Make Magazin 1/2019
S. 82
Community-Projekte

Das magische Schaltpult

„Jede hinreichend fortschrittliche Technologie ist von Magie nicht zu unterscheiden“, schrieb einst Arthur Clarke. Mit ein wenig Elektronik und Gehirnschmalz setzen wir seine Prophezeiung um.

Das Schaltpult von unten

A uf den ersten Blick sieht das magische Schaltpult aus wie ein normales Bedienpult mit vier bunten Glühlämpchen, Kippschaltern, passend bunten Chips und wenigen Drähten. Mit einem Klick lässt sich das zugehörige Licht einschalten. Tauscht man nun zwei Lämpchen, erkennen die Schalter anscheinend den Tausch. Der blaue Schalter lässt blaues Licht erleuchten, wo auch immer das Glühbirnchen eingeschraubt ist. Auch ein Durcheinanderwürfeln der bunten Chips verwirrt unser Schaltpult nicht.

Wie bei vielen Tricks gibt es eine geheime Funktion. Die sichtbare Verdrahtung ist nur ein Teil der eigentlichen Schaltung. Die ist deutlich umfangreicher und die Schalter steuern die Glühlämpchen nicht direkt. Vielmehr liest ein Arduino Pro Micro die Schalterstellungen ein und steuert die Lampen unabhängig von ihnen. Die „Magie“ zur Ansteuerung befindet sich in der Software und im Operator – so der Steampunk-Fachbegriff – und der Reihenfolge, wie er das Pult bedient. Außerdem sind die wichtigen Schaltungsteile in einem versteckten Hohlraum untergebracht.

Statt zwei Brettern stecken gleich drei im Schaltpult.
Die Status-LED des Arduino sollte noch ausgelötet oder abgeklebt werden, damit ihr Licht später nicht den Trick verrät.
Auf dem unteren Brett wird das Batteriefach untergebracht.

Denn das obere Brett des Schaltpults ist nicht massiv, sondern besteht aus zwei Brettchen der gleichen Fläche. Zusammen sehen sie genauso aus wie das untere Brett, zwischen ihnen bauen wir aber die Elektronik ein. Die sichtbaren Teile der Holzoberflächen können nach Belieben verschönert werden. Ich habe mit Beize und Klarlack gearbeitet. Diese müssen zueinander passen, bei einer wasserbasierten Beize muss also ein lösungsmittelhaltiger Lack verwendet werden.

Neben den Holzbrettchen lohnt der Einsatz von Kupferrohren und Messingstreifen, die nicht nur für die Steampunk-Anmutung sorgen, sondern ebenfalls helfen, die Elektronik verstecken. Die Schaltung beinhaltet noch eine Besonderheit: Verwendet werden zwar 3,5V-Glühbirnchen; da die Betriebsspannung 6 Volt beträgt, sorgen die MOSFETs jedoch für die Strombegrenzung durch ein PWM-Signal am Gate.

Wie erreichen wir nun die Illusion, dass beim Vertauschen der bunten Glühbirnchen die Schalter weiter das Lämpchen mit der richtigen Farbe schalten? Ganz einfach: Der Operator teilt dies dem Mikrocontroller über die Kippschalter mit. Der Arduino speichert in seinem RAM die aktuelle Verknüpfung zwischen Schalter und Glühbirnchen in einer Tabelle. Diese Tabelle kann vom Operator geändert werden. Dafür verfügt das Schaltpult über verschiedene Modi, mit denen etwa alle Verknüpfungen zurückgesetzt werden können. Für einen überzeugenden Auftritt lohnt es sich, die Bedienung vorher ausgiebig zu üben. hch

Folientaster selbst gemacht

Mit Folientastern werden Wearable-Projekte ganz einfach interaktiv. Wir zeigen, wie sie mit wenigen Mitteln selbst hergestellt werden. Mit einem 3D-Drucker lässt sich die Produktion sogar automatisieren.

Ob interaktives Papier, biegsame Armband-Controller oder spritzwassergeschützte Prototypen – für Folientaster gibt es vielfältige Einsatzmöglichkeiten. Sie bestehen aus einem Schaltkreis, einer Trennschicht und kuppelförmigen Tastern aus thermisch verformten Polyesterfolien; sogenannte Polydomes. Die charakteristischen Knöpfe schließen bei einem Herunterdrücken den darunterliegenden Schaltkreis, da diese mit einer leitfähigen Unterseite bestückt sind.

Bereits bei der Leiterbahn gibt es verschiedene Möglichkeiten, seine Taster zu gestalten: von Schaltkreisen, die mit elektrisch leitfähigen Stiften von Hand gemalt werden, bis hin zu professionell gedruckten Schaltplänen mit spezieller Tinte. Die Trennschicht hat die Aufgabe, den Abstand zwischen Leiterbahn und Folientastern zu vergrößern. Hierzu verwenden wir eine klare PVC-Folie mit einer Stärke von 0,4mm, in die wir mit einem Schlageisen Kreise schneiden.

