Minicomputer Raspberry Pi

Der Raspberry Pi ist mit dem Ziel an den Start gegangen, Desktop-PCs Konkurrenz zu machen und Kinder an die Programmierung heranzuführen. Wir haben geprüft, ob der Winzling den Ansprüchen genügt.

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Lesezeit: 16 Min.
Von
  • Maik Schmidt
Inhaltsverzeichnis

Der Raspberry Pi – kurz: Pi oder Raspi – kommt als nackte Platine ohne Gehäuse daher. Wie den BBC Micro, der just seinen 30-Jährigen Geburtstag feiert, gibt es auch den Pi in zwei Varianten mit den Namen Model A und Model B. Im Gegensatz zu Model A verfügt Model B über eine Ethernet-Schnittstelle und über zwei statt nur einem USB-Port, beide Modelle kommen jedoch mit 256 MByte RAM. Vermutlich wird dem bislang noch nicht verfügbaren Model A der CSI-Port fehlen, an dem sich Zusätzgeräte wie Kameras anschließen lassen. Ansonsten sind sie technisch äquivalent; das Model A schlägt mit 25$, Model B mit 35$ zu Buche.

Der offizielle Verkauf begann am 29. Februar um Punkt 7 Uhr deutscher Zeit und endete mehr oder weniger in einem Desaster. Die Server der beiden Elektronik-Händler, die mit der Produktion und dem Vertrieb beauftragt wurden, waren mit dem Ansturm heillos überfordert. Selbst Tage später waren sie immer noch nur schwer zu erreichen. Darüber hinaus mussten die 10000 Kunden, die Glück mit ihrer Bestellung hatten, unerwartet lange auf ihre Lieferung warten, denn bei der ersten Charge wurden falsche Ethernet-Schnittstellen verbaut.

Wie der Raspberry Pi ist auch die Verpackung kostengünstig

Nach den ersten Anlaufschwierigkeiten trudeln weltweit nach und nach Geräte bei der geduldigen Kundschaft ein und auch in Deutschland sind die ersten bereits angekommen. Ein glamouröses Auspackerlebnis erwartet bei diesem Preis sicherlich niemand und so kommt der Pi in einer schlichten Pappschachtel daher, in der sich neben dem Board nur zwei Zettel mit den notwendigsten und vorgeschriebenen Informationen finden.

Das Board selbst wirkt ebenfalls aufgeräumt schlicht und hat ziemlich genau die Fläche einer Kreditkarte. Allerdings ragen ein paar der erstaunlich vielen Anschlüsse zum Teil deutlich über den Rand hinaus. Die Video-Ausgabe erfolgt wahlweise per HDMI oder per Composite-Ausgang. Eine VGA-Schnittstelle gibt es nicht, weil das Projekt-Team diesen Standard für überholt hält.

Sound wird sowohl über den HDMI-Port als auch über eine 3,5mm-Klinkenbuchse ausgegeben. Zur Verbindung mit Maus und Tastatur dient ein Doppel-USB-Port, an den bei Bedarf auch ein USB-Hub angeschlossen werden kann. Auf der Unterseite findet sich ein Slot für eine SD-Karte und Besitzer des Model B dürfen sich über einen Ethernet-Port freuen. Zusätzlich zu den vielen Standardbuchsen gibt es einen ganzen Satz von GPIO-Pins (General Purpose IO); diese sind für Erweiterungen und Hardware-Basteleien gedacht.

Aus dem Make-Testlabor

Die Make-Redaktion probiert viel mehr aus, als ins alle zwei Monate erscheinende Heft passt. Deshalb veröffentlichen wir auf unserer Webseite in loser Folge weitere Testberichte.

Strom bezieht der Pi über einen Micro-USB-Port und verlangt mindestens 5V und 700mA, was deutlich über der USB-Spezifikation liegt. Je nach angeschlossener Peripherie sollte es ruhig ein etwas mehr sein, und im Test traten die meisten Probleme wegen akuter Unterversorgung auf. Beispielsweise erkannte die Tastatur Tastendrücke plötzlich nur noch sporadisch oder wiederholte sie endlos.

Zu wenig Strom führte auch zum Versagen der Netzwerk-Verbindung. Sollten solche Phänomene auftreten, ist der Einsatz eines stärkeren Netzteils angeraten. Typische Handy-Netzteile sind in der Regel zu schwach. Einen Überblick über leistungsfähige USB-Netzteile bietet der c't-Artikel "Stromstöpsel".

Die Wärmeentwicklung auf dem Pi ist erfreulich gering. Nach zwölfstündigem Betrieb, in dem die CPU über lange Strecken unter Volllast lief, blieb das ganze System handwarm. Es spricht also nichts gegen ein schickes Gehäuse. Bei Adafruit gibt es eine passende Box aus Acrylglas, mit Öffnungen für alle Anschlüsse.

Herz und Hirn der Platine bildet ein "SoC" (System on a Chip) bestehend aus einem ARM1176JZF-S (700 MHz) und einer Broadcom VideoCore IV GPU. Während der Prozessor Standardkost ist, ist die GPU vielen Kritikern ein Dorn im Auge, weil sowohl die Hardware als auch die dazugehörigen Treiber proprietär sind. Puristen können das nur schwer mit dem Geist von Linux vereinbaren.

Aus Kostengründen gibt es auf dem Board keine Echtzeituhr, sie lässt sich aber prinzipiell über die GPIO-Pins nachrüsten. Auch gibt es noch keinen flexiblen Bootloader, und so kann der Pi nur von einer SD-Karte booten. Darauf darf sich jedoch nur die Boot-Partition selbst befinden. Das Root-Filesystem kann dann auf einem USB-Gerät liegen.