Oculus Quest 2 im Test: Konkurrenzlose Hardware, großer Datenhunger

Seite 2: Display und Linsen

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Die weiße Oculus Quest 2 ist ein wenig kleiner und 68 Gramm leichter als die schwarze Quest 1. Einen weiteren Unterschied spürt man sofort nach dem Aufsetzen: Die Anzeige wirkt deutlich schärfer. Kein Wunder: Statt zwei OLED-Displays mit 1440 × 1600 pro Auge kommt nun ein einzelnes LCD mit 1832 × 1920 Bildpunkten pro Auge zum Einsatz. Dass das Bild so viel glatter aussieht, liegt nicht primär an der gestiegenen Auflösung, sondern an den Subpixeln: Das LCD hat pro Pixel drei, beim OLED teilten sich zwei Pixel vier Subpixel („Pen-Tile-Matrix“). Die LCD-Nachteile sind allerdings auch bei der Quest 2 deutlich erkennbar: Schwarz fällt heller aus als bei OLED, so wirken Weltraum-Szenen auf dem neuen Headset etwas milchiger als beim Vorgänger. Ob man dunkles Schwarz oder möglichst wenig Fliegengitter-Effekt wichtiger findet, bleibt Geschmackssache.

Auf der Quest-2-Verpackung stehen Texte in vier Sprachen, eine davon ist Deutsch. Dass das Gerät nicht in Deutschland verkauft wird, dürfte deshalb eher kurzfristig entschieden worden sein.

(Bild: jkj / c't Magazin)

Objektiv schlechter geworden ist die Pupillendistanz-Einstellung. Statt einer stufenlosen Justierung wie bei der Quest 1 sind beim Nachfolger lediglich die drei festen Stufen 58, 63 und 68 Millimeter möglich. Nicht nur die starre Einteilung ist unschön, sondern auch, dass man bei der größten Einstellung von 68 Millimetern deutlich die Ränder des Displays sehen kann – zumindest unser Mittendrin-Gefühl wurde davon stark gestört. Das Sichtfeld (Field of View, FOV) fällt ohnehin je nach IPD-Einstellung leicht unterschiedlich aus. Am kleinsten ist es in der 68-mm-Stellung. Auf der mittleren Stufe schien es uns minimal kleiner als bei der Quest 1, aber etwas größer als bei der Rift S – aber wir sprechen hier wirklich von klitzekleinen Unterschieden. Sicher ist: Das Sichtfeld der Valve Index ist deutlich größer (die kostet aber auch dreimal so viel und läuft nicht autark).

Für Brillenträger liegt der Quest 2 ein Abstandhalter bei, der das Zerkratzen der Sehhilfe verhindern soll. Da das Quest-2-Gehäuse etwas kleiner ist, darf die Brille allerdings nicht zu groß sein (maximal 142 mm breit und 50 mm hoch). Komfortabler geht es ohnehin mit Sehstärken-Linsenaufsätzen, wer solche schon für die Quest 1 oder Rift S besitzt, kann sie auch für die Quest 2 verwenden, die Linsenrahmen sind identisch.

Als die Quest 1 im letzten Jahr herauskam, war das eingebaute System-on-a-Chip bereits veraltet: Der Snapdragon 835 war schon 2017 in Smartphones zu finden. In der Quest 2 kommt dagegen die aktuelle XR2-Plattform auf Basis des Snapdragon 865 zum Einsatz. Laut AnTuTu-Benchmark rechnet das neue System mehr als doppelt so schnell wie der Vorgänger. Außerdem stecken 6 statt 4 GByte RAM in der Quest 2. Da bereits die erste Quest hochoptimiert war, spürt man die höhere Geschwindigkeit allerdings nicht auf Anhieb: Die Schwuppdizität von Menüaufrufen ist bei Quest 1 und 2 gleich super. Was man allerdings merkt: Apps werden deutlich schneller installiert, außerdem sind die Ladezeiten kürzer. Bereits auf die Quest 2 optimierte Spiele wie Arizona Sunshine zeigen, was das neue Headset in Sachen Grafik draufhat. Eine deutliche Verbesserung sind auch die nun möglichen 90 statt 72 fps. Zurzeit muss man die schnellere Bildwiederholfrequenz noch manuell aktivieren, außerdem muss die Software sie unterstützen.

