Machtwort auf der Insel: Big Brother, nein Danke!

Eine Abkehr vom rekordverdächtigen Umfang der Überwachung verspricht Großbritanniens neuer Premierminister David Cameron: Datensammeln und öffentliche Kameraüberwachung sollen stärker reguliert werden, auch mit der Internet-Zensur soll Schluss sein.

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Von
  • Carsten Meyer

Die groß angelegte Überwachung der Bürger scheint in Großbritannien nicht mehr zeitgemäß zu sein. Während im Fernsehen die letzte Staffel der Container-Show Big Brother läuft, kündigt die neue konservativ-liberale Regierung eine radikale Kehrtwende bei der inneren Sicherheit an. Vorratsdatenspeicherung und Internetsperren sollen abgeschafft werden. Voran schreitet der seit 11. Mai amtierende Premierminister David Cameron. Zum Gram der Geheimdienste verzichtet er auf besonderen Personenschutz und gilt damit in den Augen vieler als leichtsinnig.

London gilt bei Kritikern als Weltmeister bei der Datensammlung und Überwachung. Mehr als 4,5 Millionen Kameras filmen das Leben der Briten und sollen Kriminelle abschrecken. Eine völlige Auswertung des Videomaterials können die Behörden jedoch weder personell noch finanziell leisten. Doch die Aufrüstung mit CCTV (Closed Circuit Television) hat laut Bürgerrechtlern dazu geführt, dass die Leute aus Furcht vor Verfolgung Angst haben, ihren Gedanken freien Lauf zu lassen.

Damit soll auf der Insel nun Schluss sein. Die neue Regierung will entsprechende Verbote und Zensur in bestehenden Gesetzen streichen, wie aus der am Donnerstag veröffentlichten Koalitionsvereinbarung hervorgeht. Die europaweite Einführung von Personalausweisen mit Fingerabdrücken, Iris und Gesichtsmerkmalen soll in Großbritannien nicht kommen.

Die Liste der neuen Freiheiten ist lang. DNA-Datenbanken und die öffentliche Kameraüberwachung sollen stärker reguliert werden. In Schulen soll kein Fingerabdruck von Kindern ohne Erlaubnis der Eltern mehr erfasst werden. Das Internet soll offener werden. Auf den Prüfstand kommt unter anderem das Verleumdungsrecht, das London neben dem Scheidungsrecht zum Mekka für Millionklagen machte. Wie in Deutschland sollen Briten ein Auskunftsrecht in Behörden erhalten. Kurzum: Dem Volk soll die Angst vor dem Staat genommen werden.

Cameron stellte bereits wenige Tage nach seinem Amtsantritt als Regierungschef die etablierten Sicherheitsregeln für einen Premier auf den Kopf. Der 43-Jährige läuft die wenigen hundert Meter zwischen Downing Street No. 10 und dem Parlamentsgebäude wie ein Tourist frei und teilweise ohne Personenschutz herum. Der Inlandsgeheimdienst MI5 stufte Camerons Bedrohung laut Medienberichten auf "akut" hoch, womit ein Anschlagversuch als sehr wahrscheinlich angenommen wird.


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