MIT Technology Review 9/2017
S. 58
Horizonte
TR 50

Face++

Mit dem Gesicht durch die Tür

Das Gesichtserkennungssystem des Start-ups autorisiert in China Zahlungen, kontrolliert den Zugang zu Gebäuden und spürt Straftäter auf.

Als ich das Foyer von Face++ in einem Pekinger Vorort betrete, blitzt mein Konterfei auf einem großen Bildschirm auf, unrasiert und ein bisschen vom Jetlag gezeichnet. Da mein Gesicht zuvor in eine Datenbank aufgenommen wurde, habe ich nun automatisch Zugang zum Gebäude. Beim Rundgang durch die Büros geistert mein Gesicht über weitere Bildschirme, aus unzähligen Winkeln erfasst. Alle meine Bewegungen können so überwacht werden.

Gescannt – erkannt. Gesichtserkennung verbreitet sich in China schnell. Illustration: Yoshi Sodeoka

Automatische Gesichtserkennung existiert seit Jahrzehnten, aber erst jetzt funktioniert sie zuverlässig genug für praktische Anwendungen. Die Software vom Face++ (ausgesprochen: „Face plus plus“), einem chinesischen Start-up mit einer Bewertung von rund einer Milliarde Dollar, läuft bereits auf mehreren populären Apps. Mit Alipay, einem von mehr als 120 Millionen Chinesen genutzten mobilen Bezahlsystem, lässt sich beispielsweise Geld überweisen, indem man sich per Gesicht identifiziert. Bei Didi Chuxing, Chinas Uber, können Fahrgäste mit der Software überprüfen, ob die Person hinter dem Lenkrad wirklich ein legitimer Fahrer ist.