Im etwas größeren Quest-2-Controller (links) steckt die gleiche AA-Batterie wie im Vorgängermodell, hält damit aber länger durch.

Die Nutzung der Quest 2 als PC-Headset klappte im Test erstaunlich problemlos: USB-Kabel anschließen, fertig. Wir erzielten sogar mit einem alten, Nicht-USB-3.0-Kabel gute Ergebnisse. Das gleiche Kabel funktionierte vor einigen Monaten noch nicht mit der Quest 1 -- inzwischen hat Oculus die Software aber so verbessert, dass die Strippe auch mit dem alten Headset arbeitet.

Die Akkulaufzeit war in unseren ersten Tests etwas kürzer als bei der Quest 1, zwei Stunden lang hielt die Quest 2 aber durch. Wie beim Vorgänger kann man einfach eine Powerbank anschließen und so die Laufzeit verlängern, außerdem bietet Oculus ein Akku-Kopfband (auf Deutsch offenbar maschinenübersetzt als „Quest-2-Elite-Riemen mit Batterie und Tragevorrichtung“ bezeichnet) für 129 Euro.

Mehr als die Akkulaufzeit des Headsets selbst hat uns bei der Quest aber ohnehin die kurze Laufzeit der Controller gestört. Die Quest-2-Hand-Controller laufen nach wie vor mit einer AA-Batterie (oder Akku), halten aber nun deutlich länger durch als beim Vorgänger. Außerdem sind die Controller ein kleines bisschen größer geworden. Eine verschlechterte Erfassungsgenauigkeit (wie mindestens ein Tester kritisierte) ist uns nicht aufgefallen.

Die integrierten Lautsprecher klingen genauso leise und blechern wie beim Vorgänger.

Der "Quest-2-Elite-Riemen" heißt wirklich so, kostet 49 Euro und ist eine sinnvolle Anschaffung.

(Bild: jkj / c't Magazin)

Durch das etwas geringere Gewicht drückt die Quest 2 weniger im Gesicht als der Vorgänger. Statt mit Klettverschlüssen wird das neue Modell nun mit einem elastischen Kopfband justiert. Das wirkt im ersten Moment etwas billig, funktionierte bei uns aber mindestens genauso gut wie mit dem Klettsystem der ersten Quest. Insgesamt ist der Tragekomfort für kurze VR-Snacks ok, bei längeren Sessions kann es aber zu Druckschmerzen kommen. Für 49 Euro bietet Oculus einen starreren „Elite-Riemen“ an, der wie die meisten anderen aktuellen Headsets mit einem Drehrad justiert wird. Dadurch verbessert sich der Komfort, ein richtiger Gesichtsschmeichler wie die Valve Index wird die Quest 2 dadurch aber nicht. Schade: Den „Elite“-Riemen gibt es zwar mit und ohne Akku, aber leider nicht mit besseren Kopfhörern. Wer Wert auf guten Klang legt, muss umständlich mit Kabelkopfhörern herumfrickeln.

Das Preis-Leistungsverhältnis der Oculus Quest 2 ist auf den ersten Blick sensationell: Deutlich mehr Auflösung und vor allem mehr Rechenpower als beim Vorgänger für 100 Euro weniger – das muss man erstmal hinbekommen. Die kleinen Verschlechterungen (Pupillenabstand, Akkulaufzeit) sind in Bezug auf die harte Kalkulation zumindest nachvollziehbar. Wer ein autarkes Headset mit einer überzeugenden Software-Bibliothek sucht, findet auf dem Markt nichts Vergleichbares. Dass die Quest 2 obendrein auch noch als ordentliches PC-Headset nutzbar ist, rundet das ohnehin schon preisgünstige Paket ab. Das Headset kostet in der für die meisten Nutzer ausreichenden 64-GByte-Version 350 Euro, mit 256 GByte Flash-Speicher werden 450 Euro fällig.

Allerdings muss einem vor dem Kauf klar sein, dass man den geringen Anschaffungspreis mit seinen Daten bezahlt: Ohne Facebook-Account und langfristig für Werbung genutzte Daten kann man die Quest 2 nicht verwenden. Wenn einem das nichts ausmacht, kann man bedenkenlos zugreifen.

(jkj)