Was OpenSuse 12.1 bringt

Seite 2: Software und Administration

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Je nachdem, ob man sich für die automatische Anmeldung entschieden hat, landet man nach dem ersten Neustart im Anmeldemanager oder direkt auf dem Desktop. OpenSuse liefert für nahezu jeden Zweck passende Programme mit, und was nicht automatisch bei der Installation auf der Festplatte gelandet ist, findet man in den Distributions-Repositories. Standardbrowser von OpenSuse 12.1 ist Firefox 7, als Mailer liegt Thunderbird 7.0.1 bei und LibreOffice 3.4.3 kümmert sich um die Büroarbeit.

Kreativ werden kann man mit Gimp 2.6.11, dem Zeichenprogramm Inkscape, der 3D-Rendering-Software Blender und dem Videoschnittprogramm Kdenlive. Steht der Konsum multimedialer Inhalte im Vordergrund, warten Amarok, Banshee, Kaffeine und Totem darauf, Audiodateien und Videos abzuspielen. Damit das mit möglichst vielen Formaten klappt, sollte man in der Software-Verwaltung des OpenSuse-Admin-Tools Yast das Packman-Repository aktivieren, das diverse Multimedia-Codecs enthält.

Ist man einmal in der Paketverwaltung, lohnt es sich, ein wenig in den einzelnen Kategorien zu stöbern. So hat es bei OpenSuse der Browser Chromium in die Standard-Repositories geschafft und die Distribution ist die erste, die Googles neue Programmiersprache Go mitliefert. Die größte Überraschung erwartet einen im Abschnitt KDE der Desktop-Rubrik, wo man wieder Pakete mit dem Desktop-Klassiker KDE 3 findet. Dabei handelt es sich nicht um die weitergepflegte Version des Trinity-Projekts, sondern um die noch vom KDE-Projekt veröffentlichte Version 3.5.10 des Desktops mit diversen Patches vom OpenSuse-Team sowie dem Chakra- und Trinity-Projekt. Einer der Patches sorgt beispielsweise dafür, dass der Media-Manager nicht mehr von HAL abhängig ist.

Nach der Installation findet man KDE 3 leider nicht im Anmeldemanager KDM oder GDM. Die einfachste Möglichkeit, den Desktop zu starten, besteht darin, die Datei .xinitrc.template im Home-Verzeichnis in .xinitrc umzubenennen und vor der letzten Zeile eine Zeile mit dem folgenden Inhalt einzufügen:

exec /opt/kde3/bin/startkde

OpenSuse unterscheidet im Startmenü zwischen Programmen von KDE 3 und KDE 4.

Der Eintrag dort überschreibt die Auswahl in KDM, sodass beim nächsten Anmelden automatisch KDE 3 startet. Eine Möglichkeit, KDM um einen KDE-3-Eintrag zu ergänzen, haben wir nicht gefunden. [Update: Damit KDE 3 im Login-Manager auftaucht reicht es aus, das Paket kdebase3-session zu installieren].

Sie können unter KDE 3 problemlos KDE-4-Anwendungen ausführen und umgekehrt. Im Menü wird die Variante des gerade nicht aktiven Desktops um eine Versionskennzeichnung ergänzt. Im Startmenü von KDE 4 sieht man diesen Zusatz allerdings erst, wenn man den Mauszeiger über einen Menüeintrag bewegt. Dort ist es daher übersichtlicher, das Klassik-Menü zu verwenden, wenn man beide KDE-Desktops installiert hat.

Noch mehr für Nostalgiker gibt es im Bereich "X11/Utilities" der Software-Verwaltung zu entdecken: Dort feiert Sax zur Konfiguration des X Window System sein Revival. Mit der Umstellung der X-Konfiguration in Dateien im Verzeichnis /etc/X11/xorg.conf.d musste OpenSuse Sax2 in Rente schicken. Bei einem Projekt während des Google Summer of Code entstand Sax3, der es sowohl mit einer grafischen als auch mit einer Ncurses-Oberfläche für den Textmodus erlaubt, Tastatur, Monitor, Maus und Touchpad einzurichten – praktisch, wenn die X.org-Automatik einmal scheitert oder man spezielle Wünsche hat.

