Steuerprüfung digital

Seite 3: Die neuen Entscheidungen

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Das höchste deutsche Steuergericht, der Bundesfinanzhof, war erstmals im Rahmen von Eilverfahren mit Fragen des digitalen Datenzugriffs befasst [4]. Ein Unternehmen hatte seine Rechnungen eingescannt, in das firmeneigene EDV-System übernommen und die Originalrechnungen vernichtet. Im Rahmen einer Betriebsprüfung wollte es dem Prüfer jedoch keinen Einblick in die digitalisierten Unterlagen bieten. Stattdessen bot es an, die Rechnungen für eine Überprüfung wieder auszudrucken. Der Bundesfinanzhof widersprach. Das Unternehmen müsse dem Prüfer gestatten, die eingescannten Rechnungen am Computerbildschirm selbst anzusehen. Es könne diese Verpflichtung nicht durch eine Ersatzmaßnahme wie das Ausdrucken der Rechnungen abwenden. Vielmehr sei es so, dass es darüber hinaus nach dem Gesetz (§ 147, Abs. 5, Halbsatz 2 AO) dazu verpflichtet sei, zusätzlich Unterlagen auszudrucken, wenn der Prüfer dies verlange.

Eine deutliche Position nahm der Bundesfinanzhof auch zu der Frage ein, ob ein Unternehmer einzelne Konten sperren und so vor dem Zugriff eines Prüfers verbergen darf. Dem Rechtsstreit war eine Auseinandersetzung darüber vorausgegangen, ob Konten der Finanzbuchhaltung (hier: Drohverlustrückstellungen) überhaupt steuerliche Relevanz besäßen und ein Vertreter der Finanzverwaltung daher Einblick nehmen dürfte.

Auch hier verwies der Bundesfinanzhof den Kläger auf die Plätze. Mit der Aufbewahrungspflicht korrespondiere auch die Pflicht zur Vorlage. Würden die Unterlagen oder Konten elektronisch vorgehalten, müsse der Finanzverwaltung Einblick gewährt werden. Dies betreffe auch die Finanzbuchhaltung.

Gefolgt ist das Gericht auch nicht dem Hinweis des Klägers, die enthaltenen Daten dürfte er dem Zugriff des Staates vorenthalten, weil sie höchstens zu einer Steuerverminderung führen könnten. Der Bundesfinanzhof stellte klar, dass es nicht im Belieben eines Steuerpflichtigen stehe, den Zweck einer Außenprüfung, die Steuern "richtig" zu ermitteln, durch einzelne Maßnahmen zu torpedieren. Der Zugriff auf die EDV-Anlage beschränke sich nicht auf Daten, die steuererhöhend wirken könnten. Eine Option zur Wahl einer Höchststeuer gebe es nicht.

Der Bundesfinanzhof entschied darüber hinaus auf einem weiteren Streitfeld. Er stellte fest, dass es nicht unverhältnismäßig sei, wenn ein Betriebsprüfer Einblick in gesperrte Konten einer Finanzbuchhaltung verlange, obwohl er die begehrten Informationen auch durch indirekte Kontrollverfahren (Gegenkonten- und Belegnummernanalyse) erlangen könnte.

Im Klartext bedeutet dies, dass der Prüfer nicht auf umständliche und zeitaufwendige Prüfverfahren verwiesen werden kann, um die Daten im EDV-System mühsam zu ermitteln. Das hatte das Finanzgericht Rheinland-Pfalz noch ganz anders gesehen [2]. Vorgezeichnet sind künftige Streitigkeiten, ob die elektronisch gespeicherten Daten für die Steuerverwaltung relevant sind und daher ein Zugriff auf die Unterlagen gewährt werden muss. Heftig gestritten wird hier insbesondere in den Fällen, in denen freiwillig Kalkulationen erstellt und Listen geführt werden. Die Finanzverwaltung jedenfalls beansprucht für sich einen Überblick über die im DV-System insgesamt vorhandenen Informationen nebst Reports und Tabellen [5].