Fahrbericht Volvo EX30: Schlicht und kräftig

Erster Fahreindruck des elektrischen Volvo EX30 auf Basis des Smart #1 mit fulminanter Beschleunigung, viel Sicherheitsausstattung und skandinavischem Design.​

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(Bild: Volvo)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Wolfgang Gomoll
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Wie der Smart #1 basiert auch der Volvo EX30 auf Geelys "Sustainable Experience Architecture" (SEA) mit dem Zusatz E, der für Entry steht, also Kompakte bis zu einer Länge von rund 4,30 Metern. In der Gestaltung unterscheiden sie sich deutlich, das gilt auch für den Innenraum, der bei den modernen Volvos an ein skandinavisches Wohnzimmer erinnert. Angesichts der fulminanten Fahrleistungen beider Motorisierungen erweist sich die Allradvariante als recht teurer Luxus.

Wir haben beide Versionen ausprobiert: sowohl die Power-Variante mit Allradantrieb und 315 kW als auch den EX30 Single Motor Extended Range mit 200 kW. Die Topvariante ist der am besten beschleunigende Serien-Volvo aller Zeiten, sie beschleunigt in unglaublichen 3,6 Sekunden aus dem Stand von null auf 100 km/h. Mit der einmotorigen Variante, die den Standardsprint in 5,3 Sekunden absolviert, ist man aber immer noch ziemlich flott unterwegs. Die Höchstgeschwindigkeit ist bei Volvo grundsätzlich auf 180 km/h begrenzt. Dazu kommt die Norm-Reichweite von bis zu 476 Kilometern (WLTP) mit der großen Batterie mit 69 Kilowattstunden Kapazität (netto 64 kWh). Entscheidet man sich für die 51-kWh-Akkus (49 kWh netto), sind es maximal 344 Kilometer.

Das skandinavische Ambiente mit verchromten Türöffnern und Sitzen mit Stoffbezug sagt uns zu, allerdings merkt man am Material, dass offenbar mit spitzem Stift gerechnet wurde, der Hartplastikanteil ist im kleinen E-Crossover vergleichsweise hoch. Den schlichten Innenraum dominiert ein 12,3 Zoll großer Touchscreen, über den der Großteil der Bedienung des Infotainments abläuft. Smart sind die in den Armlehnen versteckten Becherhalter. Das zentrale Handschuhfach ist eine gute Idee, also braucht sich der Fahrer nicht zu verrenken, wenn er etwas herausholen will. Die Sitze sind bequem, es mangelt aber an Seitenhalt und Beinauflage.

Volvo EX30 Ext (5 Bilder)

Eine geschlossene Front trägt zum schlichten Auftritt bei. Fake-Grills an E-Autos wie bei BMW oder Audi hat Volvo nicht nötig.

Das Infotainment basiert auf Android Automotive, ist aber in der Bedienung nicht ganz so eingängig, wie man das von einem Smartphone gewohnt ist. Wer partout nicht auf sein iPhone verzichten will, kann dieses per Apple CarPlay kabellos einbinden. Kompatible Smartphones können auch als Fahrzeugschlüssel verwendet werden. Drahtlose Updates halten die Software auf dem neuesten Stand. Dass man den Spiegel an den Satelliten des Lenkrads einstellen muss, ist bei Fahrzeugen mit chinesischer Technik nichts Neues mehr. Der Scheibenwischer wird mit einem durchlaufenden Drehkranz ohne definierten Endpunkt am linken Hebel hinter dem Lenkrad gesteuert, was ungewohnt ist. Einen klassischen Tacho hinter dem Lenkrad sucht man vergebens, die Geschwindigkeit wird oben auf dem Tablet-Bildschirm angezeigt. Also muss man immer leicht nach rechts sehen, nicht gerade ideal.

Der Volvo EX30 ist betont komfortabel abgestimmt, wankt in Kurven und wippt bei langen Wellen nach. Aber das ist nicht unangenehm und offenbar Teil des Konzepts: "Wir haben den EX30 so entwickelt, dass es ein echter Volvo ist, aber nicht zu straff abgestimmt", erklärt Fahrdynamik-Ingenieur John Lundgren. Der kurze Radstand von 2,65 Metern hilft bei der Agilität. Die Lenkung verdient sich keine Bestnoten, fühlt sich synthetisch an und sollte direkter sein. Den Verbrauch gibt Volvo mit 17,5 kWh/100 km an. Wir kamen bei unserer Testfahrt auf 17,3 kWh/100 km, bei extrem entspanntem Mitschwimmen waren es sogar lediglich 12,0 kWh/100 km. Nach 26,5 Minuten sind die 69-kWh-Akkus unter optimalen Bedingungen beim Gleichstromladen mit maximal 175 kW von zehn auf 80 Prozent gefüllt.

Zu einem neuen Volvo gehört ein Sicherheitspaket, das im EX30 mit einer verbesserten Version des Robo-Fahrassistenten Pilot Assist einhergeht, die den Fahrer beim Überholen von Lkws unterstützt. Auch das selbsttätige Einparken beherrscht der Volvo. Fahrradfahrer wird es freuen, dass beim kleinen Volvo die Sensoren beim Aussteigen auch die kleineren Zweiräder im Blick haben und nötigenfalls warnen. Ein Kreuzungs-Bremsassistent, der Zusammenstöße mit entgegenkommenden Fahrzeugen beim Abbiegen verhindert, ergänzt das Sicherheitskonzept, das vor allem auf das urbane Umfeld ausgerichtet ist.

Volvo EX30 Det (6 Bilder)

Allzu schlicht ist nicht immer besser – die Geschwindigkeitsanzeige befindet sich, den Blick ablenkend, auf dem Zentralbildschirm ...
(Bild: Volvo)

Dass in einem Wagen mit einer Länge von 4,23 Metern keine opulenten Raumverhältnisse herrschen, ist klar. Vorne kann man es sich durchaus bequem machen. Hinten geht es deutlich enger zu. Als Erwachsener mag man sich im Fond nur Kurzstrecken zumuten. Auch der Kofferraum ist mit einem Volumen von 318 Litern nicht üppig. Immerhin passen zwei Bordtrolleys locker hinein. Wenn man die Lehnen der Rückbank umlegt, werden 904 Liter daraus. Dazu kommen noch sieben Liter im Frunk unter der vorderen Haube für Kleinigkeiten und anderen Krimskrams.

Allerdings ist der Preis für den gefahrenen Volvo EX30 Single Motor Extended Range Ultra mit 48.990 Euro nicht gerade günstig. Die Einstiegsvariante "Core" mit der kleineren Batterie ist für 36.590 Euro zu haben. Wer partout den Kraftprotz bevorzugt, muss tiefer in die Tasche greifen und mindestens 48.490 Euro locker machen. Zum Vergleich: Der Smart #1 pro kommt bis zu 310 Kilometer weit und kostet mindestens 37.490 Euro, wenn es 440 Kilometer sein sollen, werden 44.990 Euro daraus. Wem der Volvo EX30 zu brav ist, sollte noch ein bisschen warten. Im nächsten Jahr erscheint eine Cross-Country-Version

(fpi)