So viel Komfort wie der altbekannte Sax bietet die Neuauflage des Tools allerdings noch nicht. Die Version in den Distributions-Reporitories ist noch fehlerhaft und zeigt nach dem Start nur ein leeres Fenster an. Ein Update ist bereits in Arbeit und kann über den OpenSuse Build Service aus dem Repository "X11:sax repo" per One-Click-Install eingespielt werden. In dieser Version bietet das Modul zur Konfiguration der Tastatur die meisten Optionen und erlaubt es bespielsweise, die Position der Compose-taste und das Verhalten der Windows-Tasten einzustellen.

Gar nichts nostalgisches haben die Snapper-Tools und das Snapper-Yast-Modul, die Zugriff auf die Snapshot-Funktionen von Btrfs bieten und daher nur dann auf der Festplatte landen, wenn man während der Installation eine Btrfs-Partition anlegt. Besonders gelungen ist die Integration in Yast: Wann immer man ein Update einspielt, Pakete installiert oder entfernt oder etwas an der Systemkonfiguration ändert, erstellt das Tool einen Snapshot des Dateisystems.

Das Snapper-Modul von Yast listet alle Dateisystem-Snapshots auf.

Im Abschnitt "Verschiedenes/Snapper" kann man die Liste der erzeugten Snapshots einsehen. Was genau geändert wurde erfährt man, wenn man einen Snapshot doppelklickt: Die Baumansicht links im Fenster stellt alle Dateien und Verzeichnisse mit Änderungen dar. Markiert man einen der Einträge, erfährt man, ob die entsprechende Datei gelöscht, geändert oder neu erstellt wurde, und kann die Änderung bei Bedarf gleich rückgängig machen. Die Oberfläche des Snapper-Moduls wurde noch nicht komplett lokalisiert, die Entwickler arbeiten allerdings bereits an einem Update.

Leider ist es in dem Yast-Modul noch nicht möglich, selbst Snapshots zu erstellen oder einzelne Snapshots aus der Liste zu löschen – dafür muss man zu dem Kommandozeilenprogramm snapper greifen, mit dem sich gängige Operationen wie das Anlegen von Snapshots etwas leichter durchführen lassen als mit dem Standard-Tool btrfs. Mit der Option list aufgerufen zeigt snapper eine Liste aller Snapshots an; bei dem mit der Nummer 0 handelt es sich um der aktuelle System. Einen Snapshot erstellt man mit

snapper create --description Beschreibung

Enthält die Beschreibung Leerzeichen, muss man sie in Anführungszeichen setzen. Zum Vergleich zweier Snapshots dient die option compare gefolgt von den Nummern der beiden Snapshots – das kann man aber auch in dem übersichtlicheren Yast-Modul erledigen, in dessen Liste auch selbst erzeugte Snapshots auftauchen.

Eine weitere Neuerung von OpenSuse 12.1 ist Systemd, der SysVInit ablöst. Ursprünglich war das bereits für Version 11.4 der Distribution geplant, aufgrund einiger Bugs hatten die Entwickler dann aber doch noch SysVInit beibehalten. Systemd setzt beim Start der Systemdienste stark auf Parallelisierung, was den Boot-Vorgang erheblich beschleunigt. Wer dennoch SysVInit verwenden will, erreicht das unter OpenSuse einfach, indem er das Paket systemd-sysvinit deinstalliert. Darüber hinaus kann man auch einmalig mit dem alten System booten, indem man im Bootmanager F5 drückt, wodurch sich am unteren Bildschirmrand ein Menü zur Auswahl des Startsystems öffnet.

Mit Systemd und der Unterstützung für Btrfs hat das OpenSuse-Team zwei große Neuerungen integriert und beides ist gut gelungen. Besonders die Verwaltungs-Tools für Btrfs-Snapshots und die damit in YaST eingebaute Rollback-Funktion gefallen – das bietet bislang keine andere Distribution. Auch die erneute Aufnahme von KDE 3 in die Repositories ist ein Alleinstellungsmerkmal, wenn auch eines, das hauptsächlich eingefleischte Fans der klassischen KDE-Variante freuen dürfte. (amu) (amu)