Die Neuerungen von Fedora 12

Seite 2: Fedora 12: Desktop und Kernel

Inhaltsverzeichnis

Fedora spielt statt Tomboy nun Gnote auf.

Die vollwertige Installations-DVD spielt als Standard-Desktop GNOME 2.28.1 auf – eine mit einigen Fehlerkorrekturen ausgestatte Variante des im September freigegebenen GNOME 2.28. Als Standard-Client für Instant Messaging dient bei Fedora nun nicht mehr Pidgin, sondern ähnlich wie bei GNOME seit Version 2.26 Empathy. Genau wie die aktuelle Version des Fedora weiter beiliegenden Pidgin bietet Empathy Funktionen zum Audio- und Video-Chat.

Statt der auf Mono aufsetzenden Notiz-Software Tomboy installiert Fedora dessen C++-Portierung Gnote – der Desktop-Spin kommt dadurch ohne den immer wieder für Diskussionen sorgenden Mono-Stack aus. Der Gnote-Entwickler hat die Arbeit an dem Programm allerdings
zwischenzeitlich eingestellt; bislang hat sich noch niemand der weiteren Pflege der Software angenommen, sodass deren Zukunftsaussichten derzeit wohl als düster einzustufen sind.

Matthias Clasen erläutert in einem Interview zahlreiche weitere, vorwiegend für GNOME umgesetzte Neuerungen im Desktop-Bereich – darunter einige in einem Blogeintrag des Red-Hat-Mitarbeiters gezeigte Änderungen an der Darstellung von Tooltips, Icons oder dem Datei-Dialog. Die größeren Abstände zwischen Panel-Applets- und -Icons und der Verzicht auf Icons in manchen Menüs sind allerdings nicht bei allen Anwendern gut angekommen, daher verraten die Release-Notes, wie man das alte Verhalten wiederherstellt.

Den bei Fedora 11 neu eingeführten Audio-Mixer für GNOME überarbeiteten die Entwickler, um das reichlich kritisierte Programm attraktiver zu machen. Auch das von der Mixer-Software genutzte und ebenfalls viel gescholtene PulseAudio erweiterten die Fedora-/Red-Hat-Entwickler um zahlreiche Neuerungen – darunter Unterstützung für UPnP MediaServer, Event-Sounds mit Surround-Audio, optimierte Handhabung von Bluetooth-Hardware sowie Vereinfachungen zum Weiterleiten der Audio-Ausgabe an andere Systeme.

KDE liegt in der Version 4.3.2 bei – das ist keine echte Neuerung im Vergleich zu Fedora 11, denn diese ursprünglich mit KDE 4.2 ausgelieferte Distribution bekommt die neuere KDE-Version bereits seit einigen Wochen als reguläres Update nachgeliefert. Statt des Backends für Xine nutzt Phonon nun standardmäßig Gstreamer.

Die Fedora-Entwickler haben zudem die Desktop-Oberfläche von Moblin in die Paketdepots eingepflegt. Dieses Vorhaben wurde maßgeblich von Peter Robinson vorangetrieben, der auch an einem Remix mit Moblin arbeitet. Dank Aufnahme von libtheora in der Version 1.1 bringt Constantine zudem Unterstützung für den Open-Source-Videocodec Thusnelda mit. Er soll deutliche Qualitäts- und Geschwindigkeitsvorteile gegenüber Version 1.0 bringen und Ogg Theora zu einer zeitgemäßen Kodiereffizienz verhelfen.

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Spins, Remixe und Co.

Eine offizielle, vom Projekt abgesegnete und für bestimmte Einsatzzwecke abgestimmte Distribution zum Start von CD, DVD oder USB-Stick auf Basis der Fedora-Pakete bezeichnet das Projekt als Spin. Mit einem solchen lässt sich Fedora nicht nur ausprobieren oder installieren, sondern ähnlich wie eine auf der Festplatte installierte Distribution oder Knoppix normal benutzen.

Der Desktop-Spin von Fedora enthält beispielsweise eine auf gängige PC-Anwender abgestimmte Software-Ausstattung mit dem GNOME-Desktop, verzichtet aber aus Platzgründen auf OpenOffice; die KDE-, LXDE- und XFCE-Spins von Fedora sind auf einen ähnlichen Benutzerkreis abgestimmt, nutzen jedoch die jeweils namens-gebende Desktop-Oberfläche. Die genannten Spins liegen alle als CD-ISO-Image vor; Spins wie "Games" oder "Education" sind hingegen für DVDs mit mehr Kapazität ausgelegt. Seit Fedora 12 lassen sich Spins auch mit Programmen wie "dd" auf USB-Stick übertragen. Am besten erledigt man den Transfer jedoch mit dem für Linux und Windows erhältlichen und schon für frühere Fedora-Versionen verfügbaren liveusb-creator, denn er legt auf Wunsch einen beim Start des Spins eingebundenen Speicherbereich an, um dort alle während des Betriebs geschriebenen Daten abzulegen – etwa Dokumente sowie nachinstallierte oder aktualisierte Software.

