Oculus Quest 2 im Test: Konkurrenzlose Hardware, großer Datenhunger

Die Quest 2 wird nicht in Deutschland verkauft. Man kann sie sich dennoch problemlos beschaffen. Im Test lief sie auch mit Wegwerf-Adressen-Facebook-Account.

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Oculus Quest 2 im Test: Konkurrenzlose Hardware, großer Datenhunger

Das Virtual-Reality-Headset Oculus Quest 2 kostet 350 Euro und benötigt zwingend einen Facebook-Account.

(Bild: jkj / c't Magazin)

Lesezeit: 12 Min.
Von
  • Jan-Keno Janssen
Inhaltsverzeichnis

Wir haben das Virtual-Headset Oculus Quest 2 von Facebook getestet. Wenn Sie wissen, was das ist und warum es nicht in Deutschland erhältlich ist, überspringen sie einfach die nächsten beiden Absätze.

Das Virtual-Reality-Headset Oculus Quest 2 bietet qualitativ hochwertige VR-Leistung für 350 Euro – komplett autark, man benötigt keinen PC oder Smartphone für den Betrieb (lediglich zum erstmaligen Einrichten ist ein Mobilgerät nötig, dazu später mehr). Obendrein lässt sich die Quest 2 auch mit Windows-VR-Software am PC nutzen, dafür muss man sie mit einem konventionellen USB-Kabel an den Rechner hängen. Kein anderer Hersteller bietet diese Funktionsvielfalt, andere autarke Headsets – zum Beispiel von Pico oder HTC – leisten weniger und kosten deutlich mehr.

Ohne Facebook kein VR: Sogar einen vorhandenden Oculus-Account muss man mit einem Facebook-Konto verknüpfen.

Doch das Ganze hat einen Haken: Oculus gehört Facebook; und Facebook will endlich Geld verdienen mit seiner teuren VR-Tochter. Deshalb zwingt Facebook die Nutzer der Quest 2, einen Facebook-Account mit dem Headset zu koppeln. Was das Facebook bringt, darüber kann man nur spekulieren. Sicher ist auf alle Fälle: Von VR-Headsets erfasste Daten dürften für Werbekunden sehr wertvoll sein, schließlich weiß das Headset, wann man zusammenzuckt, wo man wie lange hinguckt und worauf man instinktiv zuläuft.

Zweifellos sitzt Facebook auf einem Datenschatz, schließlich gehört dem US-Konzern neben Oculus auch noch WhatsApp und Instagram. Das Bundeskartellamt hat deshalb entschieden, Facebook die Zusammenführung der Nutzerdaten zu verbieten. Offenbar ist das einer der Gründe dafür, dass Facebook entschieden hat, vorerst keine Oculus-Produkte in Deutschland zu verkaufen.

(Bild: jkj / c't Magazin)

Für diesen Test konnten wir trotzdem problemlos eine Quest 2 kaufen: Wir bestellten das Gerät beim französischen Amazon.fr nach Deutschland – dafür mussten wir nicht einmal einen eigenen Account erstellen, Amazon.fr funktioniert auch mit einem deutschen Amazon-Kundenkonto. Mit 343,19 Euro inklusive Versand war das Headset sogar etwas günstiger als im offiziellen Oculus-Store: Eine Bestellung zum Beispiel nach Österreich kostet hier 349 Euro inklusive Versand.

Wie schon beim Vorgänger benötigt man für die Ersteinrichtung der Quest 2 zwingend ein Mobilgerät mit Android oder iOS und installierter Oculus-App. Die App fordert nach dem Start sofort dazu auf, sich in den eigenen Facebook-Account einzuloggen. Danach lässt sich so gut wie alles in der Brille selbst steuern – man kann die App also theoretisch deinstallieren. Oculus-Veteranen, die ihre Headsets bislang nur mit einem Oculus-Account nutzen, müssen zur Installation der Quest 2 einen Facebook-Account angeben, Oculus- und Facebook-Konto werden dann zusammengeführt, inklusive eventuell an den Oculus-Account gebundener Software-Käufe.

Auch wenn man die Quest 2 ausschließlich als PC-Headset mit Kabelverbindung am Rechner nutzen will, kommt man um die Facebook-Anmeldung nicht herum: Ohne App- und Facebook-Kopplung lässt sich mit der Quest 2 rein gar nichts anfangen, auf den Displays sieht man dann nur eine „Bitte koppeln“-Meldung. Da auf dem Headset ein Android läuft, könnte man auf die Idee kommen, mit der Installation eigener APK-Pakete den Oculus-Store zu umgehen. Das klappt auch tatsächlich (übrigens sehr komfortabel mit dem inoffiziellen Sidequest-Appstore), aber dennoch muss man zuerst App und Facebook mit dem Headset koppeln -- denn nur so lässt sich der erforderliche Entwicklermodus aktivieren.

Außerdem ist es notwendig, den eigenen Account von Oculus/Facebook als Entwickleraccount freischalten zu lassen. Das klappte im Test zwar ohne Verzögerung, allerdings muss man dafür zwingend eine Kreditkarte hinterlegen (und das, obwohl im zugehörigen Facebook-Account bereits Paypal als Zahlungsquelle aktiv war). Im kuriosen Deutsch-Englisch-Mischmasch des Entwicklerbereichs hieß es zwar, man könne statt der Kreditkarte auch eine Telefonnummer hinterlegen, diese Option wurde uns jedoch nicht angeboten.

Im heise-Forum war häufiger die Rede davon, dass man als datensparsamer Mensch ja einfach einen Facebook-Fake-Account aufsetzen könnte, um diesen dann mit der Quest 2 zu koppeln. Das verstößt laut Facebook gegen die Richtlinien und diese Regel wurde trotz anderslautender Gerüchte auch nicht von deutschen Gerichten ausgehebelt. Dennoch: Wir haben es einfach ausprobiert und die Quest 2 mit einem neu angelegtem und nicht dem Namen des Testers entsprechenden Facebook-Account in Betrieb gesetzt. Als Mailadresse kam eine Wegwerfadresse zum Einsatz. Das klappte bislang problemlos – sollte Facebook unseren Account sperren, aktualisieren wir diesen Artikel. Will man Software im Oculus-Store kaufen, muss freilich ein Paypal- oder Kreditkarten-Account angegeben werden, womit die Anonymität passé wäre.

Will man Android-Software über APKs installieren, benötigt man einen Entwickler-Account.

Die Facebook-Accountpflicht ist übrigens nicht nur aus Datenschutz-Gründen problematisch. Sperrt Facebook aus irgendwelchen Gründen das Konto, kann man das VR-Headset und die gekaufte Software nicht mehr verwenden. Auf Reddit finden sich bereits Berichte von Kunden, deren Facebook-Account (trotz Realnamens) offenbar von einem Bot gesperrt wurde.