Wirbel um Verbraucherschutz-Forum Snakecity

Eine gelöschte Domain sorgt beim Verbraucherschutz-Forum Snakecity derzeit für Unmut und rüde Beschimpfungen.

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Holger Bleich

Verbraucherschutz-Foren im Web können Unternehmen sehr schnell ein Dorn im Auge sein, nämlich dann, wenn dort unseriöse Geschäftspraktiken kritisch diskutiert werden. Unter snakecity.de war bis gestern ein solches Forum erreichbar. Insbesondere für unzufriedene Kunden von Online-Shops ist diese Site, nach wie vor unter anderen Domain-Namen wie etwa snakecirty.de abrufbar, eine bevorzugte Anlaufstelle.

Seit gestern zeigt aber snakecity.de ins Leere. Als Inhaber ist nicht mehr die "Treuhandgesellschaft Halle" eingetragen, sondern ein Andreas Opitz. Im Snakecity-Forum erklärt ein namentlich nicht genannter Administrator des Forums nun, die Domain sei "geraubt worden". Der Rechtsanwalt Andreas Opitz habe "unter der Leitung von Herrn Christian Böhme" den Versuch unternommen, das "Forum zu unterbinden". Böhme und Opitz wiederum betreiben nach Angaben des Snakecity-Admins die Unternehmen e-bug und NorskIT. Dies sind zwei Hardware-Versender, zu denen es im Snakecity-Forum jede Menge Beschwerden gibt. Auch c't berichtete bereits über Probleme von Kunden mit NorskIT in der Rubrik "Vorsicht Kunde"" (siehe c't 13/04, S. 82).

Hat also, wie behauptet, Opitz die Domain gekapert, um das Forum mundtot zu machen? "Nein", lautete die Antwort von NorskIT-Chef Böhme im Gespräch mit heise online. Die Domain sei von der deutschen Registry DeNIC per "Close" gelöscht worden. Daraufhin habe Opitz zugeschlagen und den Namen snakecity.de registriert. Böhme habe viel Zeit investiert, um einen Verantwortlichen für die Site zu finden. Vergeblich, wie er sagte: Die Domain sei offensichtlich mit nicht existenten Inhaberdaten registriert worden. Ein Einschreiben an die in den Whois-Daten als verantwortlich angegebene "Treuhandgesellschaft Halle" sei beispielsweise nicht zustellbar gewesen. Einen "Internet-Pranger mit mutmaßlich unrichtigen DeNIC-Einträgen zu realisieren" sei "keine dauerhafte Lösung". Am morgigen Mittwoch wolle man eine Stellungnahme zu dem Vorgang unter der URL veröffentlichen.

Zuvor war die Domain snakecity.de über den Webhoster bytecamp registriert. Dem Hoster werfen die Betreiber von Snakecity jetzt vor, an einem "Gaunerstück vom Feinsten" beteiligt zu sein. "Nach Prüfung der Sachlage wurde die Domain und der Webspace ohne Angabe von Gründen gekündigt und promt Andreas Opitz als neuer Domain-Inhaber eingetragen", erklärten die Betrieber von Snakecity.

Sowohl bytecamp selbst als auch das DeNIC stellen die Lage freilich anders dar. Demnach habe bytecamp als Webhoster die Betreiber von Snakecity mehrfach aufgefordert, korrekte Adressdaten für die Whois-Einträge zu liefern, was aber nie geschehen sei. Nachdem zweimal eine diesbezügliche Frist ohne Reaktion verstrichen sei, habe man das Webspace-Paket inklusive Domain am gestrigen Montag gekündigt. Die Domain sei gelöscht worden, bestätigte bytecamp-Geschäftsführer Sirko Zidlewitz auf Nachfrage.

Diese Version bestätigte DeNIC-Vorstand Sabine Dolderer im Gespräch mit heise online. "Korrektes Vorgehen des Hosters in diesem Fall wäre allerdings gewesen, die Domain an die DeNIC zurück in den Transit zu geben. Wir hätten dann den Inhaber angeschrieben, wobei allerdings bei Nichterreichbarkeit des Inhabers die Domain dasselbe Schicksal, also Kündigung und Löschung, erlitten hätte." Zidlewitz sieht das mitterweile genauso: "Die Domain in den Transit zu geben, wäre wohl die bessere Wahl gewesen." Es sei für ihn aber klar gewesen, dass die DeNIC den Kunden genauso wenig erreichen könne wie er. Dass die Betreiber von Snakecity nun sauer auf ihn sind, kann er nicht verstehen: "Wir haben als Hoster immer den Kopf für die hingehalten und sogar eingegangene Abmahnungen wegen eventuell rechtswidriger Forenbeiträge selbst abgewehrt. Wenn sie uns einen Verantwortlichen hätten nennen können, wäre alles okay gewesen."

Zu tun hatte Zidlewitz stets mit einem Frank Kalotschke von Snakecity. Dieser habe "alle paar Tage" eine neue Telefonnummer als Kontakt angegeben. Per Post sei er nie erreichbar gewesen. Schließlich bekam heise online Kalotschke tatsächlich ans Telefon -- den Kontakt stellte ein anderer Webhoster her. Kalotschke erklärte, Pressesprecher einer Kerngruppe von 30 aktiven Mitgliedern von Snakecity zu sein. Im Forum seien derzeit knapp 25.000 User registriert. Man finanziere sich über Spenden. "Wir werden gegen den Domain-Raub sowohl straf- als auch zivilrechtlich vorgehen", kündigte Kalotschke an. Snakecity sei stets erreichbar gewesen und habe keineswegs unkorrekte Adressdaten angegeben. Die Domain habe einer eigens gegründeten "trust society & business Association" gehört. Treuhänder und verantwortlich nach deutschem Recht sei ein Marco Krause aus Halle gewesen. Genau dessen Adresse kannte die Post laut bytecamp aber nicht.

Mit der Alternativ-Domain snakecirty.de könnten die Forenbetreiber bald ähnliche Probleme bekommen. Die vom Webhoster All-Inkl registrierte Adresse gehört angeblich einer "Seralux GmbH", ansässig in Berlin. Für dieses Unternehmen existiert aber beim zuständigen Amtsgericht Charlottenburg kein Handelsregistereintrag -- offenbar gibt es diese Gesellschaft nicht. (hob)