ConLife: Warten auf das intelligente Stromnetz

Intelligente Stromzähler und ein intelligentes dezentrales Stromnetz sind Aushängeschilder der Heimautomation: Die "SmartMeter" sollen Verbraucher zum Stromsparen bringen, als Heimsteuerungszentrale dienen und gleichzeitig Spannungsspitzen im gesamten Stromnetz abbauen. Die hochgesteckten Ziele sind aber nur mittel- bis langfristig zu erreichen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 78 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Torsten Kleinz

Intelligente Stromzähler und ein intelligentes dezentrales Stromnetz sind Aushängeschilder der Heimautomation: Die "SmartMeter" sollen Verbraucher zum Stromsparen bringen, als Heimsteuerungszentrale dienen und gleichzeitig Spannungsspitzen im gesamten Stromnetz abbauen. Auf der in Köln stattfindenden Konferenz ConLife zeigt sich: Die hochgesteckten Ziele sind nur mittel- bis langfristig zu erreichen.

An erster Stelle steht die Stromersparnis durch bessere Kundeninformation. Einer der Vorreiter der intelligenten Realtime-Stromzähler ist der Anbieter Yello Strom, der bereits seit 2008 vernetzte Stromzähler bei seinen Kunden installiert, die per Internet Verbrauchswerte erfasst und dem Kunden besseren Überblick über die heimischen Stromverbraucher verschafft. Yello-Geschäftsführer Martin Vesper charakterisiert diesen Ansatz als "Infotainment" – durch das neue Benutzerinterface sei das interesse der Kunden geweckt worden, was wieder zu Stromersparnis führe. Sein Rezept: Durch unterhaltsame Anreize sollen die Kunden zu vernünftigeren Verhalten gebracht werden: "Ich glaube nicht, dass sich Kunden eine Waschmaschine kaufen, um damit Energiemanagement zu betreiben – sie greifen vielleicht eher zu der Maschine, die auf dem Fernseher oder über Twitter anzeigt, wann sie fertig ist." Setze der Kunde erst einmal vernetzte Geräte ein, könne er auch die erweiterten Möglichkeiten nutzen, beispielsweise zur Energieersparnis. Ob dieser spielerische Umgang jedoch mehr Energie spart als die neuen Netzwerkgeräte verbrauchen, wurde in Köln jedoch von mehreren Referenten bezweifelt.

Intel-Geschäftsführer Hannes Schwaderer sieht die Technik als Weg zur Umgestaltung des Stromnetzes. "Mit der richtigen Technik ist es ganz einfach, Verbrauchsspitzen abzubauen." Würden genug Haushalte während der Hochverbrauchsphasen weniger wichtige Energieverbraucher abschalten, könnten viele Kapazitäten eingespart und in der Folge Kraftwerke abgeschaltet werden. Für den Kunden hätte dies keine Nachteile, erläuterte Schwaderer: "Man könnte beispielsweise die Tiefkühltruhe für eine Stunde abschalten – das macht gar nichts." Doch bevor diese Vision tatsächlich Wirklichkeit werden könnte, müssten erst flexible Tarife eingeführt werden, die Strom dann verbilligen, wenn besonders viele Kapazitäten ungenutzt sind. "Dies lässt der regulatorische Rahmen aber noch nicht zu", erklärt Vesper. Selbst wenn sie wollten, könnten die deutschen Stromanbieter noch keinen billigeren Strom anbieten.

Allzu schnell wird dies auch nicht passieren. "Wir werden noch viel Zeit brauchen", erklärte Matthias Kurth, Präsident der zuständigen Bundesnetzagentur am Donnerstag in Köln. Auch wenn die digitalen Stromzähler bereits ab 2012 gesetzlich vorgeschrieben sind, fehlen noch viele Grundlagen. "Denn was habe ich alleine von einem Smartmeter?", fragte Kurth. Nur durch übergreifende Marktlösungen sei es möglich, die Potenziale voll auszunutzen. Derzeit untersuche die Bundesnetzagentur die Möglichkeiten der intelligenten Stromzähler. Dass die Behörde Kommunikationsstandards für die vernetzten Stromzähler vorgibt, ist unterdes nicht zu erwarten. Die gesetzlichen Regelungen sehen nicht einmal vor, dass die Stromzähler über einen Rückkanal für Informationen verfügen, sie müssen lediglich den Stromverbrauch erfassen.

Aus Sicht des Chefregulierers genügt es nicht, beispielsweise zeitgesteuerte Tarife nach Vorbild des Tag- und Nachtstroms einzuführen, der Stromverbrauch soll der tatsächlichen Stromerzeugung angepasst werden. In die Rechnung einbezogen werden müsste auch die erneuerbaren Energienquellen, die dezentral Energie zuliefern. Hier fehle es allerdings an Planbarkeit: Zwar könne man die Leistung von Windkraftanlagen halbwegs verlässlich vorhersagen, bei Solarzellen sei dies aber nicht so. Gleichzeitig müsse das Stromnetz erst für die flexible Energieumleitung ausgebaut werden. Zudem stoße die Technik immer wieder auf triviale Hindernisse: wenn für eine neue Infrastruktur in den Häusern erst die Wände aufgestemmt werden müssten um neue Kabel zu verlegen, würden die meisten Verbraucher verzichten.

Siehe dazu auch:
Das Strom-Netz. IT in der Stromversorgung: Twitternde Stromzähler und abwartende Waschmaschinen, c't 2/10, S. 68 (jk)