Minicomputer Raspberry Pi

Seite 4: Multimedia mit XBMC

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Ansonsten tut sich mittlerweile einiges an der Multimedia-Front. Zwar gibt es noch keine Portierung von VLC, aber XBMC läuft schon halbwegs rund. Noch ist die Installation etwas unbequem, es wird aber vermutlich schon bald SD-Karten-Images von der Stange geben. Bis dahin führt kein Weg an der manuellen Erstellung einer Distribution vorbei. Am einfachsten geht das mit OpenELEC.tv.

Das Mediacenter XMBC lastet den Kleincomputer bereits ordentlich aus.

Für die Übersetzung wird ein Host-System benötigt, auf dem OpenELEC.tv mittels Cross-Compiling erstellt wird. Geeignet ist jede aktuelle Linux-Distribution, wie zum Beispiel Ubuntu 12.04. Die folgenden Kommandos installieren alle Pakete, die für das Übersetzen von OpenELEC.tv notwendig sind, kopieren die Quell-Pakete des Projekts von Github und starten den Übersetzungsvorgang:

$ sudo apt-get install git build-essential cvs gperf xsltproc texinfo
$ sudo apt-get install libncurses-dev libxml-perl
$ cd /tmp
$ git clone git://github.com/OpenELEC/OpenELEC.tv.git
$ cd OpenELEC.tv/
$ PROJECT=RPi ARCH=arm make -j 8

Danach liegt im Verzeichnis OpenELEC.tv eine komplette Linux-Distribution, die noch auf eine SD-Karte kopiert werden muss. Die folgenden Anweisungen gehen davon aus, dass die SD-Karte mit /dev/sdc angesprochen wird. Sie sind entsprechend anzupassen und löschen alle Daten, die sich auf der Karte befinden!

$ umount /dev/sdc1
$ umount /dev/sdc2
$ sudo parted -s /dev/sdc mklabel msdos
$ sudo parted -s /dev/sdc unit cyl mkpart primary fat32 -- 0 16
$ sudo parted -s /dev/sdc set 1 boot on
$ sudo parted -s /dev/sdc unit cyl mkpart primary ext2 -- 16 -2
$ sudo mkfs.vfat -n System /dev/sdc1
$ sudo mkfs.ext4 -L Storage /dev/sdc2
$ sudo partprobe
$ cd OpenELEC.tv/
$ cp build.OpenELEC-RPi.arm-devel/bcm2835-driver-*/boot/arm128_start.elf /media/System/start.elf
$ cp build.OpenELEC-RPi.arm-devel/bcm2835-driver-*/boot/bootcode.bin /media/System/
$ cp build.OpenELEC-RPi.arm-devel/bcm2835-driver-*/boot/loader.bin /media/System/
$ cp target/OpenELEC-RPi.arm-devel-20120510013156-r10899.system /media/System/SYSTEM
$ cp target/OpenELEC-RPi.arm-devel-20120510013156-r10899.kernel /media/System/kernel.img
$ echo "dwc_otg.lpm_enable=0 root=/dev/ram0 rdinit=/init boot=/dev/mmcblk0p1 disk=/dev/mmcblk0p2 ssh quiet" > /media/System/cmdline.txt
$ sudo umount /dev/sdc1
$ sudo umount /dev/sdc2

Bei den letzten beiden cp-Befehlen ist zu beachten, dass die zu kopierenden Dateien einen Zeitstempel im Namen haben und entsprechend anders heißen werden. Am Ende des Vorgangs steht eine SD-Karte, mit der der Pi in knapp einer halben Minute zum Multimedia-Center mutiert.

Film-, Bild- und Musik-Dateien gibt XBMC problemlos in allen gängigen Formaten wieder

Film-, Bild- und Musik-Dateien gibt XBMC problemlos in allen gängigen Formaten wieder – selbst Filme in HD waren im Test kein Problem. Auch die Installation weiterer Add-Ons funktioniert reibungslos. Nur die Wiedergabe von Streaming-Inhalten, also zum Beispiel von YouTube-Videos, wollte nicht gelingen und das System reagiert ingesamt sehr träge auf Benutzereingaben. Der Wechsel zwischen zwei Menüpunkten kann schon mal fünf bis zehn Sekunden dauern. Das Einbinden von USB-Sticks und Festplatten verläuft hingegen flott und das ganze System steht automatisch als Samba-Share zur Verfügung.

Auf den ersten Blick würde man nie vermuten, dass das alles auf solch einem Winzling läuft und der Stand der Dinge ist schon jetzt beeindruckend. Im Detail ist aber noch viel zu tun, bis XBMC auf dem Pi massentauglich wird.

Seinem originären Anspruch als Entwicklungsmaschine für erste Programmier-Experimente wird der Raspberry Pi voll und ganz gerecht. Er unterstützt nicht nur populäre Sprachen wie Python, Perl und Ruby, sondern er lädt auch zum Experimentieren mit Elektronik-Projekten ein. Auch als kleiner Heimserver kommt er in Frage, und wenn die Arbeiten an XBMC-Portierungen mit dem jetzigen Tempo weitergehen, wird aus dem Winzling auch schnell ein komfortables Multimedia-Center. Für den täglichen PC-Einsatz sind der geringe Hauptspeicher und die momentan nicht vollends ausgereizten Grafik-Treiber ein echter Hemmschuh, ebenso der Mangel an modernen Web-Browsern.

Zu guter Letzt bringt der Pi auch ein bisschen vom Flair vergangener Tage mit sich. Und wer weiß? Vielleicht tauschen die Kids auf dem Schulhof bald SD-Karten-Images.

(dab)