Sport aus dem Weltall

Vor 40 Jahren startete der erste geostationäre Fernsehsatellit Syncom 3, um Wettkämpfe der Olympischen Sommerspiele in Tokio zu übertragen.

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Von
  • Ralf Bülow

Die Nutzlast, die am 19. August 1964 vom Startgelände Cape Kennedy -- das heute wie früher Cape Canaveral heißt -- mit einer Thor-Delta-Rakete abhob, war bescheiden. Der zylindrische, mit Solarzellen besetzte Nachrichtensatellit Syncom 3 wog 35 Kilogramm und besaß einen Durchmesser von 71 Zentimetern. Das Besondere an ihm war die Bahn, die er nach komplizierten Flugmanövern im September erreichte. Sie führte ihn einmal täglich um die Erde, und da sie über dem Äquator verlief, folgte der Trabant genau der Erdrotation. Auf seiner scheinbar festen Himmelsposition 36.000 Kilometer über dem Pazifik konnte er Funk- und Fernsehwellen von einem Punkt des Globus empfangen und in Richtung eines anderen abstrahlen. Damit war Syncom 3 der erste geostationäre beziehungsweise geosynchrone TV-Satellit, worauf auch sein voller Name (Synchronous Communication Satellite) hinwies.

Der vor vierzig Jahren gestartete Trabant war nicht der erste für elektronische Kommunikation. Vorläufer Syncom 2 (der Start von Nr. 1 war missglückt) sandte 1963 Telefonate, Faxe und Fernschreiben über den Atlantik, und der 1962 losgeflogene Telstar ermöglichte TV-Übertragungen bis 102 Minuten Länge. Keiner der beiden kreiste aber exakt geosynchron, und erst Syncom 3 verwirklichte die Idee, die der englische Schriftsteller und Raumfahrtvisionär Arthur C. Clarke schon 1945 in einer Fachzeitschrift dargelegt hatte. Clarke dachte an drei "extraterrestrial relays", um die ganze Erde rundfunktechnisch zu versorgen. Die nützlichen Eigenschaften der 24-Stunden-Bahn waren schon länger bekannt; eine dort stationierte ringförmige Raumstation hatte der slowenische, in Kroatien geborene Ingenieur Hermann Potocnik in einem Buch beschrieben, das 1928 in Berlin herauskam.

Die Herstellerfirma Hughes nannte Syncom 3 den "Olympic Satellite", denn am 10. Oktober 1964 begannen die Sommerspiele in Tokio. Der Satellit schickte Fernsehaufnahmen, die aus Japan hinaufgebeamt wurden, zur amerikanischen Bodenstation in Point Mugu (Kalifornien). So weit aus den Archiven ersichtlich, beschränkte man sich auf die Eröffnungsfeier, die live übertragen wurde, und tägliche Zusammenfassungen der sportlichen Höhepunkte. Europäische Olympia-Fans mussten acht Stunden auf die Bilder von Syncom 3 warten. Die in den USA empfangenen Aufnahmen wurden mit terrestrischer Technik ins östliche Kanada übertragen, auf Magnetband gespeichert und per Jet nach Westdeutschland transportiert, wo man sie ins Netz der Eurovision einspeiste.

In den folgenden Jahren wurden auch über dem Atlantik TV-Satelliten geostationiert, sodass die Olympischen Spiele von 1968 in Mexiko bei uns in Echtzeit erlebt wurden, ebenso zwei Jahre später die Fußball-WM im selben Land. Der nächste große Sprung in der himmlischen Fernsehtechnik geschah 1978, als eine US-Rakete den Orbital Test Satellite der europäischen Weltraumbehörde ESA ins All brachte. Der OTS sendete zum ersten Mal im Ku-Band zwischen 12 und 14 Gigahertz. Solche Frequenzen können durch Parabolspiegel von einem Meter oder kleiner empfangen werden. Damit ebnete er den Weg zum weltweiten privaten Satellitenempfang; die Experten erinnern sich noch mit Wehmut an Monumente deutscher Raumfahrttechnologie wie TV-SAT 2 und die drei Kopernikusse. (Ralf Bülow) / (jk)