Die Leiterbahnschicht kann durch Kupferbänder aufgeklebt (links), mit elektrisch leitfähigen Stiften gezeichnet (Mitte) oder mittels spezieller Nano-Silber-Tinten gedruckt werden (rechts).
Um den Ziernagel zu erhitzen, haben wir ihn anstelle einer Lötspitze in einen Lötkolben geschraubt (links). Wenn der Lötkolben keine Schraubvorrichtung besitzt, so lässt sich eine günstige Spitze aufbohren und ein Nagel einschlagen (Mitte). Außerdem haben wir eine Druckerdüse eines 3D-Druckers umgebaut (rechts).
Unsere Prägemaschine besteht aus einer Acrylglasplatte, dem Arduino Mega, einem ausgedienten Schrittmotor aus einem alten Drucker, einem passenden Treiberboard und dem modifizierten Lötkolben mit Ziernagelspitze.

Eine Herausforderung sind die Polydome. Hierzu bauen wir einen Lötkolben zum thermischen Prägewerkzeug um. Ziernägel haben die ideale Größe und kuppelartige Form für unsere Taster. Wir haben die Lötspitze in einem temperaturgeregelten Lötkolben gegen einen Ziernagel ausgetauscht. Der modifizierte Kolben sollte auf etwa 100°C erhitzt und vier Sekunden senkrecht auf die Folie gedrückt werden. Für optimale Ergebnisse bedarf es etwas Übung und Feinjustierungen der Temperatur, Prägezeit und -tiefe. Wir empfehlen die 0,15mm dicke Leitz-4100-Folie.

Wer eine größere Produktion anstrebt und Zugang zu einem 3D-Drucker hat, kann mit einem Arduino Mega, einem Treiberboard und einem Schrittmotor eine Prägemaschine selber bauen. Auch der Umbau eines 3D-Druckers mit einem Ziernagel im Druckkopf oder die Kombination des Lötkolbens mit dem Make-Portalroboter MaXYposi ist möglich.

Um die Polydomes leitfähig zu machen, kleben wir Kreise aus selbstklebendem Kupferband in die Innenseiten ein. Bevor im letzten Schritt Leiterbahn, Trennschicht und Polydome verklebt werden, ist es ratsam, die korrekte Funktion mittels eines Multimeters zu überprüfen. Mit den fertigen Folientastern, Pushables genannt, lassen sich dünne und leicht zu reinigende, integrierte Bedien-Paneele bauen. Wir tüfteln damit an neuen Wearables. Maker finden auf unserer Webseite alle Dateien, die zum Bau eigener Pushables notwendig sind. hch

Time Freeze Box

Selfies mit Stil: Die Time Freeze Box macht nicht nur gute Bilder, dank zahlreicher Steampunk-Details sieht sie dabei selbst sehr gut aus.

Bild: Tim Rocholl

Eine Fotobox der ganz besonderen Art hatten sich Marc und Tim Rocholl aus dem Kieler Hackerspace Toppoint als Ziel gesetzt. Mit der Time Freeze Box haben sie das definitiv geschafft und waren auf der ersten Maker Faire im Norden ein echter Hingucker. In dem Foto-Automaten trifft moderne Technik auf stilvolle Retro-Deko.

Rund um einen Touchscreen und eine Spiegelreflexkamera haben die beiden ein Holzgehäuse gezimmert, das neben vielen Teilen aus dem 3D-Drucker auch einige Elektronik enthält. Vor allem aber besticht die Box durch die zahlreichen Steampunk-Elemente. Oben auf der Box stehen drei Nixie-Leuchten, die später einmal anzeigen sollen, wie viele Bilder an einem Abend bereits geschossen wurden. Daneben ist ein kleiner Suchscheinwerfer mit 3-Watt-LED in Orange angebracht, der 3D-gedruckt wurde.

Auf der Time Freeze Box sitzen drei Nixie-Röhren.
Für den Betrieb sind diese Röhren beziehungsweise beleuchteten Ölgemische gar nicht notwendig, sorgen aber für den nötigen Stil.
Neben der Kamera verbirgt sich im Inneren auch die Steuerung der zahlreichen verbauten LEDs. Bilder: Daniel Rohlfing

Spektakulär sehen auch die verschiedenen Röhren an der Seite der Box aus. Dafür sorgt eine Mischung aus Öl und Sägespänen in beleuchteten Farbrohren, die eigentlich über Leuchtstoffröhren gezogen werden. Durch die größeren Röhren blubbert Wasser, das von einer Pumpe im Inneren bewegt wird. Mit etwas Kupferfarbe werden auch einfache Aluminiumrohre zu Retro-Elementen. Die Einlassung auf der anderen Seite der Box ist mit Zahnrädern gefüllt: Während die untere Schicht nur Deko aus dem Steampunk-Fachhandel ist, greifen die selbstgedruckten großen Räder ineinander und sollen schlussendlich beweglich sein.

Die Arduino-Steuerung für die verschiedenen Leucht-Elemente versteckt sich im Inneren. Sie können jeweils einzeln ein- und ausgeschaltet und gedimmt werden. Als besonderer Effekt flackern die LEDs zusätzlich zufällig auf. Weitere Bilder vom Bau des Fotoautomaten gibt es auf der Toppoint-Webseite. Die 3D-Dateien zum Selberdrucken liegen auf Thingiverse zum Download bereit. Wer die Box einen Abend ausleihen möchte, kann dies ebenfalls tun. hch