Mit den keineswegs auf die Erstellung von CDs beschränkten Programmen der livecd-tools und passenden Kickstart-Dateien lassen sich Distributionen auf Fedora-Basis und einer individuellen Paket-Auswahl relativ einfach selbst erzeugen. Solche Distributions-Images dürften jedoch die geschützten Fedora-Markenzeichen nicht verwenden, wenn man sie weiterverbreiten möchte; das lässt sich durch Austausch von drei Paketen sehr einfach umsetzen. Die Namensregeln des Projekts verbieten zudem, eine selbst erstellte Distributionen auf Fedora-Basis bei der Weiterverbreitung als Spin zu bezeichnen. Statt dessen kann man die Bezeichnung Fedora Remix nutzen, um die Abstammung der Distribution aufzuzeigen, gleichzeitig aber eine Verwechslung mit den offiziellen Distributions-Images des Fedora-Projekts zu vermeiden.

Spins für den Desktop-Einsatz stehen auf der Fedora-Download-Seite ganz oben. Das Projekt bietet zusätzlich auch CD- und DVD-ISO-Images der Distribution mit einem traditionellen Installer ab, bei dem sich Programmauswahl und Dateisystem flexibel beeinflussen lassen – bei Spins gelingt das nicht. Mit dem traditionellen Installationsmedium sind auch Upgrades von einer Fedora-Version auf einen Nachfolger möglich; ein Update via PreUpgrade dürfte aber in den meisten Situationen komfortabler, schneller und umfassender sein, kann aber auf manchen Fedora-Installation an einer zu kleinen Boot-Partition scheitern. Die automatische Kickstart-Installation gelingt nur mit dem traditionellen Installationsmedium, das es auch in abgespeckten Varianten zur Netzwerkinstallation gibt.

All diese Fedora-12-Varianten nutzen zur Nachinstallation von Software dasselbe Paket-Depot. Daher lassen sich auch beim GNOME-Spin die Pakete des KDE-Spins nachinstallieren und umgekehrt. Alle nutzen auch das gleiche Depot zum Bezug von Updates. Die plant das Fedora-Projekt wie üblich bis ungefähr einen Monat nach Erscheinen des zweiten Nachfolgers bereitzustellen – da neue Fedora-Versionen ungefähr alle 6 Monate erscheinen, wird jede Distribution ungefähr 13 Monate betreut.

Fedora 12 verwendet einen Kernel auf Basis der Version 2.6.31.5. Ihn haben die Fedora-Entwickler mit zirka 100 Patches und Patch-Sammlungen verändert – der größte von ihnen enthält die für Linux 2.6.32 aufgenommene Änderungen am DRM-Subsystem für KMS- und 3D-Unterstützen bei neueren Radeon-GPUs. Auch einige der für 2.6.32 eingepflegten Patches für das $(LEhttp://cvs.fedora.redhat.com/viewvc/rpms/kernel/F-12/linux-2.6-btrfs-upstream.patch?view=markup:Btrfs-Dateisystem|_blank) sind dabei – genau wie bei Fedora 11 sind dabei – das Installationsprogramm bietet die Nutzung des experimentellen Dateisystems aber nur an, wenn man den Parameter "icantbelieveitsnotbtr" beim Start übergibt.

NetworkManager mit besserer Unterstützung zum Aufbau von Internet-Verbindungen über Handys und Co.

Außerdem rüsten die Fedora-Hacker Lirc und Nouveau nach – für letzteres wurden die Fedora-Entwickler kürzlich auf dem Kernel-Summit nachhaltig kritisiert. Andere Mainstream-Distributionen verändern die Kernel aber typischerweise stärker und integrieren viel Kernel-Code, der den Qualitätsansprüchen der Kernel-Hacker rund um Linus Torvalds nicht genügt. Dazu zählen etwa die bei Fedora schon länger rausgeflogene Xen-Dom0-Unterstützung oder die Treiber aus dem Linux-Staging-Zweig. Letztere lässt Fedora fast komplett außen vor – darunter auch verschiedene Treiber für einige insbesondere bei Netbooks häufiger anzutreffenden WLAN-Chipsätze von Ralink, Realtek oder VIA. Über Paket-Depots wie RPM Fusion können Anwender einige dieser Treiber nachinstallieren. Die haben allerdings Probleme bei der Zusammenarbeit mit dem NetworkManager, weil sie den aktuellen WLAN-Stack des Linux-Kernels nicht oder nur teilweise nutzen – das ist einer der Gründe, warum die Fedora-Entwickler die Treiber nicht mitliefern.

Die Initial-Ramdisk (Initrd) für den Kernel erstellt Fedora nicht mehr mit mkinitrd, sondern setzt auf das modulare und distributionsübergreifend angelegte Dracut. Dank einer modernen Version von Mdamd sowie darauf aufbauenden Unterstützung im Installer soll sich Fedora 12 nun auch auf Host/Fake-RAIDs der Level 5 installieren lassen, sofern ein moderner Mainboard-Chipsatz von Intel diese betreut.

Fedora ist zwar in vielen Bereichen sehr aktuell und scheut nicht vor dem Einsatz noch junger Techniken – beim Boot-Loader überließ das Projekt allerdings den neuen Versionen von OpenSuse und Ubuntu den ersten großen Feldtest von Grub2 und setzt in der Standardinstallation weiter auf die alte, auch Grub-Legacy genannte Grub-Version. Sie wurde um die Unterstützung für das von Fedora bereits seit Version 11 standardmäßig verwendete Ext4 erweitert; daher braucht man nun keine separate Boot-Partition mehr, wenn die Root-Partition Ext4 verwendet.