2. deutscher IPv6-Kongress gestartet

"IPv6 ist möglich, und IPv6 ist nötig", hieß es zum Start des zweiten deutschen IPv6-Kongresses, gemeinsam veranstaltet von DE-CIX, Heise Netze und iX.

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Von
  • Jürgen Seeger

IT-Spezialsten von Providern, Herstellern und Anwendern trafen sich zum zweiten Mal in Frankfurt/Main, um sich mit der Migration auf IPv6 zu befassen (www.ipv6-kongress.de). Zur Erinnerung: Dem derzeitigen Internet-Protokoll Version 4 gehen langsam, aber sicher die Adressen aus, der Adressraum von Version 6 ist praktisch unbegrenzt. Darum sollte das 1998 von der IETF zum IPv4-Nachfolger erkorene IPv6 auch eigentlich längst eingeführt sein.

Dass dem längst nicht so ist, wurde schon bei der Begrüßung durch die Veranstalter klar: Nur 2 Promille des über den größten deutschen Internet-Knoten abgewickelten Datenverkehrs seien IPv6-Pakete, der Rest klassisches IPv4, so Frank Orlowski vom DE-CIX .

In seiner Keynote gab der weltweit in Sachen IPv6-Propagierung aktive Latif Ladid (IPv6 Forum ) einen Überblick über Gegenwart und Zukunft des Protokolls. Die lange Einführungsphase sei im Vergleich zu anderen historischen Transitionen gar nicht so ungewöhnlich. Die Einführung des gregorianischen Kalenders habe sich über drei Jahrhunderte hingezogen, und die Euro-Einführung sei trotz Ansage von höchster Stelle ebenfalls ein langwieriger Prozess gewesen.

Seine beiden Kernbotschaften: IPv6 ist möglich, und IPv6 ist nötig. Nötig, weil das Internet zum "InterNAT" verkommen sei, zum NATwork of NATworks. Und wenn ein relevanter Teil der noch nicht vernetzten 75 % der Menschheit Zugang zum Internet bekommen solle, sei der große Adressraum von IPv6 zwingend. Nicht ohne Grund halte China Telecom bereits v6-Backbone-Netze für 120 Millionen Kunden vor.

Dazu brauche es auch nicht die viel zitierte "Killer-Applikation". Viel wichtiger seien technische Entwicklungen wie Cloud Computing oder das "Internet der Dinge". Die seien über Krücken wie NAT nicht mehr handhabbar, IPv6 dann schlicht einfacher und auch eine Alternative zu speziellen Protokollen wie ZigBee, das nur auf lokale Kommunikation abziele und nicht das Netz im Blick habe.

Ähnlich sah dies Fredy Künzler vom Schweizer Internet-Provider Init7. Er habe die Backbones an einem "stillen Samstag" IPv6-fähig gemacht, angefangen von den wenigen Befehlen zur Umstellung von Routern und Webservern bis zum AAAA-Record in der Nameserver-Konfiguration.

Florian Obser (Hostserver GmbH) sah bei der Umstellung ein paar mehr Probleme, von DNS-Anfragen bis zu den nötigen Modifikationen von Überwachungs-Tools wie Nagios konnte er über eine Fülle von Fallen erzählen. Dennoch sei ihm mit vertretbarem Aufwand das Aufsetzen eines Videostreams von CCC-Kongress 2009 gelungen. Nur sei der IPv6-Traffic minimal gewesen.

Herrin über fünf Quintillionen IP-Adressen: Constanze Bürger, BMI

(Bild: Orlowski, DE-CIX)


Constanze Bürger, als Referentin im Innenministerium für IPv6 zuständig, berichtete wie im Vorjahr über die Aktivitäten der Bundesregierung in Sachen Internetprotokolle. Das BMI ist Mitglied im RIPE-NCC und hat fünf Quintillionen IP-Adressen für die öffentlichen Verwaltungen Deutschlands, also ein /26-Subnetz, erhalten. Zudem starten in diesem Jahr Dual-Stack- und Migrationsprojekte der öffentlichen Hand, in Hamburg werden 150.000 VoIP-Anschlüsse auf IPv6-Basis eingerichtet.

Möglicherweise ist die IPv6-Einführung ja ein IT-Thema, in dem der Staat und nicht die Privatwirtschaft die treibende Rolle einnimmt. Laut Bürger jedenfalls hat "der IPv6-Geist seine Flasche verlassen". (js)