Rock it - Die Neuerungen von Fedora 13

Auch mit der dreizehnten Version liefert Fedora zahlreiche technischen Entwicklungen, die andere Distributionen erst in einigen Monaten aufgreifen werden – etwa 3D-fähige Open-Source-Treiber für Nvidia-Grafik.

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Von
  • Thorsten Leemhuis
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Fast genau sechs Monate nach der Veröffentlichung von Fedora 12 hat das Fedora-Projekt die mit dem Slogan "Rock it" beworbene und nach dem Raketenforscher Robert Hutchings Goddard benannte Linux-Distribution Fedora 13 freigegeben. Mit ihm bleibt sich das Fedora-Projekt in zwei Aspekten treu: Die Distribution erscheint zwei Wochen später als ursprünglich geplant und bringt haufenweise technische Neuerungen, die bald auch in anderen Distributionen Einzug halten dürften.

Fedora 13 (15 Bilder)

Standard-GNOME-Desktop von Fedora 13

Wie bei Fedora üblich erhielt auch Goddard ein neues Design.

Fedora 13 setzt genau wie seine Vorgänger und seit der aktuellen Version 10.04 auch Ubuntu primär auf Grafiktreiber, die Kernel-based Mode-Setting (KMS) verwenden. Mit der KMS-Unterstützung bei Goddard ist Fedora ein weiteres Mal Vorreiter, denn die Distribution verwendet für Grafikchips von Intel und Nvidia die aktuellen Versionen der X.org-Treiber "intel" und "nouveau", die auf KMS angewiesen sind – bei Problemen mit der Technik ist das Deaktivieren von KMS mit dem Kernel-Parameter "nomodeset" daher kein Ausweg mehr. Wenn man es doch probiert, greift der X-Server nämlich automatisch auf den generischen VESA-Treiber zurück -- der bietet jedoch nur Basis-Funktionen, die für den Alltagseinsatz nicht ausreichen.

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Testareal

Das Fedora-Projekt wird maßgeblich von Red Hat gesponsert, denn Teile der vom Projekt erstellten Distributionen dienen als Basis und Testareal für Komponenten, die das Unternehmen in Red Hat Enterprise Linux und anderen Produkten einsetzt.

Das in einigen Monaten erwartete Red Hat Enterprise Linux 6 wird allerdings nicht auf Fedora 13, sondern weitgehend auf dessen Vorgänger basieren, denn die Entwicklung der kurz meist RHEL6 genannten und auf Unternehmenskunden ausgerichteten Distribution lief bereits vor Monaten an. Einige Komponenten von RHEL6 stammen allerdings aus Fedora 13 – etwa Teile des Installationsprogramms, denn die bei Fedora 13 neuen Dialoge zur Konfiguration der Datenträger finden sich auch bei der RHEL6. Das ist aber nicht ungewöhnlich, denn neuere Ausgaben (5.1 bis 5.5) des drei Jahre alten und ursprünglich auf Fedora Core 6 basierten RHEL5 enthalten ebenfalls Komponenten aus deutlich neueren Fedora-Versionen.

Der auf KMS angewiesene Intel-Grafiktreiber dürfte trotzdem bald auch in anderen Distributionen auftauchen, denn er unterstützt einige der aktuellen und in nächster Zeit erwarteten Grafikchips besser als ältere Treiber, die mit und ohne KMS arbeiten. Die in Fedora enthaltene Version des noch jungen, in den vergangenen Monaten erheblich verbesserten Nouveau-Treibers bietet etwas, worauf viele Anwender schon lange gehofft haben: 3D-Unterstützung mit einem Open-Source-Treiber für GeForce-Grafikchips. Sie ist in Fedora 13 zwar noch explizit als experimentell gekennzeichnet und steht erst zur Verfügung, wenn man das Paket "mesa-dri-drivers-experimental" nachinstalliert und den X-Server neu startet – in einigen Kurztests zeigte der Treiber aber keine größeren Probleme und dürfte nach weiterer Reife vermutlich bald ganz oben auf der Wunschliste von auf Open Source bedachten Distributionen wie Debian oder OpenSuse stehen.

Gereift ist mittlerweile die bei Fedora 12 noch experimentelle und nun automatisch aktivierte 3D-Unterstützung für die Radeon-Grafikchips der Serien 2000, 3000 und 4000. Wer Radeon-Grafikhardware hat, kann KMS bei Problemen fürs erste noch deaktivieren, denn der zuständige Treiber für X.org arbeitet auch ohne KMS. Er und die KMS-Treiber im Kernel bieten zudem rudimentäre Unterstützung für die Evergreen-Grafikchips, die auf den seit letztem Herbst verkaufen Radeon-5000-Grafikkarten sitzen. Die Fedora-Entwickler wollten zudem die Unterstützung für den DisplayPort in den Treiber Radeon und Nouveau verbessert haben.

Für die Darstellung der grafische Bedienoberfläche ist die Anfang April freigegebene Version 1.8.0 des X-Servers von X.org zuständig. Einige der Fedora wie üblich nicht beiliegenden proprietären Grafiktreiber sind inkompatibel zu diesem X-Server – etwa die von Nvidia für ältere GeForce-Grafikkarten angebotenen Legacy-Treiber. Nvidias aktueller Linux-Treiber ist hingegen kompatibel und über auf Fedora abgestimmte Add-On-Depots wie RPM Fusion zum Nachinstallieren erhältlich. Allerdings ist selbst auf diesem Weg das Einspielen um ein Vielfaches komplizierter als etwa bei Ubuntu.

Für Besitzer neuerer Radeon-Grafikkarten dürfte sich der X-Server 1.8 jedoch eher als Pferdefuß erweisen, denn die Catalyst oder Fglrx genannten Linux-Grafiktreiber von AMD arbeiten mit ihm derzeit nicht zusammen. Das ist bei Fedora und anderen Distributionen, die aktuelle X-Server einsetzen, schon eher die Regel als die Ausnahme, denn AMD lässt sich teilweise Monate Zeit, um die hauseigenen proprietären Treiber an neue Major Releases des X-Servers anzupassen – meist passiert das erst kurz bevor eine neue Ubuntu-Version mit einem modernen X-Server erscheint. Anwender des im November freigegebenen Fedora 12 haben das zu spüren bekommen, denn mit den dort enthaltenen X-Servern der 1.7er-Reihe arbeitet erst die im April dieses Jahres freigegebe Catalyst-Version 10.04 zusammen.

Bei Fedora 13 ist die Langsamkeit von AMD vor allem für Besitzer von Grafikkarten der HD-5000-Serie ärgerlich, da sich diese nur mit den erwähnten rudimentären Radeon-Treibern einsetzen lassen; wenig gefallen dürfte die Situation auch Spielern, die AMDs Treiber mit Karten der Serien 2000, 3000 und 4000 verwenden wollen, da der Catalyst-Treiber deutlich bessere 3D-Performance erzielt als der Fedora beiliegende Open-Source-Treiber. Für solche Anwender ist vermutlich Fedora 12 fürs erste die bessere Wahl, wenn es denn Fedora sein soll.