es darum geht, Geschäftspartner zu beeindrucken. Der Einkäufer einer großen Firma kann ganz andere Konditionen fordern, als der kleine Laden um die Ecke, vermutlich wird der Kreditrahmen auch deutlich größer ausfallen und der Wettbewerb wird von der Masse sicher ebenfalls beeindruckt sein. Allerdings wird dieses Kartenhaus schnell zusammenbrechen, wenn nicht mehr als diese Größenshow dahintersteht. Denn Größe ist nicht gleich Erfolg!

Der kleine Nischenplayer kann nicht nur schneller, unbürokratischer und flexibler als das "große Schlachtschiff" reagieren, er wirft aufgrund seiner schlanken Kostenstruktur eventuell sogar mehr Gewinn ab und wird deshalb doch länger am Markt bestehen, als eine Firma, die dem schnellen Wachstum alles andere untergeordnet hat. Wachsen ist ein schönes Ziel, aber es sollte mit sehr viel Vorsicht vorangetrieben werden. Die Ausweitung der unternehmerischen Aktivitäten muss von langer Sicht geplant, bewusst gesteuert und konsequent kontrolliert werden. Dabei kommt es auf folgende Faktoren an: Finanzen, Produkte, Kunden und Mitarbeiter.

Wer seine Firma hauptsächlich mit Fremdkapital am Laufen hält und keine oder nur eine geringe Eigenkapitalquote hat, sollte sich Expansionspläne vorläufig lieber abschminken. Denn der geringste Umsatzeinbruch könnte dann das sofortige Aus für die gesamte Firma bedeuten. Vor allem für kleine und mittelständische Firmen gilt: Grundsätzlich sollte Wachstum aus eigenen Mitteln finanziert werden können, denn wer Fremdkapital dafür benötigt, liefert sich und sein Unternehmen den Kapitalgebern aus und ist außerdem nicht ausreichend für überraschende Marktveränderungen gewappnet. Fehlt das Eigenkapital für das geplante Wachstum, dann ist das ein sicheres Zeichen dafür, dass es zu früh für eine Expansion ist.

Ob eine Firma wachsen muss, hängt auch davon ab, in welchem Markt sie sich bewegt. Wer sich als "Alleskönner" gegen Anbieter wie Media Markt und Saturn positionieren will, wird nicht umhinkommen, auch ein entsprechendes Netz an Filialen aufzubauen. Denn eine kleine Firma, die das gleiche Angebot bereit hält, wird die Ware nur teurer anbieten können und daher sicherlich scheitern. Wer sich mit den Großen anlegt, darf selber nicht der Kleinste sein. Wer sich allerdings auf eine Marktlücke stürzt oder besondere Dienste für eine ausgewählte Zielgruppe anbietet, hat es auch im kleinen Format leichter im Markt, denn er hat nicht so viele und nicht so große Wettbewerber wie ein Allrounder. Wachstum durch Sortimentserweiterung macht also nur Sinn, wenn das Sortiment um Dinge erweitert wird, die nicht alle anderen auch schon haben.

Wer wachsen will, sollte sich außerdem nicht nur auf das eigene Know-how verlassen, sondern Rat von Experten einholen. Ob es nun ein Finanzexperte oder der Unternehmensberater oder ein hausinterner Controller ist: die betreffende Person sollte wissen, welche Gefahren und Risiken ein Wachstum bergen kann und auch die finanziellen Aspekte beleuchten können. Vor allem sollte diese Person nicht davor zurückschrecken, Ihnen zu sagen, dass Ihre Firma noch nicht für eine Expansion bereit ist. Ein unabhängiger Berater von Außen wird eher den Mut dazu aufbringen, als einer Ihrer Mitarbeiter. Außerdem hat ein Externer natürlich auch einen objektiveren Blick auf Ihr Unternehmen, als Sie oder Ihre Leute. Die Investition in einen solchen Berater ist also sicher eine, die sich lohnt.

Erst wenn Sie Finanzlage und Markt genau geprüft, Ihre Ziele definiert und das Gesamtpaket von einem Experten haben abnicken lassen, sollten Sie das Wachstum wirklich realisieren. Erweist sich einer der Punkte als problematisch, belassen Sie es vorläufig lieber bei Expansions-Träumen. (Marzena Sicking) / (map)
(masi)